Yen

Bellende Hunde

Der Verfall der japanischen Währung hat das schlimmste Ausmaß seit der Einführung des variablen Wechselkurssystems in Japan 1973 erreicht und damit historische Dimensionen angenommen.

Bellende Hunde

Der Verfall der japanischen Währung hat das schlimmste Ausmaß seit der Ein­führung des variablen Wechselkurssystems in Japan 1973 erreicht und damit historische Dimensionen angenommen. Seit seinem Höchststand vor elf Jahren büßte der Yen mehr als 46% seines Wertes gegenüber dem Dollar ein. Der Rückgang war stärker als während der Asien-Finanzkrise am Ende der 1990er Jahre. Allein seit Jahresanfang ging es um 18% auf ein 24-Jahres-Tief herunter.

Mit dem Überschreiten der 140er Marke nähert sich der Wechselkurs jenen 146 Yen je Dollar, die 1998 eine konzertierte Stützungsaktion zusammen mit den USA veranlassten. Mit der Abwertung in diesen Bereich wächst zugleich die Wahrscheinlichkeit, dass die Inflationsrate auf über 3% steigt und somit das Preisziel der Bank of Japan von 2% weit übertrifft. Die Entwicklung setzt die bisherige Einheitsfront der Akteure der japanischen Geld- und Finanzpolitik unter Stress, bröckeln wird sie aber nicht.

Der Verfall der japanischen Währung wird von der wachsenden Renditedifferenz zwischen Dollar- und Yen-Staatsanleihen angetrieben. Verantwortlich dafür ist die Bank of Japan, die im Gegensatz zur Fed die Zinsen nicht erhöht. Daran dürfte Gouverneur Haruhiko Kuroda bis zum Ende seiner Amtszeit im April 2023 festhalten, weil die inländische Nachfrage für einen nachhaltigen Preisschub fehlt. Premier Fumio Kishida ist der gleichen Meinung wie Kuroda und beruhigt die unzufriedene Bevölkerung mit Subventionen für die Energiepreise.

Also müssen hochrangige Beamte die ungeliebte Aufgabe übernehmen, das Gespenst einer Intervention heraufzubeschwören, um den Abwärtstrend des Yen zu verlangsamen. Aber ihre Wortwahl blieb moderat und war nicht schärfer als bei der vorigen heftigen Bewegung im Juni. Daher stärkten ihre Kommentare den Yen-Kurs kaum. Denn der Devisenmarkt durchschaut das billige Manöver: Das Finanzministerium in Tokio denkt gar nicht an eine Intervention.

Denn anders als 1998 würden die Vereinigten Staaten einen solchen Eingriff nicht unterstützen, da das niedrige Yen-Niveau den hohen Renditeabstand zwischen den Staatsanleihen widerspiegelt und damit angemessen scheint. Aus demselben Grund verspricht eine einseitige japanische Intervention wenig Erfolg – im Gegenteil: Am Finanzmarkt würden einige Akteure auf ein Scheitern der japanischen Anstrengungen wetten. Auch in Europa hätte man wenig Verständnis für eine japanische Intervention, da der Euro ebenfalls stark zum Dollar abgewertet hat. Die Hunde bellen also nur, beißen werden sie sicher nicht.

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