KommentarKritische Infrastruktur

Von China nichts gelernt?

Die Diskussion um ein Verbot von Huawei-Komponenten im 5G-Netz zeigt, wie wenig Europa von China gelernt hat. Es gibt kreativere Wege, Abhängigkeiten zu reduzieren.

Von China nichts gelernt?

Kritische Infrastruktur

Von China
nichts gelernt?

Von Sebastian Schmid

Die Aufregung unter den deutschen Telekomfirmen ist groß. Das Bundesinnenministerium soll ein Verbot des Einsatzes kritischer Komponenten der chinesischen Hersteller Huawei und ZTE im 5G-Kernnetz ab 2026 planen. Für das sogenannte Zugangs- und Transportnetz sieht der Vorschlag eine Reduzierung der Huawei- und ZTE-Komponenten auf durchschnittlich 25% vor. In der Regierung herrscht zwar offenbar noch keine Einigkeit. Zudem ist unklar, ob der Vorschlag nicht doch dem Wahlkampf in Hessen geschuldet ist, in dem es für Innenministerin Nancy Faeser (SPD) alles andere als rund läuft. Die Idee passt aber in die generelle Logik, mit der in Europa derzeit Problemen begegnet wird – mit Verboten. In Schweden sind die Bauteile der Chinesen ab 2025 vom Einsatz ausgeschlossen, Großbritannien macht bereits Ende dieses Jahres die Schotten dicht für Huawei und Co.

Dabei ist die Frage, ob man die Komponenten verbieten sollte oder nicht, nicht zielführend. Denn die Analyse hat schließlich nur ergeben, dass wir eine offensichtlich hohe Abhängigkeit von den Komponenten der chinesischen Tech-Konzerne entwickelt haben. Und das in einem Bereich, der in einer modernen Gesellschaft als absolut kritisch einzuschätzen ist. Die Frage muss also lauten, wie sich diese Abhängigkeit reduzieren lässt. Kurzfristig wahrscheinlich gar nicht. Aber warum schauen wir uns nicht von den Chinesen ab, wie man externe Abhängigkeiten reduziert? Das ist dem Reich der Mitte in den vergangenen Jahrzehnten so gut gelungen, dass sich Abhängigkeiten in ihr Gegenteil verkehrt haben.

Die Diskussion um ein Verbot von Huawei-Komponenten zeigt, wie wenig Europa von China gelernt hat.

Wie wäre es beispielsweise, wenn kritische Komponenten künftig aus EU-Produktion kommen müssten und der Produzent ein Joint Venture sein müsste, in dem die Mehrheit von einem EU-Unternehmen gehalten wird. Telekomfirmen müssten Joint Ventures mit ihren chinesischen Partnern gründen, um deren Komponenten weiter zu nutzen. So ließe sich auch sicherstellen, dass Hochtechnologie-Know-how wieder zurück nach Europa kommt - ähnlich wie das China mit diversen Industrien in die umgekehrte Richtung gemacht hat. Ordnungspolitisch fragwürdig? Bei den US-Konzernen Amazon, Microsoft und Alphabet hatte die EU schließlich auch keine Skrupel, sie zu einem Serverbetrieb auf dem Alten Kontinent zu nötigen. Warum sollte es ZTE und Huawei anders ergehen? Die Chinesen könnten die Idee, die schließlich von ihnen kommt, noch nicht einmal als protektionistisch brandmarken. Es wird Zeit, nicht mehr nur in Verboten zu denken.

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