Aktienmarkt

Aktien gehen die Impulse aus

Nach dem spektakulären Jahresstart gehen dem Aktienmarkt die Impulse aus. Der Dax, der in den ersten zwei Handelswochen mehr als 8 % gewonnen hat, hat seit Mitte Januar nur noch um 0,7 % zugelegt.

Aktien gehen die Impulse aus

Nach dem spektakulären Jahresstart scheint die Party an den europäischen Aktienmärkten vorbei zu sein. Der Dax, der in ersten zehn Handelstagen des Jahres um mehr als 8% und 1000 Zähler auf 15087 Punkte zugelegt hat, um anschließend auf Höhen von mehr als 15500 Zählern zu steigen, lag am Freitag zuletzt bei 15210 Punkten. Damit hat er seit der Auftakthausse nur noch um 0,8% zugelegt. Auch wenn sich das Plus seit dem Jahresbeginn mit 9,2% durchaus sehen lassen kann, ist unübersehbar, dass der Index seit Mitte Januar auf der Stelle tritt. Ähnlich das Bild beim Stoxx Europe 600. Nach nahezu 8% in den ersten beiden Handelswochen ist der Index im Vergleich zu Mitte Januar mit zuletzt 457,70 Punkten nahezu unverändert. Dem Aktienmarkt gehen die Impulse aus.

Dabei ist die Berichtssaison zum vierten Quartal und zum Jahr 2022 bislang zwar eher durchwachsen ausgefallen. Wie auch in den Quartalen zuvor ist sie jedoch weit von dem vielfach befürchteten schwachen Bild entfernt. „Entgegen allen pessimistischen Erwartungen be­schert die laufende Berichtssaison zum vierten Quartal 2022 erneut robuste Ergebnisse“, resümierte am Freitag die DZ Bank. „In den USA haben bereits mehr als zwei Drittel der berichtenden Unternehmen die Gewinnprognosen übertroffen, in Europa über 60%, und von den bisher 18 Dax-Unternehmen waren es bisher ganze 13 positive Überraschungen.“ Auf diese Art steige das Gewinnwachstum des Krisenjahres 2022 stetig an, im S&P 500 seien es bereits 7,5% und im Dax sogar 7,8%.

Andererseits setzen die Unternehmensergebnisse keine Im­pulse für eine Fortsetzung der Ende September 2022 gestarteten Hausse. Die Gewinnberichtssaison biete keine neue Unterstützung, so etwa die Weberbank. Zwar seien die Unternehmensergebnisse im vierten Quartal leicht besser ausgefallen als von den Analysten erwartet, in den USA schlage dennoch ein leichter Rückgang der Gewinne im Vergleich zum Vorjahr zu Buche. In Europa hätten die Unternehmen dagegen etwas besser abgeschnitten und leicht wachsende Gewinne vermeldet. Ein besonderes Augenmerk liege auf den Gewinnmargen der Unternehmen. Trotz merklich gestiegener Kosten habe das Gros der Unternehmen das Niveau seiner Margen im vergangenen Jahr verteidigen bzw. in Teilen sogar steigern können, indem Preise gegenüber Verbrauchern kräftig angehoben worden seien. „Die Bereitschaft, höhere Preise zu bezahlen, sinkt jedoch zunehmend, was es für Unternehmen in Zukunft schwieriger machen dürfte, steigende Kosten auszugleichen“, so das Institut. „Unternehmen können insbesondere ihre Fixkosten nicht so schnell senken. Wir erwarten daher, dass die Kosten im Jahr 2023 stärker wachsen werden als die Um­sätze, und rechnen für dieses Jahr mit rückläufigen Gewinnmargen.“

Noch schwerer wiegt, dass der geldpolitische Impuls, der die Hausse der Aktienmärkte seit dem vergangenen Herbst maßgeblich angetrieben hat, an Kraft zu verlieren scheint. Sinkende Inflationsindikationen schürten in den zurückliegenden Monaten Hoffnungen, dass die Notenbanken ihre Zinsen weniger stark erhöhen würden und die amerikanischen Währungshüter im Lauf der zweiten Hälfte dieses Jahres sogar dazu übergehen würden, ihren Leitsatz wieder zu reduzieren. Die Zentralbanken haben jedoch klar zu verstehen gegeben, dass sie sich noch lange nicht am Ziel sehen, was die Inflationseindämmung betrifft, so dass an den Märkten zunehmend die Befürchtung um sich greift, dass die Leitzinsen für einen längeren Zeitraum auf den erhöhten Niveaus verbleiben werden.

Die US-Daten vom Freitag bestätigen diese Befürchtungen und deuten darauf hin, dass der geldpolitische Impuls zum Gegenwind für die Aktienmärkte mutieren könnte. Denn die Jahresveränderungsrate des für die Fed wichtigen PCE-Preisindex (Personal Consumption Expenditures) ist im Januar auf 5,4% nach 5% im Dezember gestiegen. Noch besorgniserregender ist, dass sich die Jahresrate der um Nahrungsmittel- und Energiepreise bereinigten PCE-Kerninflation von 4,4% auf 4,7% erhöht hat, weil dies eine hartnäckig hohe Inflation anzeigt. Die Zahlen schlugen nicht nur den Aktienmärkten, sondern auch den Anleihemärkten auf den Magen. So kletterte die laufende Verzinsung zweijähriger Bundesanleihen erstmals seit dem Oktober 2008 über die Schwelle von 3%. Der Aktienmarkt wird nun möglicherweise eine Korrektur durchlaufen müssen, bevor er wieder in den Rally-Modus zurückkehren kann.