Global Debt Report

OECD warnt Staaten vor Überschuldung

In den nächsten Jahren müssen viele Staaten große Teile ihrer Verschuldung refinanzieren. Hohe Zinsen, schwaches Wachstum, die Ratingagenturen und vorsichtige Marktakteure werden ihnen zu schaffen machen, warnt die OECD.

OECD warnt Staaten vor Überschuldung

OECD sieht Schuldentragfähigkeit gefährdet

Höhere Zinsen erschweren und verteuern die Refinanzierung von Staaten

lz Frankfurt

Die über viele Jahre niedrigen Zinsen gepaart mit den Anleihekäufen der Notenbanken im Zuge ihrer Geldpolitik haben Staaten und Unternehmen in den vergangenen Jahren zu verstärkter Verschuldung verführt. Mit den bis zuletzt steigenden Zinsen und dem Rückzug der Notenbanken aus dem Anleihemarkt sind die Staaten nach Ansicht der Industrieländerorganisation OECD aber nun in eine "gefährliche Phase" getreten. "Die neue makroökonomische Landschaft mit höherer Inflation und restriktiverer Geldpolitik verändert die Anleihemärkte weltweit wie seit Jahrzehnten nicht mehr", sagte OECD-Generalsekretär Mathias Cormann bei der Vorstellung des ersten "Global Debt Report". Dies habe "tiefgreifende Auswirkungen auf die Staatsausgaben und die Finanzstabilität in einer Zeit erneuten hohen Finanzierungsbedarfs".

Die Schuldenquote in den OECD-Ländern ist danach 2023 auf 83% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gestiegen und liegt damit 30 Prozentpunkte höher als 2008. Immerhin sei es vielen Regierungen und Unternehmen gelungen, Kredite zu niedrigen Kosten aufzunehmen, die Laufzeiten zu verlängern und ihren Anteil an festverzinslichen Emissionen zu erhöhen, schildert die OECD, weswegen die Auswirkungen der starken Zinserhöhungen seit 2022 bisher "relativ gering" geblieben seien. Die durchschnittlichen Kosten für Staatskredite im OECD-Raum haben von 1% im Jahr 2021 auf inzwischen 4% im Jahr 2023 zugelegt, während die Zinsaufwendungen der Zentralregierungen im gleichen Zeitraum nur von 2,3 auf 2,9% gestiegen sind.

Die OECD spricht allerdings von einer nur "vorübergehenden und teilweisen Isolation". Bis zum Jahr 2026 würden 40% aller Staatsanleihen und 37% aller Unternehmensanleihen fällig, was eine weitere Kreditaufnahme an den Märkten zu höheren Zinssätzen erfordere. Der Finanzierungsdruck steige also beträchtlich, schreiben die Ökonomen.

Die OECD warnt zudem vor einer "negativen Rückkopplungsschleife". Steigende Zinsen würden mit langsamerem Wachstum und höheren Defiziten einhergehen, sofern nicht "mutige Schritte zur Verbesserung der fiskalischen Widerstandsfähigkeit" unternommen würden: Kredite nur für Wachstumsinvestitionen. Hauptbetroffene seien Volkswirtschaften mit hohen Schuldenquoten, Länder mit niedrigerem Rating und niedrigem Einkommen sowie hoch verschuldete Unternehmensemittenten in einigen Sektoren wie der Immobilienwirtschaft.

Zuletzt seien von Unternehmen immer mehr Anleihen mit niedrigem Rating begeben worden. Das Verhältnis von Schulden zu den Ebitda-Quoten liege inzwischen bei einem Faktor 4, ein Wert, der auf eine riskante Verschuldung hinweist. Angesichts abnehmender Qualität von Investment-Grade-Anleihen, drohender Ratingherabstufungen und der begrenzten Kapazität des Marktes, einen starken Anstieg des Non-Investment-Grade-Angebots aufzunehmen, warnt die OECD vor negativen Rückwirkungen auf das Finanzsystem allgemein.

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