Lirakrise

Türkei beschafft sich mehr Devisen

Der Währungsdeal mit den Vereinigten Arabischen Emiraten soll der türkischen Zentralbank Spielraum in der Lirakrise verschaffen. Von Zinserhöhungen will sie bislang nichts wissen – wohl auch an diesem Donnerstag.

Türkei beschafft sich mehr Devisen

rec Frankfurt

Die Türkei hat sich mit einem Devisentauschgeschäft mehr Spielraum verschafft, um in der Lirakrise die eigene Währung stützen zu können. Eine sogenannte Währungsswap-Vereinbarung mit den Vereinigten Arabischen Emiraten sichert der Türkei Zugang zu umgerechnet knapp 5 Mrd. Dollar an Hartwährungen wie dem Dollar. Ähnliche Vereinbarungen hat Ankara auch mit Katar, Südkorea und China geschlossen. Mit dem Schritt versucht die Türkei ihre Fremdwährungsreserven aufzufüllen, die im Kampf gegen die Lirakrise zur Neige gegangen sind.

Die Lira hat in den vergangenen Monaten stark an Wert verloren. Um den Währungsverfall zu stoppen, hat die Zentralbank wiederholt am Devisenmarkt interveniert und Teile ihrer Fremdwährungsreserven verkauft. Von Zinserhöhungen, die Beobachter für unerlässlich halten und die inzwischen auch von Teilen der Opposition in der Türkei eingefordert werden, sieht die Notenbank hingegen ab. Stattdessen hat sie den Leitzins auf Geheiß von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan in mehreren Schritten von 19 auf 14% abgesenkt.

Vor dem Zinsentscheid an diesem Donnerstag macht sie keine Anstalten, von diesem viel kritisierten Kurs abzuweichen – trotz einer Inflationsrate von mehr als 36%, mit stark steigender Tendenz. Von Bloomberg befragte Ökonomen rechnen damit, dass die Zentralbank den Leitzins nicht antasten wird. Eine nochmalige Zinssenkung scheint allerdings noch eher im Bereich des Möglichen als eine Notfallzinserhöhung. Schließlich beharrt Erdogan kompromisslos auf niedrigen Zinsen, und der seit März 2021 amtierende Zentralbankchef Sahap Kavcioglu hat sich als willfähriger Gefolgsmann erwiesen.

Zum Problem der unorthodoxen Geldpolitik könnte einmal mehr die hohe Abhängigkeit der türkischen Wirtschaft von Devisen bei zugleich geringen Währungsreserven werden. Jason Tuvey, Schwellenländerexperte von Capital Economics, verweist darauf, dass in keiner aufstrebenden Volkswirtschaft das Verhältnis von Verbindlichkeiten zu Reserven in Fremdwährungen derzeit so ungünstig ist wie in der Türkei. Ausländische Anleger haben in den vergangenen Monaten im Saldo Milliarden Dollar aus türkischen Aktien und Anleihen abgezogen. Aber auch Sparer und Unternehmen in der Türkei sind aus der Lira in Dollar und andere Hartwährungen geflüchtet, wie Statistiken zeigen.

Um dem Einhalt zu gebieten, hat die Regierung kurz vor Weihnachten eine Einlagengarantie beschlossen. So sichert der Staat Sparer gegen Wechselkursrisiken ab. „Allerdings blieb das Interesse an dem neuen Instrument bislang eher gering“, konstatiert Janis Hübner, Schwellenländerexperte der DekaBank. Er verweist darauf, dass bis Ende vergangener Woche nur etwa 7 Mrd. von Dollar in Lira getauscht worden seien. Zudem sind türkische Exporteure angehalten, ein Viertel ihrer Erlöse in Lira zu tauschen, um die Währung zu stützen. Ihre Auslandsgeschäfte laufen gut, weil eine schwache Lira ihre Produkte auf den Weltmärkten verbilligt.