LeitartikelEuropäischer Bankenvergleich

Aktien-Performance legt Probleme deutscher Banken offen

Die Zinswende hat die strukturellen Probleme deutscher Banken kaschiert, aber nicht gelöst. Aktionäre haben das längst erkannt, wie an der Entwicklung der Aktienkurse abzulesen ist.

Aktien-Performance legt Probleme deutscher Banken offen

Deutsche Banken

Kaschiert, aber nicht gelöst

Von Philipp Habdank

Die Zinswende hat die strukturellen Probleme deutscher Banken kaschiert. Internationale Investoren haben das durchschaut.

2023 war ein turbulentes Jahr für deutsche Banken, insbesondere an der Börse. Vollgepumpt mit Zinsadrenalin aus der eingeleiteten Zinswende starteten Deutsche Bank und Commerzbank euphorisiert ins Börsenjahr. Die Partystimmung der Commerzbank gipfelte am 27. Februar in ihrer zelebrierten Rückkehr in den Dax, aus dem sie rund viereinhalb Jahre zuvor herausgeflogen war. Unvergesslich das Bild des strahlenden und überschwänglich die Börsenglocken läutenden Commerzbank-Chefs Manfred Knof.

Doch Ende März war es mit der Party schlagartig vorbei. Die Pleiten der Silicon Valley Bank und mehrerer US-Regionalbanken sowie die Notübernahme der Credit Suisse durch die UBS lösten Panik an den Aktienmärkten aus. Die Skepsis gegenüber dem Bankensektor kehrte zurück, die Angst vor einer neuen Liquiditätskrise war spürbar, und deutsche Banken hatten alle Hände voll zu tun, Märkte und Investoren davon zu überzeugen, dass die Pleitefälle Einzelfälle seien. Die Deutsche Bank sah sich danach laut Vorstandschef Christian Sewing als Opfer einer „spekulativen Attacke“, als der Aktienkurs der Bank stark nachgab.

Markt für Bankaktien erholt sich

Die März-Pleiten blieben tatsächlich Einzelfälle. Die Märkte erholten sich und Banken präsentierten dank geschickter Zins-Arbitrage im Einlagengeschäft sprudelnde Zinsüberschüsse. Ein Rekordquartal jagte das nächste und Banktitel waren bei Aktionären wieder gefragt. Abzulesen ist die Erholung am Stoxx Europe 600 Banks – ein Index, der die Wertentwicklung der größten Banken Europas abbildet. Er ist seit Jahresbeginn 2023 um 19,4% auf 168,65 Punkte gestiegen und hat damit wieder das Niveau vor dem Bankenbeben im Frühjahr erreicht.

Von der allgemeinen Branchenerholung profitierten auch Deutsche Bank und Commerzbank. Mit einem Kursanstieg von rund 16% im Jahresverlauf schnitt die Deutsche-Bank-Aktie allerdings etwas schlechter ab als der breite Markt. Die Commerzbank performte mit einem um rund 20% gestiegenen Kurs hingegen etwas besser. Ein Rückschlag für die Deutsche Bank, auch wenn sie mit rund 25 Mrd. Euro an der Börse immer noch wertvoller ist als die Commerzbank, die nur eine Marktkapitalisierung von rund 13 Mrd. Euro auf die Waage bringt.

Erfolg deutscher Banken ist relativ

Als besonders empfindliches Zins-Sensibelchen profitierte die Commerzbank aber auch stärker von der Zinswende als die Deutsche Bank, die deutlicher vom volatileren Investment Banking abhängig ist. Beide Banken kündigten ihren Aktionären in diesem Jahr höhere Kapitalausschüttungen an – unter anderem über höhere Aktienrückkäufe, die eine kursunterstützende Wirkung haben. Für die nach der Finanzkrise leidgeprüften Aktionäre sind das für sich genommen gute Nachrichten.

Die relativieren sich jedoch, sobald man die Aktienkurs-Performance der deutschen Banken mit dem Abschneiden ihrer europäischen Wettbewerber vergleicht. Ob die italienische Unicredit (rund 86%), die spanischen BBVA (rund 46%) und Santander (rund 36%), die französische Crédit Agricole (rund 31%) oder die britische HSBC (rund 24%): Sie alle verbuchten höhere Kursgewinne als die beiden deutschen Großbanken. Die Commerzbank kann immerhin noch den Teilerfolg verzeichnen, besser als die ING und BNP Paribas abgeschnitten zu haben.

Ungelöste strukturelle Probleme

Ein genauer Blick in die Geschäftszahlen legt die ungelösten strukturellen Probleme der deutschen Banken offen. Verglichen mit der europäischen Konkurrenz erzielen sie vereinfacht gesagt mit einer zu hohen Kostenquote eine zu niedrige Rendite aufs Eigenkapital. Ein konkretes Beispiel: Der Aktien-Highperformer Unicredit weist nach den ersten neun Monaten 2023 eine Kosten-Ertrags-Quote von 39% aus – bei einer Eigenkapitalrendite von 21,7%. Und die Deutschen? Die Commerzbank benötigte in diesem Zeitraum eine Aufwandsquote von 60%, um 8,6% Rendite aufs Eigenkapital zu erwirtschaften – und steht damit sogar noch besser da als die Deutsche Bank. Deren Kosten-Ertrags-Quote betrug nach neun Monaten 73%, bei einer Eigenkapitalrendite von 7%. Die Zinswende hat die strukturellen Probleme deutscher Banken kaschiert, aber nicht gelöst. Aktionäre haben das längst erkannt.

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