Energiepreise

Politischer Schlagabtausch über den Gaspreis

Ob die Gasumlage kommt und wie das mit der Verstaatlichung des Energiekonzerns vereinbar ist, oder ob es nicht eher einen Gaspreisdeckel braucht, und wie dieser zu finanzieren wäre, darüber streiten sich alle Fraktionen im Bundestag quer über die Parteien hinweg.

Politischer Schlagabtausch über den Gaspreis

In mehreren Debatten befasst sich der Bundestag am heutigen Donnerstag mit den infolge des russischen Krieges gegen die Ukraine stark gestiegenen Energiepreisen und der sozialen Abfederung für die Bevölkerung. Zugleich geht es um die Sicherung der Energieversorgung etwa durch den Weiterbetrieb der verbliebenen drei Kernkraftwerke sowie die Nutzung zusätzlicher Kapazitäten von Kohlekraftwerken. Beides würde direkt und indirekt die Energiepreise dämpfen.

Die Union fordert in einem Gesetzentwurf, die Laufzeiten der drei noch am Netz befindlichen deutschen Atomkraftwerke bis Ende 2024 zu verlängern, was vor allem von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) so nicht vorgesehen ist. Er will sie nur in Reserve bis zum Frühjahr halten.

Nach der beschlossenen Verstaatlichung von Uniper hat sich zudem der Streit um die Gasumlage auch innerhalb des Regierungsbündnisses von SPD, Grünen und FDP verschärft. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will sie zwar zunächst wie geplant zum 1. Oktober einführen. Er nannte die Zahlung aber nur eine Brücke, dann müsse neu geprüft werden. Ob die Umlage noch verfassungskonform erhoben werden könne, sobald Uniper ein Staatsunternehmen sei, sei eine berechtigte Frage, sagte Habeck. Auch die SPD sieht nach einer Uniper-Verstaatlichung eine neue Situation. Nach Darstellung von Finanzminister Christian Lindner (FDP) dagegen sind Zweifel bereits ausgeräumt. Eine Lösung mit Steuerzahlergeld als Alternative lehnt die FDP ab.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) stellte sich hinter diese Pläne von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Die Gasumlage sei auf den Weg gebracht sowie von der Regierung in die Gesetzgebung gegeben worden, sagte Scholz. Die entsprechenden Verordnungsentscheidungen seien von der Regierung gemeinsam vorbereitet worden. Der Wirtschaftsminister und der Finanzminister hätten „beide die gleiche Meinung“, betonte der Kanzler.

Mit der Gasumlage sollen wichtige Gasimporteure gestützt werden, die nach dem russischen Gas-Lieferstopp zu weit höheren Preisen Gas an der Rohstoffbörse kaufen müssen. Derzeit ist die Umlage für alle Gasnutzer auf rund 2,4 Cent pro Kilowattstunde Erdgas festgelegt. Die ersten Abschlagszahlungen sollen nach aktuellem Stand frühestens im November an Unternehmen gehen.

Grundsätzlich rechnet Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) damit, dass die sehr hohen Gaspreise in Europa wieder etwas zurückgehen werden. „Wir gehen davon aus, dass in absehbarer Zeit – 2023 – wir eine Normalisierung erfahren werden, nicht auf dem alten Niveau, aber auf dem Niveau des Weltmarktpreises für Flüssiggas“, sagte Lindner am Mittwoch nach Angaben des Nachrichtenportals „The Pioneer“ bei einer Veranstaltung. Der Gaspreis werde dann „immer noch herausfordernd“ sein, aber „nicht ruinös“. Es gehe jetzt darum, eine Brücke zu bauen, „hin zu einer neuen Normalität gestiegener Energiepreise“.

Im Bundesfinanzministerium ist auf Anweisung von Ressortchef Christian Lindner (FDP) ein „Arbeitsstab Gaspreisbremse“ eingerichtet worden. Der Schritt sei in dieser Woche erfolgt, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Donnerstag von mit dem Vorgang befassten Personen. Lindner sei höchst besorgt, dass die Auswirkungen einer „Lawine“ unterschätzt würden, die auf die deutsche Wirtschaft zurolle. Tempo und Umfang der bisherigen Maßnahmen zum Schutz von Mittelstand, Handwerk und Industrie seien aus Lindners Sicht noch unzureichend. Das habe er bei einer internen Sitzung deutlich gemacht. Deshalb sei der Arbeitsstab mit der Konzeption von Maßnahmen dagegen befasst worden. Insbesondere müsste die „ruinöse Preissteigerung beim Gas“ bekämpft werden, bis eine Normalisierung des Marktgeschehens eingetreten sei.

Die CSU im Bundestag hat bereits ein Modell für einen Gaspreisdeckel vorgestellt für drei Viertel des jeweiligen privaten Wärmeverbrauchs. „Für Privathaushalte wäre es denkbar, 75% des bisherigen Gasbezugs mit einem Bürger-Basispreis zu deckeln“, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der „Augsburger Allgemeinen“. „Darüber hinausgehend müsste der volle Gaspreis bezahlt werden“, sagte der stellvertretende Unionsfraktionschef. „Damit bleibt der Anreiz zum Energiesparen erhalten, aber Wärme eben auch bezahlbar.“ Auch bei den Strompreisen müsse der Staat eingreifen. Für eine stabile Energieversorgung müsse zudem die Energiemenge ausgeweitet werden. „Das geht im Wesentlichen über die Kernenergie, aber auch über mehr erneuerbare Energien, zum Beispiel über Biomasse“, forderte der CSU-Politiker.

Die FDP im Bundestag hat in der Debatte um die Gasumlage eine alternative Finanzierung eines Gaspreisdeckels aus dem Bundeshaushalt abgelehnt. „Eine Finanzierung über den Bundeshaushalt würde bedeuten, dass auch diejenigen für die hohen Gaspreise bezahlen, die in eine Wärmepumpe oder Pelletheizung investiert haben. Das ist mit der FDP nicht zu machen“, sagte FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler der „Rheinischen Post“.

Der wirtschafts- und energiepolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Bernd Westphal, sprach sich hingegen für eine Finanzierung der Gasmarkt-Stabilisierung über Steuergelder aus. Eine haushaltsfinanzierte Lösung wäre „die bessere Lösung“, sagte Westphal der Mediengruppe Bayern. Bei der Gasumlage wäre seiner Meinung nach „eine soziale Schieflage drinnen“. Die gelte es zu vermeiden.