Konjunkturerwartung

ZEW-Barometer erholt sich etwas

Die vom Mannheimer ZEW erhobenen Konjunkturerwartungen der Finanzmarktexperten haben sich aufgehellt, bleiben gleichwohl aber auf niedrigem Niveau. Die bekannten Störfaktoren bleiben, scheinen aber etwas von ihrem Schrecken verloren zu haben.

ZEW-Barometer erholt sich etwas

ba Frankfurt

Finanzmarktexperten blicken trotz der anhaltend hohen Risiken im Juni etwas zuversichtlicher auf die weitere Konjunkturentwicklung in Deutschland und auch im Euroraum. Zuvor hatten bereits die Sentix-Konjunkturindizes „Zeichen der Stabilisierung“ gesendet – aber gleichfalls noch keine Wende zum Besseren erkennen lassen.

Das ZEW-Barometer für die Aussichten der deutschen Wirtschaft in den kommenden sechs Monaten stieg im Juni von −34,3 auf −28,0 Punkte. Ökonomen hatten mit −26,8 Zählern gerechnet. Im März hatte das Stimmungsbarometer wegen des russischen Einmarsches in der Ukraine noch den stärksten Rückgang seit Umfragebeginn im Dezember 1991 hingelegt. Die aktuelle Lage wurde von den 183 befragten Analysten und institutionellen Anlegern ebenfalls positiver als im Vormonat beurteilt: Der entsprechende Index legte um 8,9 auf −27,6 Punkte zu. Hier lag die Prognose der Ökonomen bei −31,0 Zählern. Christoph Swonke, Konjunkturanalyst der DZ Bank, erklärt das höhere Lageurteil damit, „dass die volkswirtschaftlichen Daten für Deutschland zuletzt positiv überrascht haben“. Trotz eines erneuten Rückgangs der Auftragseingänge haben die Warenexporte deutlich zugelegt und auch die Industrieproduktion stieg wieder an.

„Die Finanzmarktexperten sehen weniger dunkle Wolken am Konjunkturhimmel“, kommentierte Achim Wambach, Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), das Umfrageergebnis. Zahlreiche konjunkturelle Risiken wie die Folgen der Sanktionen gegen Russland, die unklare Coronalage in China und der allmähliche Kurswechsel bei der Geldpolitik blieben jedoch bestehen. „Daher haben sich die Erwartungen zwar verbessert, liegen aber noch weit im negativen Bereich“, erklärte Wambach.

Dass beide Saldenwerte auf negativem Terrain notieren, spiegelt für Nord/LB-Analystin Marlene Renkel die geopolitischen Unsicherheiten gut wider. Die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs drücken weiter auf die Stimmung, „auch wenn Szenarien wie plötzliche Stopps der Gaslieferungen weniger wahrscheinlich geworden sind“. Auch sei die Gefahr erneuter Hafenschließungen nicht vom Tisch – was den Lieferkettenstress wieder verschärfen würde. Für Optimismus unter Ökonomen sorgt hingegen, dass die Umfrageteilnehmer die wirtschaftlichen Perspektiven in China wieder besser beurteilten – der entsprechende Index zog um 20,5 auf 21,7 Zähler an. Für Jörg Angelé, Senior Economist bei Bantleon, ist zudem erwähnenswert, dass sich der Ausblick für fast alle Branchen aufgehellt hat. Ausnahme ist der Einzel- bzw. Großhandel, dessen Aussichten deutlich pessimistischer beurteilt wurden. „Offenbar wird davon ausgegangen, dass die Konsumenten ihre Ausgaben in Reaktion auf die hohe Inflation in den kommenden Monaten zurückfahren werden“, sagte Angelé. Bisher gebe es dafür allerdings noch keine Anzeichen, die Nachfrage sei dynamisch.

Die ZEW-Umfrage zeigt zudem für den Euroraum eine ähnliche Entwicklung wie für die deutsche Wirtschaft, das Lagebarometer liegt nun bei −26,4 Punkten, die Erwartungen bei −28,0 Zählern.

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