Campari

Bob Kunze-Concewitz hat Aperitif im Blut

Auch nach fast 16 Jahren bei Campari hat CEO Robert („Bob“) Kunze-Concewitz noch lange nicht genug. Er werde wohl den Rest seines Berufslebens bei der Campari Group bleiben, sagte er kürzlich.

Bob Kunze-Concewitz hat Aperitif im Blut

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Auch nach fast 16 Jahren bei Campari hat CEO Robert („Bob“) Kunze-Concewitz noch lange nicht genug. Er werde wohl den Rest seines Berufslebens bei der Campari Group bleiben, sagte er kürzlich. Der Spirituosenkonzern ist vor allem für seinen gleichnamigen Aperitif und den Apérol bekannt.

Unter der Regie von Kunze-Concewitz, der 2005 als Marketing-Chef einstieg und 2007 CEO wurde, hat Campari kräftig expandiert. Er erwarb etwa 30 Marken, darunter kürzlich die Mehrheit der Bourbon-Marke Wilderness Trail Distillery und zuvor den französischen Bitterorangenlikör Grand Marnier, den Kräuter-Digestif Averna sowie viele andere Cognac-, Whiskey- und Ginmarken.

Der Aperol ist inzwischen mit einem Umsatzanteil von etwa einem Fünftel der größte Umsatzträger. Der 2003 erworbene und damals kleine venezianische Hersteller ist der Erfolgsschlager von Campari: Kunze-Concewitz hat das mit einem Anteil von 11 % relativ alkoholarme und erfrischende Getränk inzwischen sogar als eine Art Bierersatz etabliert. Vor allem im Sommer ist der Aperol gar nicht mehr von den Tischen der Bars, Cafés und Restaurants wegzudenken. Er profitiert auch vom starken Boom der Gastronomie nach dem Ende der Corona-Pandemie.

Der Erfolg von Kunze-Concewitz spiegelt sich auch in den Zahlen wider. Im dritten Quartal wuchsen Umsatz und Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen im Vergleich zum Vorjahr um etwa 30%. Und an der Börse ist der Spirituosenhersteller, der deutlich kleiner ist als etwa Diageo und Pernod Ricard, fast unschlagbar: Die Börsenkapitalisierung stieg seit dem Amtsantritt des CEO von 900 Mill. auf 11,2 Mrd. Euro. Damit ist Campari eines der teuersten Unternehmen Italiens.

Der 1967 in Istanbul geborene Auslandsösterreicher, der nie in der Alpenrepublik gelebt hat, aber regelmäßig zum Skifahren nach Lech am Arlberg fährt, setzt auf das margenstarke Premiumsegment und den gezielten Ausbau des US-Geschäfts, des wichtigsten Marktes des Unternehmens – vor Italien und Deutschland.

Kunze-Concewitz hat Aperitif gewissermaßen im Blut: Sein Vater war einst Vertreter der Wermut-Marke Cinzano in der Türkei. Kunze-Concewitz machte sein Abitur in Frankreich, studierte in den USA und Großbritannien und spricht fünf Sprachen fließend – Deutsch, Englisch, Französisch, Türkisch und Italienisch. Seine berufliche Karriere startete er einst bei Procter & Gamble im Marketing.

Hohe Ausgaben für Marketing und Werbung sind für Campari zentral. Die Marke ist eine Ikone. Das spiegelt sich in den charakteristischen Flaschen, aber auch im Design etwa der Werbeplakate des Futuristen For­tunato Depero wider, die im Museum am Firmensitz im Mailänder Vorort Sesto-San Giovanni besichtigt werden können. Dort, um das ursprüngliche Fabrikgebäude und die Villa, in der die Familie Campari einst lebte, baute der bekannte Architekt Mario Botta eine repräsentative Firmenzentrale.

Campari wächst trotz der stark gestiegenen Preise für Rohstoffe und Verpackungsmaterialien, die deutliche Preiserhöhungen der Getränke zur Folge hatten, weiter stark. Auch bei Übernahmen ist wohl das letzte Wort noch nicht gesprochen. Zwar bietet Campari inzwischen ein breites Spektrum an Getränken an. Doch mit Ausnahme eines kleinen Herstellers fehlt noch eine prestigeträchtige Champagnermarke.

Große symbolische Bedeutung hat für Kunze-Concewitz auch das Camparino – die erste Aperitif-Bar Mailands gleich am Eingang der berühmten Galleria Vittorio Emanuele. Campari hat die Bar, die vor mehr als hundert Jahren verkauft worden war, vor einigen Jahren zurückgekauft und aufwendig restauriert. Es ist geplant, nach diesem Modell weltweit etwa 50 bis 100 solcher Bars zu eröffnen.

Das Unternehmen selbst übrigens wird seit dem Tod der letzten Erbin der Familie Campari zu 69% von der Familie Garavoglia kontrolliert. Die vor einigen Jahren geschehene Verlegung des Firmensitzes in die Niederlande mit den großzügigen Mehrfachstimmrechten soll sicherstellen, dass die Mehrheitsverhältnisse bei Campari auch in Zukunft stabil bleiben.

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