Ukraine-Krieg

Leichter Tonwechsel im Dialog Chinas mit den USA

Qin Gang, Chinas Botschafter in Washington, lässt mit der Aussage aufhorchen, die Kooperation Chinas mit Russland habe doch Grenzen. Ein Hinweis, dass sich die chinesische Staatsführung von Russlands Vorgehen im Ukraine-Krieg distanziert.

Leichter Tonwechsel im Dialog Chinas mit den USA

nh Schanghai

Neue Äußerungen des chinesischen Botschafters in Washington zur äußerst sensiblen Frage, wie eng die Beziehungen zwischen China und Russland sind, lassen mit Blick auf den Ukraine-Krieg aufhorchen. In einem Interview mit dem indirekt vom chinesischen Staat kontrollierten Hongkonger Fernsehsender Phoenix Television erklärte der im Juli 2021 als Botschafter in den USA angetretene Politiker Qin Gang, dass die Kooperation zwischen Russland und China zwar keine „verbotenen Zonen“ kenne, aber im Endeffekt doch Grenzen habe. Diese würden von den Grundsätzen und Prinzipien der Charta der UN als Basisnorm für internationales Recht und internationale Beziehungen abgesteckt.

Politikbeobachter werten dies als wichtigen Hinweis, dass sich Chinas Staatsführung zunehmend von Russlands Vorgehen im Ukraine-Krieg distanziert und sich damit zumindest im UN-Kontext bei der Beurteilung von Kriegsverbrechen und Souveränitätsverletzungen mehr Spielraum bei der Interpretation der Verbündetenrolle mit Russland gibt. Die Aussage von Qin ist im diplomatischen Kontext auch insofern bedeutend, als es die erste Qualifizierung eines hochrangigen chinesischen Vertreters zu der Anfang Februar von den Präsidenten Chinas und Russlands besiegelten bilateralen Kooperationsvereinbarung ist.

Xi Jinping und Wladimir Putin hatten nach einem persönlichen Treffen am Tage der Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele ein weitreichendes Statement über die neue Intensität der chinesisch-russischen Beziehungen als eine Art Gegenentwurf zu einer von den USA und ihren westlichen Alliierten dominierten „Weltordnung“ verbreitet. In dem Papier hieß es explizit, dass die Kooperation zwischen China und Russland „keine Grenzen“ kenne, was als ein Warnsignal an die Adresse der USA und der Nato verstanden wurde, dass es im Ernstfall eines Konfliktes­ auch zu gegenseitigen militärischen Unterstützungsaktionen kommen könnte.

Mit der kontroversen Paktverkündung und der russischen Invasion in der Ukraine ist China in die zunehmend heikle diplomatische Lage ge­raten, einerseits die Drohkulisse der geopolitischen Solidarität mit Russland und Gegnerschaft zu den USA aufrechtzuerhalten, andererseits aber nicht die russische Kriegsführungstaktik gutzuheißen und in den Sog von gegen Russland gerichteten Wirtschaftssanktionen zu geraten.

Bislang hat sich China aus der Affäre zu ziehen versucht, indem die Souveränität der Ukraine anerkannt wurde. Andererseits aber hat sich Peking bislang von jeder Kritik an Putin ferngehalten und den Ausbruch der Kriegshandlungen auf Provokationen der USA und der Nato gegenüber Russland zurückgeführt. In den letzten Tagen allerdings wurden in chinesischen Parteimedien vermehrt Stimmen zugelassen, die sich für eine Neuausrichtung beziehungsweise „Kalibrierung“ der chinesisch-russischen Beziehungen im Lichte des Ukraine-Konflikts und seiner schädlichen wirtschaftlichen Konsequenzen aussprechen.