Bank of England

Kritik an Andrew Bailey wächst

Die Kritik am britischen Notenbankchef Andrew Bailey wächst. Ihm wird vorgeworfen, zu spät auf die rasante Teuerung reagiert zu haben, obwohl schon lange vor einer solchen Entwicklung gewarnt wurde.

Kritik an Andrew Bailey wächst

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Der Gouverneur der Bank of England, Andrew Bailey, hat ein Problem. Die Inflation wird zum Jahresende voraussichtlich bei mehr als 10 % liegen. Seine vornehmliche Aufgabe ist, sie auf den Zielwert der Notenbank von 2,0 % zurückzuführen. Sein Vorgänger Mark Carney bezeichnete ihn wegen seiner bedächtigen Entscheidungsfindung einmal als „große sexy Schildkröte“. Nun kommt der Historiker zunehmend in Erklärungsnot. Mel Stride, der Vorsitzende des Finanzausschusses des Unterhauses, fragte den Cambridge-Absolventen zuletzt, ob er am Steuer eingeschlafen sei, während die Preise im ganzen Land in die Höhe schossen. „Würde Bailey in der Privatwirtschaft arbeiten, wäre sein Job nach einer derart katastrophalen Performance in Gefahr“, wetterte die „Daily Mail“. Stattdessen lägen noch weitere sechs Jahre einer achtjährigen Amtszeit vor ihm.

„Wir können Dinge wie einen Krieg nicht vorhersagen“, versuchte Bailey die Kritik an der Geldpolitik der Bank of England wegzuwischen und die Eskalation in der Ukraine für alles verantwortlich zu machen. Die Preise hätten im November vergangenen Jahres begonnen zu steigen, mit dem russischen Truppenaufbau an der ukrainischen Grenze. So richtig nach oben gegangen sei es aber mit der Invasion im Februar. Dabei hatte die Teuerungsrate den Zielwert bereits im Mai 2021 überschritten. Der ehemalige Chefvolkswirt der Bank of England, Andy Haldane, hatte bereits im Sommer vergangenen Jahres vor Inflation gewarnt und beim Zinsentscheid gegen seine Kollegen gestimmt. Andere schlossen sich den Warnungen an, von Bill Clintons Finanzminister Larry Summers bis hin zu Rishi Sunaks Vorgänger im Schatzamt, George Osborne. Doch Bailey, der seine Doktorarbeit über die Auswirkungen der Napoleonischen Kriege auf die Textilwirtschaft in Leicester schrieb, bestand bis Dezember darauf, dass es sich bei der höheren Teuerung um ein vorübergehendes Phänomen handele. Der Geldpolitiker Michael Saunders, den sich der Ausschuss ebenfalls vornahm, verwies darauf, dass er für einen doppelt so großen Zinsschritt gestimmt habe. Auch das ließ Bailey schlecht aussehen.

Dabei hatte man bei seinem Amtsantritt gehofft, die Notenbank an einen erfahrenen Profi zu übergeben, nachdem der flamboyante Carney den Markt mit seinen Aussagen zur Geldpolitik wiederholt in die Irre geschickt hatte. Dass Bailey das Wort „apokalyptisch“ in Verbindung mit der Entwicklung der Lebensmittelpreise in Entwicklungsländern verwandte, sorgte für Unruhe. Der Umstand, dass Mitarbeiter der Bank of England in dieser existenziellen Krise nur einmal wöchentlich im Büro erscheinen müssen, rief Befremden hervor.

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