Tesla

Elon Musk versagt als Verkäufer

Tesla stellt derzeit die Weichen, um über einen Eintritt in den Massenmarkt kräftige Absatzsteigerungen zu erzielen. Bei den Investoren geht dies aber aufgrund schwacher Auftritte des Managements unter.

Elon Musk versagt als Verkäufer

Auf seinem Investorentag hat der E-Autobauer Tesla das Publikum gelangweilt und bei den Investoren für Enttäuschung gesorgt. Doch wer genauer hingehört hat, schnappte zwischen weitschweifigen Betrachtungen zur nachhaltigen Energieversorgung der Zukunft durchaus greifbare Botschaften mit substanziellem Potenzial auf. Zuvorderst fällt dabei ins Auge, dass Tesla Pläne für eine neue Produktionsplattform konkretisiert hat. Durch deren Einführung will der E-Autobauer die Fertigungsfläche um die 40 % reduzieren und die Kosten um die Hälfte drücken. Funktionieren soll dies über einen Fahrzeugbau in kleineren modularen Einheiten, die stärkere parallele Arbeit an verschiedenen Teilen soll Effizienzgewinne bringen. Auch wenn Musk die Aktionäre damit ernüchterte, dass er beim Investorentag keine konkreten Pläne für ein neues, preiswerteres Tesla-Modell vorlegte: Genau zu einem solchen Vorstoß in den Massenmarkt dürfte das Plattformkonzept letztendlich führen.

Für den E-Autobauer stellt die Einführung günstigerer Modelle den entscheidenden Schlüssel zur langfristigen Absatzsteigerung dar. Im laufenden Jahr muss Tesla sich dagegen mit weniger nachhaltigen Maßnahmen behelfen, um die Nachfrage in einem von massiv steigendem Konkurrenzdruck geprägten Markt anzukurbeln: Zu Jahresbeginn kürzte das Unternehmen die Preise für den Mittelklasse-SUV Model Y und die Limousine Model 3 weltweit um bis zu 20% – und erst zum Wochenstart vermeldete der Fahrzeughersteller in den USA neue Discounts auf seine Premium-Modelle X und S. Damit mag Tesla die Verkaufszahlen zwar kurzfristig steigern, beschneidet aber auch die Einnahmen. Bereits im Januar unkten die Analysten von Bloomberg Intelligence, die damals gültigen Rabatte könnten den Fahrzeughersteller im laufenden Geschäftsjahr Erlöse von mehr als 11 Mrd. Dollar oder 14 % des Konzernumsatzes kosten – sollten sie Bestand haben.

Hinzu kommt, dass die Discounts auf der Markentreue der Kunden lasten dürften. Viele Autofahrer, die sich kurz vor Einführung der Preisnachlässe ein Tesla-Modell gekauft hatten, waren über die Erosion des Werts ihrer Wagen hochgradig verärgert. Aus Sicht eingefleischter Tesla-Investoren bieten die verstärkten Elektro-Anstrengungen der Konkurrenz – und insbesondere der lange als abgehängt geltenden US-Autobauer Ford und General Motors – daher umso größeren Anlass zur Sorge. Das Musk-Unternehmen hebt zwar noch seinen angeblichen Design-Vorsprung gegenüber Wettbewerbern hervor. Ob dies als Verkaufsargument künftig aber ausreicht, ist fraglich – zumal optische Aktualisierungen der Tesla-Produktpalette lange her sind: Die Modelle S und X bekamen zuletzt Anfang 2021 ein Facelift, die letzte vollständige Überarbeitung einer Fahrzeugserie datiert aus dem Jahr 2012.

Umso wichtiger sind neue Einnahmequellen durch eine Präsenz im Massenmarkt. Die Einführung eines entsprechenden Modells ist auch deshalb sinnvoll, weil dies nach den umfangreichen Discounts kaum noch die Gefahr bergen würde, eine vermeintlich exklusive Aura der hochpreisigeren Tesla-Fahrzeuge zu schmälern. Hinzu kommt, dass das Unternehmen auch über Infrastrukturlösungen die Weichen stellt, um für eine breitere Masse an Kunden erschwinglich zu werden. So kündigte es im Rahmen des Investorentags auch den Start eines Abonnements für unbegrenzte Übernachtladungen in Texas an – Kostenpunkt 30 Dollar. Dies sei aufgrund der hohen Windkraftkapazität und -Intensität im zweitbevölkerungsreichsten US-Bundesstaat möglich. Denkbar, dass Tesla ihre Lade-Angebote in anderen Regionen mit ähnlichen geografischen Bedingungen entsprechend ausweitet. Mit der Öffnung seines Supercharger-Schnellladenetzwerks für Fremdmarken, die bis Ende 2024 auch in den USA erfolgen soll, dürfte das Unternehmen der Konkurrenz ohnehin Wasser abgraben.

Warum Musk diese positiven Entwicklungen zuletzt nicht besser verkauft hat, ist rätselhaft. Denn der streitbare Milliardär ist doch sonst auch der König der großen Ankündigungen und Inszenierungen. Beobachter mutmaßen, dass er den Rest des Tesla-Managements stärker in den Mittelpunkt rücken wollte, nachdem die starke Fokussierung auf den CEO und seine Kontroversen dem Unternehmen zuletzt vor allem Imageschäden eingebracht hatte. Dieser Plan ist aber wohl gründlich nach hinten losgegangen, konnten die restlichen Tesla-Manager mit ihren stockenden Vorträgen beim Investorentag doch nicht im Geringsten von sich überzeugen. Damit dürfte die Anlegerstimmung bis auf Weiteres angekratzt bleiben.

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