Arbeitsmarkt

Weniger Arbeitslose trotz Ukraine-Krieg

Die Arbeitslosigkeit in Deutschland ist erstmals seit Ende 2019 wieder unter die 5-Prozent-Marke gesunken. Auch der weitere Ausblick am Arbeitsmarkt ist positiv – allerdings werden erste Folgen des Ukraine-Kriegs spürbar.

Weniger Arbeitslose trotz Ukraine-Krieg

ast Frankfurt

Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist im Mai erneut deutlich gesunken. Trotz des Ukra­ine-Kriegs und anhaltender Lieferengpässe aufgrund restriktiver Coronabeschränkungen in China regis­trierte die Bundesagentur für Arbeit (BA) 50000 Arbeitslose weniger als im Vormonat. Ökonomen erwarten, dass sich der Aufschwung am Arbeitsmarkt trotz der aktuellen Unwägbarkeiten in den kommenden Monaten fortsetzen wird.

Die Arbeitslosenquote sank leicht auf 4,9% und damit erstmals seit Dezember 2019 wieder unter die 5-Prozent-Marke. „Das ist schon mal ein Wort, bei so einer Arbeitslosenquote zu landen, nach den pandemischen Jahren, die hinter uns liegen“, erklärte Detlef Scheele, Chef der Behörde. Saisonbereinigt sank die Zahl der Arbeitslosen um 4000. „Das ist zwar spürbar weniger als zuletzt, dennoch außerordentlich positiv“, sagte Scheele.

Die Frühjahrsbelebung fällt der BA zufolge in diesem Jahr etwas schwächer aus, weil die Arbeitslosigkeit während der Wintermonate weniger zugenommen habe. Der Ukraine-Krieg und die Materialengpässe belasteten zwar den Ausblick, doch besonders Handel und Dienstleister profitierten vom Ende der coronabedingten Einschränkungen hierzulande. In diesen – aber auch den meisten anderen Branchen – nehme die Beschäftigung deutlich zu. Die Nachfrage nach neuen Arbeitskräften bewege sich zudem auf einem hohen Niveau, so die Statistiker. Das hatte der Stellenindex BA-X bereits am Montag gezeigt: Die Nachfrage nach Arbeitskräften erreichte im Mai demnach einen neuen Höchststand.

Auch die Kurzarbeit, die während der Corona-Pandemie mit 6 Millionen registrierten Kurzarbeitern nie gekannte Höchststände erreichte, geht zurück. Die tatsächliche Inanspruchnahme und die Kurzarbeit-Anzeigen sind der BA zufolge weiter gesunken. Im März waren nach vorläufigen Angaben 1,6% der Beschäftigten in Kurzarbeit, nach 2,3% im Vormonat und 8,4% im Vorjahr. Laut Scheele zeige dies, „wie viel Normalität mittlerweile zurückgekehrt ist an den Arbeitsmarkt“.

Fritzi Köhler-Geib, Chefökonomin der KfW, erwartet keinen Abbruch der Erholung. Wenn die Gaslieferungen aus Russland nicht ausblieben, werde sich der Aufschwung fortsetzen, so die Ökonomin. Die Auftragsbücher der Industrie und Bauwirtschaft seien prall gefüllt.

Fluchtmigration wird spürbar

Als „nennenswert“ bezeichnet die BA den Einfluss der Fluchtmigration auf die Entwicklung der Arbeitslosigkeit im Mai. So habe die Zahl der arbeitslosen ukrainischen Staatsangehörigen im Mai um 5800 oder 68% zugenommen. Ab Mittwoch sind die Jobcenter für die Betreuung zuständig, was sich laut Scheele auch in der Statistik niederschlagen wird. „Wir erwarten ein Vielfaches des üblichen Antragsvolumens in der Grundsicherung für einen Juni“, kündigte er an. Es sei zu erwarten, dass die Arbeitslosigkeit weniger sinke und „möglicherweise auch zu einem Kipppunkt auf null“ komme, abhängig von der Zahl der Geflüchteten.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will Migranten den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern. Er strebe eine Reform des Fachkräfte-Einwanderungsgesetzes an. „Wir werden Menschen, die dauerhaft bei uns bleiben und arbeiten wollen, dies ermöglichen“, sagte der Politiker der Funke-Mediengruppe. „Deshalb werden wir über die Beschäftigungsduldung einen Spurwechsel ermöglichen.“ Die Migrationspolitik müsse insgesamt „neu geordnet“ werden.

Wertberichtigt Seite 6