BIP

Spaniens Wachstum übertrifft Erwartungen

Das spanische Bruttoinlandsprodukt legte 2022 um 5,5 % zu, doch schwächte sich die Dynamik in der zweiten Jahreshälfte zunehmend ab. Die Unternehmer fordern eine zügigere Verteilung der Gelder aus dem Europäischen Wiederaufbaufonds.

Spaniens Wachstum übertrifft Erwartungen

Die spanische Wirtschaft hat der schwierigen Krisenlage im letzten Jahr besser getrotzt als von Experten erwartet. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs 2022 um 5,5%, wie die vorläufigen Berechnungen des Statistikamts INE zeigten. Auch 2021 hatte das Wirtschaftswachstum 5,5% betragen, nach dem historischen Einbruch durch die Pandemie von 11,3% im Jahr 2020. Die Zahlen des INE übertrafen die Prognosen fast aller Volkswirte. Doch liefern sie auch einen weiteren Beleg für den Konjunkturabschwung.

Im vierten Quartal stieg das BIP gegenüber den drei Monaten zuvor nur noch um 0,2%. Die Wirtschaft hat sich nach einem starken Wachstum im ersten Halbjahr zunehmend abgekühlt. Spanien profitierte im Frühjahr vom Ende der meisten Corona-Einschränkungen. Das be­lebte den ausländischen Tourismus und den Konsum der heimischen Haushalte. Viele Touristengebiete verzeichneten im letzten Sommer wieder Besucherzahlen wie vor Ausbruch der Pandemie.

Doch seit dem Sommer dämpft die hohe Inflation die Konsumlaune, was auch die Zahlen des INE für das Schlussquartal belegen. „Die Daten für 2022 zeigen ein Wachstum, das über den Erwartungen lag, aber mit einer klaren Abschwächung in den letzten Quartalen“, kommentierten die Volkswirte von Bankinter. „Die gestiegenen Finanzierungskosten für Haushalte und Unternehmen, die persistente Inflation, zusammen mit dem leichten Anstieg der Arbeitslosigkeit auf 12,87%, lassen eine Abschwächung des Wachstums in den kommenden Quartalen erwarten“, so die Analysten der spanischen Bank, die für 2023 ein Wachstum von 1,1% erwarten.

Einer der Faktoren für das Wachstum 2022 war der Arbeitsmarkt. Die Beschäftigung stieg im Gesamtjahr 2022 um 280000 Personen, allerdings war die Entwicklung zum Jahresende negativ. Im Gegensatz zur Finanzkrise von 2008 gab es wegen Corona keine Massenentlassungen und Firmenpleiten, dank des erstmals breit verteilten Kurzarbeitergeldes und der Staatshilfen für viele Firmen. Für die Wirtschaft sind die Subventionen wichtiger denn je, denn die Investitionen sanken im vierten Quartal. Spanien ist nach Italien der größte Empfänger der Gelder aus dem Europäischen Wiederaufbaufonds, mit 140 Mrd. Euro, zur Hälfte Direktzuschüsse und Kredite.

Doch die Unternehmer klagen darüber, dass die Fondsgelder nicht zügig bei den Firmen ankommen. Der Dachverband der Arbeitgeber CEOE kalkulierte jüngst in einer Studie, dass nur 9% der zugesagten Zuschüsse ausgezahlt wurden. Die spanische Regierung hat mehrere große Industrieprojekte verabschiedet, mit denen diverse Branchen Subventionen für die Digitalisierung oder eine größere Nachhaltigkeit erhalten. Im Unternehmerlager klagt man jedoch über den bürokratischen Aufwand. „Die Tatsache, dass Ausschreibungen eröffnet wurden, heißt nicht, dass die Hilfen auch angekommen sind“, kritisierte die CEOE.

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