Geldpolitik

Konjunkturdaten heizen Zinsdebatte an

Der US-Jobmarkt brummt, die Euro-Inflation hat sich stärker abgeschwächt als ohnehin erwartet. Die Hoffnung auf eine langsamere Gangart der Notenbanken bei ihrer geldpolitischen Straffung wächst – insbesondere auch an den Märkten.

Konjunkturdaten heizen Zinsdebatte an

ms/ast Frankfurt

Neue Konjunkturdaten aus den USA und der Eurozone haben Spekulationen auf eine künftig weniger aggressive Zinspolitik vor allem der US-Notenbank Fed, aber auch der Europäischen Zentralbank (EZB) befeuert. In den USA fiel das Lohnwachstum im Dezember schwächer aus als erwartet und der Dienstleistungssektor schrumpfte überraschend – was Wetten verstärkte, dass die Fed im Februar ihren Leitzins nur noch um 25 Basispunkte anhebt und womöglich bald eine Zinspause einlegt. Im Euroraum schwächte sich die Inflationsrate im Dezember noch stärker ab als ohnehin schon erwartet – was zusammen mit einem Einbruch bei den Industrieaufträgen in Deutschland zumindest bei einigen die Erwartung etwas geringerer EZB-Zinserhöhungen als avisiert schürte.

Fed und EZB haben 2022 ihre Geldpolitik gestrafft wie seit Jahrzehnten nicht und teils wie noch nie. Grund war die rasant gestiegene Inflation – auf in der Spitze 9,1% in den USA und 10,6% in der Eurozone. Nun nimmt die Zuversicht zu, dass die Teuerung ihren Hochpunkt überschritten hat – verbunden mit der Hoffnung auf eine weniger aggressive Geldpolitik. Das ist ein zentraler Treiber des sehr positiven Jahresauftakts an den Börsen. Mitte Dezember hatten Fed und EZB die Märkte noch geschockt, als sie mehr Zinserhöhungen und länger hohe Zinsen als erwartet in Aussicht gestellt hatten.

In den USA zeigten nun am Freitag zum einen neue Jobdaten, dass der Arbeitsmarkt zwar weiter solide ist. Der Stellenzuwachs fiel im Dezember höher aus als erwartet und die Arbeitslosenquote ging überraschend von 3,6% auf 3,5% zurück. Das Lohnwachstum, das für die Fed derzeit im Fokus steht, verlangsamte sich aber unerwartet von 4,8% auf 4,6% auf Jahressicht. Zum anderen wurde bekannt, dass die Geschäfte der US-Dienstleister im Dezember überraschend erstmals seit über zweieinhalb Jahren geschrumpft sind.

Rubeela Farooqi, US-Chefvolkswirtin bei High Frequency Economics, sprach von „willkommenen Nachrichten“ für die Fed. Die Fed will die Wirtschaft abbremsen, um die Inflation zu senken. An den Terminmärkten wurde am Freitag verstärkt auf 25 Basispunkte im Februar gewettet – nach einer Reihe von 50- und 75-Basispunkte-Schritten 2022. Einige spekulieren gar schon auf baldige Zinssenkungen. Das weisen die US-Notenbanker bislang aber zurück.

Im Euroraum gab derweil im Dezember die Inflationsrate von zuvor 10,1% auf 9,2% nach – noch stärker als erwartet. Die Kernrate ohne Energie und Lebensmittel beschleunigte sich allerdings sogar von 5,0% auf 5,2%. In Deutschland verzeichnete die Industrie einen unerwarteten Einbruch bei den Aufträgen, was Konjunktursorgen verschärfte. Die EZB hatte zuletzt zwei weitere Zinserhöhungen um 50 Basispunkte im Februar und März avisiert. Viele Ökonomen gehen weiter davon aus. Vor allem einige Marktakteure hoffen aber zunehmend auf eine langsamere Gangart.

Berichte Seite 7

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