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Bulbs riskante Wetten kosten Briten Milliarden

Der Gaspreisanstieg hat schon viele Energieanbieter in die Pleite getrieben. Bulb, die Nummer 7 auf dem britischen Markt, wird nun de facto verstaatlicht, damit die Kunden gut über den Winter kommen.

Bulbs riskante Wetten kosten Briten Milliarden

hip London

– Der siebtgrößte britische Energieanbieter, Bulb, ist de facto verstaatlicht worden, um sicherzustellen, dass bei seinen 1,7 Millionen Kunden diesen Winter das Licht an bleibt. Der High Court segnete auf Betreiben des Energieregulierers Ofgem den ersten Bail-out seit der Finanzkrise ab. Das Unternehmen wurde unter ein Special Administration Regime (SAR) ge­stellt, bis ein Käufer gefunden ist oder die Kunden zu einem anderen Anbieter wechseln konnten. Die Regierung schießt fast 1,7 Mrd. Pfund – 1 000 Pfund pro Kunde – ein, die wohl nie zurückgezahlt werden. Als Verwalter wurde Teneo Restructuring bestellt. Dort schätzt man die Kosten dafür, Bulb bis Ende April weiterzubetreiben der BBC zufolge auf 2,1 Mrd. Pfund.

Die Verbraucher sind durch die von Boris Johnsons Amtsvorgängerin Theresa May eingeführte Preisobergrenze vor bösen Überraschungen in ihren Strom- und Gasrechnungen geschützt. Viele Energievertriebsfirmen können die gestiegenen Kosten deshalb nicht an die Kunden weiterreichen. Sie können es sich aber auch nicht leisten, sie weiter zu den ursprünglich versprochenen Preisen zu beliefern. Mehr als 20 stellten ihre Geschäftstätigkeit in diesem Jahr ein.

Bulb ließ sich von Lazard beraten und hoffte auf einen Merger oder eine Kapitalspritze. Zu ihren Investoren gehören Yuri Milners Risikokapitalgesellschaft DST Global und der Hedgefonds Magnetar. Es dürfte allerdings schwer sein, einen Käufer für das Unternehmen zu finden, denn er müsste die Kunden mindestens bis zur nächsten Überprüfung der Preisobergrenze im April mit Verlust beliefern.

„Versagen der Aufsicht“

Ed Miliband, der im Falle eines Labour-Wahlsiegs Wirtschaftsminister würde, sprach von einem „Versagen der Aufsicht“. Für gewöhnlich sichern große Anbieter ihre Einkaufspreise für neun bis zwölf Monate im Voraus ab. Bulb tat das dagegen lediglich für drei Monate. Zumindest ist das einem Blogeintrag vom Februar 2020 zu entnehmen. Auf diese Weise konnte das Unternehmen Preissenkungen schneller an die Kunden weitergeben. Solange die Preise sinken, geht so etwas gut. Steigen sie dagegen stark, fährt das Unternehmen gegen die Wand, denn es ist langfristige Lieferverpflichtungen eingegangen und muss, um sie zu bedienen, zu hohen Preisen einkaufen. So ein Geschäftsmodell erinnert an den Hedgefonds LTCM oder die Pleitebank Northern Rock. Das Institut vergab vor seinem Zusammenbruch fast ein Fünftel aller Hypotheken in Großbritannien, verbriefte sie und reichte sie an Anleger weiter. Finanziert wurde das nicht über Kundeneinlagen, sondern, in dem Glauben, dort jederzeit an Geld kommen zu können, am internationalen Geldmarkt.

Bulb hatte zuletzt noch 8,5 Mill. Pfund auf dem Konto.

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