Bankenkrise

Märkte erholen sich von Credit-Suisse-Schock

Die Notübernahme der Schweizer Großbank Credit Suisse durch die Rivalin UBS hat am Montag zunächst zu schweren Marktverwerfungen geführt. Nach anfänglichen Kursverlusten machten die europäischen Bankaktien aber Boden gut.

Märkte erholen sich von Credit-Suisse-Schock

ck/dz/phh/ms/rcc/lee/wf

Die am Sonntag eingefädelte Notübernahme der Schweizer Großbank Credit Suisse durch die Rivalin UBS hat am Montag zu schweren Marktverwerfungen geführt. Nach anfänglichen Kursverlusten machten die europäischen Bankaktien im Handelsverlauf Boden gut und gingen schließlich größtenteils kaum verändert aus dem Handel. So büßten Deutsche Bank bis zu 10 % ein, ehe sie den Handel mit einem Minus von 0,5 % beendeten. Credit Suisse sackten um 55,7 % ab, UBS schlossen nach deutlichen anfänglichen Verlusten mit 1,3 % im Plus. Der Dax fiel zunächst bis auf 14 458 Punkte, um sich anschließend um rund 530 Zähler bis auf 14 980 Punkte zu erholen und mit einem Plus von 1,1 % bei 14 933 Zählern zu schließen. Der Goldpreis stieg erstmals seit einem Jahr über die Schwelle von 2 000 bis auf 2 010 Dollar, lag aber zuletzt mit einem Minus von 0,5 % bei 1 978 Dollar.

Am Anleihemarkt sorgte die Entscheidung der Schweizer Finanzmarktaufsichtsbehörde Finma für Furore, die ausstehenden Nachranganleihen der Credit Suisse komplett abzuschreiben. Betroffen waren die Eigentümer der dem Additional-Tier-1-Kapital (AT1) zugerechneten Bonds mit einem Nominalvolumen von rund 16 Mrd. sfr. Die Anlageklasse wurde in der Folge der Bankenkrise von 2008 als verlustabsorbierende Finanzinstrumente geschaffen. Aufgrund ihrer Stückelung sind sie nur für institutionelle Investoren geeignet. Auf diese Weise wollten die Regulatoren sicherstellen, dass Banken in die Insolvenz gehen können, ohne dass sich die Regierungen zu steuergeldfinanzierten Rettungsmaßnahmen gezwungen sehen, um private Kundeneinlagen zu schützen. Regulatorisch sind AT1-Anleihen als Hybridkapital zwischen Eigen- und Fremdkapital angesiedelt.

Entsprechend groß war das Unverständnis, das am Montag am Markt darüber herrschte, dass die AT1-Gläubiger einen vollen Restrukturierungsbeitrag leisten müssen und ihr Geld damit komplett verlieren, während die Aktionäre immerhin noch mit Aktien der UBS entschädigt werden. Die Investoren reagierten darauf, indem sie auch AT1-Anleihen aus ihrem Depot warfen, was zu einem flächendeckenden Kursverfall in dieser Anlageklasse führte. Zudem sorgte die Frage für Verunsicherung, ob und in welchem Maße andere Banken von den Abschreibungen betroffen sind. Die Sorge, dass ein so radikaler Schritt auch innerhalb der Europäischen Union (EU) denkbar ist, versuchten die Europäische Zentralbank (EZB), der Single Resolution Board (SRB) und die Europäische Bankenaufsicht (EBA) in einer gemeinsamen Stellungnahme auszuräumen, in der sie bekräftigten, dass das harte Eigenkapital erst vollständig aufgebraucht sein muss, ehe zusätzliches Kernkapital herangezogen werden kann.

Der frühere Bundesbank-Bankenaufseher Andreas Dombret begrüßt den Credit-Suisse-Deal zwar und lobt die professionelle Umsetzung. Zugleich sieht er aber ein Risiko in der Größe des neuen Instituts. „Mit der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS wird die neue Bilanzsumme auf das Doppelte des Schweizer Bruttoinlandsprodukts steigen – eine ungesunde Relation“, sagt er im Interview der Börsen-Zeitung. Aber in der aktuellen Notlage sei das „nicht anders machbar“ gewesen.

Große Gefahren für den Bankensektor in Deutschland und in der Eurozone durch die Probleme bei der Credit Suisse oder auch im regionalen US-Bankensektor erwartet Dombret nicht: „Komplett immun gegen Panik an den Märkten sind die allerwenigsten, aber ich sehe keinen anderen Fall einer europäischen Bank mit einer ähnlichen Verwundbarkeit wie die der Credit Suisse“, sagt er: „Insofern sehe ich die Finanzstabilität in Europa zwar herausgefordert, aber nicht gefährdet.“

EZB-Präsidentin Christine Lagarde untermauerte am Montag ihre Einschätzung, dass das Bankensystem im Euroraum über eine robuste Kapital- und Liquiditätsausstattung verfüge und folglich widerstandsfähig sei. Zugleich betonte sie aber erneut, dass die EZB notfalls bereitstehe, mit allen nötigen Instrumenten für eine ausreichende Liquiditätsversorgung der Banken zu sorgen. Bereits am Sonntag vereinbarte die EZB in einer koordinierten Aktion mit anderen führenden Zentralbanken, das Sicherheitsnetz für Dollar-Liquidität über entsprechende Swap­linien zu verstärken.

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