Märkte am Mittag

Gaskrise und US-Notenbank setzen Dax zu

Die Anleger zeigen sich pessimistisch angesichts der anstehenden US-Leitzinsentscheidung sowie des drohenden Gasnotstands im Winter samt möglicher Rezession. Die Stimmung in vielen Branchen ist bereits stark abgekühlt, meldet das Ifo-Institut.

Gaskrise und US-Notenbank setzen Dax zu

Dax-Anleger gehen vor Beginn der zweitägigen Sitzung der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) kein Risiko mehr ein. Der deutsche Leitindex gab am Dienstag bis zum Mittag um 0,72% auf 13.115 Punkte nach. „Das Risiko, von der Fed auf dem falschen Fuß erwischt zu werden, ist den meisten zu groß“, sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. „Die meisten bleiben bis zur Entscheidung im Abwartemodus und reagieren dann.“ Unter Börsianern gilt ein weiterer großer Zinssprung der US-Notenbank um 0,75 Prozentpunkte am Mittwoch als ausgemachte Sache. Mit Spannung blicken Anleger daher auf den Ausblick der Notenbanker.

Sorge wegen Gasknappheit und Rezession

Zudem drückt die Sorge vor einer Gasknappheit in Deutschland die Stimmung der Anleger. Ab Mittwoch fließt durch die Pipeline Nord Stream 1 nur noch ein Fünftel der möglichen Gasliefermenge. Dies teilte der russische Konzern Gazprom am Montag mit und verwies auf erneute Wartungsarbeiten. Dieser Version widersprach Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck vor dem Treffen der EU-Energieminister. Putin versuche, die große Unterstützung für die Ukraine zu schwächen und einen Keil in die deutsche Gesellschaft zu treiben. Dafür schüre er Unsicherheit und treibe die Preise. Technische Gründe für die Lieferkürzungen gebe es nicht, sagte Habeck. Am Dienstagmittag haben sich die europäischen Staaten auf einen Notfallplan zum Gassparen geeinigt. Nach dem Text für die Rechtsverordnung sieht der Plan wie von der EU-Kommission vorgeschlagen vor, den nationalen Konsum im Zeitraum vom 1. August 2022 bis zum 31. März 2023 freiwillig um 15% zu senken. Zudem soll die Möglichkeit geschaffen werden, bei weitreichenden Versorgungsengpässen einen Unionsalarm auszulösen und verbindliche Einsparziele vorzugeben.

Im Vergleich zum ersten Entwurf der Kommission sind dafür allerdings deutlich mehr Ausnahmemöglichkeiten vorgesehen und auch die Hürden für die Einführung von verbindlichen Einsparzielen wurden erhöht. Letztere sollen nur vom Rat der Mitgliedstaaten und nicht von der EU-Kommission durchgesetzt werden können.

Am Vormittag stieg der Erdgaspreis für eine Megawattstunde zur Lieferung im August als Reaktion auf die Drosselung der Menge durch Nord Stream 1 um rund 5% auf rund 185 Euro. Es handelt sich dabei um den Terminkontrakt TTF für niederländisches Erdgas, der an den Märkten als Richtschnur für die europäischen Gaspreise betrachtet wird. Schon am Montag waren die Preise in Europa deutlich angestiegen.

Die drohende Gasknappheit im Winter, der damit verbundene neuerliche Preisschub und die ebenfalls drohende Rezession veranlassen die Exportwirtschaft in Deutschland dazu, ihre Geschäftserwartungen zurückzuschrauben. Dies geht aus einer Umfrage des Münchner Ifo-Instituts unter etwa 2.300 Industrieunternehmen hervor. Die so genannten Exporterwartungen, ein Stimmungsindikator der Branche, fielen von Juni auf Juli um 3,9% auf minus 0,5 Zähler, wie die Münchner Wirtschaftsforscher am Dienstag mitteilten.

In der chemischen Industrie mache sich mit Blick auf den Außenhandel zunehmend Skepsis breit, erklärte das Ifo-Institut. Dort ist der Einsatz von Erdgas besonders hoch. Auch die Nahrungsmittelhersteller seien pessimistischer. Mit rückläufigen Auslandsgeschäften rechneten zudem die Druckereien und die Hersteller von Gummi- und Kunststoffwaren. Auch die Möbelhersteller seien zurückhaltender.

Deutliche Exportzuwächse erwarten dagegen die Hersteller von Datenverarbeitungsgeräten sowie von elektronischen und optischen Erzeugnissen. Auch die Getränkeindustrie sei zuversichtlich, die Auslandsumsätze zu erhöhen. Die Automobilbranche und der Maschinenbau rechnen mit moderaten Zuwächsen. Auch das ifo-Geschäftsklima stürzte wegen der hohen Energiepreise und der drohenden Gasknappheit ab.

Uniper fallen unter 6 Euro

Bei den Einzelwerten setzen die Titel von Gas-Versorger Uniper ihre Talfahrt fort und rutschen zwischenzeitlich um rund 9% auf ein neues Rekordtief bei 5,96 Euro je Aktie ab. Bis zum Mittag reduzierten die Anteilsscheine ihren Verlust auf etwa 4,5%. Im bisherigen Jahresverlauf verloren die sie damit bereits über 80%. Uniper muss wegen der Drosselung der Liefermenge durch Nord Stream 1 teureres Gas am Markt einkaufen, um Verträge zu erfüllen. Das führt zu Liquiditätsproblemen. Daher hat die Bundesregierung ein Rettungspaket geschnürt, das im Zuge des Staatseinstiegs zu einer massiven Anteilsverwässerung führen wird.

Der Diagnostikspezialist Stratec verzeichnete im ersten Halbjahr einen Umsatz- und Ergebnisrückgang. Lieferkettenprobleme, höhere Kosten sowie eine pandemiebedingte starke Vorjahresentwicklung waren die Gründe dafür. Die Papiere verloren fast 14%.

Der Baumaschinenherstellers Wacker Neuson blickt trotz eines überraschend positiven zweiten Quartals etwas zurückhaltender auf das Gesamtjahr. Die etwas vorsichtigere Haltung wiederum überrasche nicht, sagte ein Händler. Die Anteile sanken um 1,2%.

Der Finanzdienstleister Hypoport steigerte im zweiten Quartal Umsatz und Gewinn. Der Aktienkurs legte um 3,3% zu. Händler sprachen von einer zwischenzeitlichen Kurserholung inmitten des kräftigen Abwärtstrends.

Der Personaldienstleister Amadeus Fire profitiert vom Fachkräftemangel. Im ersten Halbjahr wuchs das Segment Personaldienstleistungen um fast ein Viertel, während der Umsatz im Segment Weiterbildung zurückging. Das Management bestätigte die Prognose für das laufende Jahr. Dem Aktienkurs half das nicht, er sackte um rund 5% ab.