Gas aus Kanada

„Wir schauen nach jeder Möglichkeit, wie wir helfen können“

Rohstoffreich und demokratisch: Kanada ist aus deutscher Sicht der ideale Partner. Bei seinem Treffen mit Ministerpräsident Trudeau wirbt Bundeskanzler Scholz deshalb um Flüssiggas-Lieferungen. Mehr als Wohlwollen erntet er zunächst nicht.

„Wir schauen nach jeder Möglichkeit, wie wir helfen können“

Deutschland und Kanada wollen künftig in der Rohstoffversorgung enger zusammenarbeiten. Der kanadische Ministerpräsident Justin Trudeau sagte nach einem Treffen mit Kanzler Olaf Scholz am Montag in Montreal die Prüfung von Flüssiggas-Lieferungen (LNG) nach Deutschland und Europa zu. Die deutschen Autokonzerne Mercedes-Benz und VW wollen in Kanada Rohstoffe für die Batterieproduktion beziehen. Dazu sollen Absichtserklärungen unterzeichnet werden.

Scholz hält sich derzeit zusammen mit Vizekanzler Robert Habeck drei Tage in Kanada auf und wird von einer größeren Wirtschaftsdelegation begleitet. Neben der engen Zusammenarbeit im G7-Rahmen ist der Grund für die Aufmerksamkeit vor allem der Rohstoffreichtum Kanadas. „Kanada verfügt über fast alle Rohstoffe, die Russland hat – aber es ist demokratisch, bietet verlässliche rechtliche Rahmenbedingungen“, sagte die Wirtschafts-Staatssekretärin Franziska Brantner (Grüne) der Nachrichtenagentur Reuters. Scholz dankte Trudeau aber auch dafür, dass Kanada eine im Land gewartete Siemens-Turbine für die Nord-Stream 1-Gaspipline an Deutschland ausgeliefert habe. In Kanada war dies sehr umstritten.

Im Energiesektor sieht der Kanzler Kanada vor allem als Lieferanten von Wasserstoff in den kommenden Jahren. Er machte aber nach dem Treffen mit Trudeau keinen Hehl daraus, dass Deutschland auch gerne LNG aus Kanada beziehen würde. Dies ändere aber nichts daran, dass auch Deutschland klimaneutral werden wolle. Beide betonten die Notwendigkeit, die erneuerbaren Energien schneller auszubauen.

„Wir schauen nach jeder Möglichkeit, wie wir den Deutschen und Europäern helfen können“, sagte Trudeau in Anspielung auf den Wunsch der Europäer, sich möglichst schnell von russischem Gas unabhängig zu machen. Er verwies darauf, dass einige der Pläne für LNG-Terminals an der Ostküste Kanadas bisher nicht wirtschaftlich gewesen seien. Man müsse nun sehen, ob sich dies nach dem russischen Angriff auf die Ukraine geändert habe. Seitdem ist der Gaspreis so in die Höhe geschossen, dass auch andere Projekte wirtschaftlich werden.

LNG-Terminals auch in Kanada umstritten

Trudeau verwies auf den relativ langen Transport der Gasvorkommen im Westen des Landes an die Ostküste. Nur von dort könnte Europa beliefert werden. Die Regierung schaue aber, wie sie Genehmigungsverfahren erleichtern könne. Ansonsten versuche Kanada auf anderen Wegen mehr Erdgas auf den Weltmarkt zu bringen. Der Bau neuer LNG-Terminals ist in Kanada aber auch aus Umweltgründen umstritten.

Deutsche Autobauer denken zudem darüber nach, künftig aus Kanada wichtige Rohstoffe für E-Autos zu beziehen – und möglicherweise auch dort zu verarbeiten. Wie aus Unternehmenskreisen verlautete, will Mercedes-Benz am Dienstag eine Absichtserklärung über Rohstoffe unterzeichnen. Details stünden aber noch aus. Bei Volkswagen hieß es zu Spekulationen, auch der Wolfsburger Konzern könne eine solche Absichtserklärung unterzeichnen, dass man dies nicht kommentiere. Eine VW-Sprecherin bekräftigte aber, der Konzern arbeite am Aufbau von Batterie-Aktivitäten am vielversprechenden nordamerikanischen Markt. Eine Bestätigung zur geplanten Erklärung am Dienstag kam unterdessen aus kanadischen Regierungskreisen. Sowohl VW-Chef Herbert Diess als auch Mercedes-Entwicklungsvorstand Markus Schäfer sind Teil der Wirtschaftsdelegation, die mit Scholz und Habeck reist.