Ukraine-Krieg

Russland-Anleihen nun durchweg Ramsch

Nach Fitch und Moody‘s zieht die dritte große Ratingagentur nach – und setzt sogar noch einen drauf: S&P stuft Russlands Bonität um acht Stufen herab. Ein Staatsbankrott rückt immer näher. 

Russland-Anleihen nun durchweg Ramsch

Russland taumelt Richtung Staatsbankrott. Die Ratingagentur S&P Global Ratings hat die Bonität des Landes am späten Donnerstagabend um acht Stufen auf CCC- abgesenkt. Damit fehlen nur noch zwei Schritte bis zur Einstufung Zahlungsausfall (Default). S&P behält sich mit dem Ausblick „negativ“ eine weitere Herabstufung vor.

Die außergewöhnlich heftige Abwärtsrevision von S&P ist die dritte drastische Herabstufung binnen 24 Stunden. Zuvor hatten Fitch und Moody’s Russlands Bonitätsnoten um jeweils sechs Stufen gekappt. Russische Staatsanleihen gelten nun bei allen drei führenden Ratingagenturen als Ramsch. Den Abwertungsreigen eröffnet hatten die Bonitätswächter der europäischen Ratingagentur Scope am Dienstag.

Auslöser sind die drastischen Finanz- und Wirtschaftssanktionen europäischer Staaten und der USA in Reaktion auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine. Am heftigsten trifft Moskau die unerwartete Entscheidung westlicher Regierungen, im Ausland liegende Währungsreserven der russischen Zentralbank einzufrieren. Dieser in der Finanzgeschichte beispiellose Schritt hat die Handlungsfähigkeit der Notenbank gegen den Absturz der Landeswährung Rubel dramatisch eingeschränkt.

Die Zentralbank setzt nun offenbar auf Verhandlungen, um wieder Zugriff auf ihre eingefrorenen Gold- und Devisenreserven zu bekommen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Man sei zudem zuversichtlich, dass Russland über ausreichende Mittel verfüge, um seinen Haushaltsverpflichtungen im Jahr 2022 nachzukommen, meldete die russische Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf einen stellvertretenden Finanzminister.

Genau daran haben die Ratingagenturen massive Zweifel. S&P begründete seine drastische Herabstufung ähnlich wie Fitch und Moody‘s mit Kapitalverkehrskontrollen und weiteren Maßnahmen der russischen Regierung. Diese hinderten ausländische Anleihegläubiger daran, Zins- und Tilgungszahlungen aus Moskau pünktlich zu erhalten. Berichten zufolge hat das russische Finanzministerium am Donnerstag zwar einen fälligen Kupon auf eine Rubelanleihe mit Fälligkeit 2024 gezahlt. Das Geld kommt aber nicht bei ausländischen Investoren an, weil die Zentralbank auf Geheiß der Regierung größere Transfers ins Ausland verhindert. Laut Reuters muss Russland im März Staatsanleihen im Wert von über 700 Mill. Dollar an seine Gläubiger zurückzahlen.

Nicht nur Russlands Bonität gerät immer stärker unter Druck. Auch der russischen Wirtschaft drohen heftigste Verwerfungen. Die Inflation dürfte stark steigen, die Wirtschaftsleistung einbrechen. Die Analysten der US-Großbank JPMorgan sagen für das zweite Quartal einen Absturz des Bruttoinlandsprodukts von 35% voraus. Im Gesamtjahr 2022 dürfte die Wirtschaftsleistung demnach um 7% einbrechen.

Es könnte sogar noch schlimmer kommen. In westlichen Hauptstädten gibt es Überlegungen, die Sanktionen auszuweiten. So fordert die britische Regierung, sämtliche russische Banken vom Zahlungsinformationsnetzwerk Swift auszuschließen. Bisher gilt ein Bann für sieben Banken. Sie können deshalb keine Zahlungen mit Banken und Unternehmen aus Ländern abwickeln, die sich den Sanktionen angeschlossen haben – darunter USA, EU, Schweiz und Großbritannien. Selbst ein Boykott russischer Öl- und Gaslieferungen ist denkbar. Etliche Regierungen, allen voran in Deutschland und der EU, scheuen bislang allerdings davor zurück.

Laut JPMorgan-Experte Anatoli Shal dürften Russlands Exporte in diesem Jahr um 13% zurückgehen, die Binnennachfrage um 10% und die Importe um etwa 30%. „Klar ist zudem, dass die zunehmende wirtschaftliche und politische Isolation Russlands langfristig zu einem geringeren Wachstum führen wird“, heißt es bei JPMorgan.