Hauptversammlung

Henkel verteidigt Russlandgeschäft

Das Vorgehen des Klebstoff- und Konsumgüterkonzerns vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs ist zum Topthema der Hauptversammlung geworden.

Henkel verteidigt Russlandgeschäft

ak Düsseldorf

 Henkel hält trotz Kritik weiter an der Produktion in Russland fest. „Die lokale Produktion und den Verkauf im Land führen wir zurzeit fort“, sagte Konzernchef Carsten Knobel am Montag auf der Hauptversammlung des Konsumgüter- und Klebstoffherstellers. Er fügte hinzu: „Wir schließen weitere Schritte nicht aus.“

Henkel betreibt in Russland elf Produktionsstandorte mit rund 2500 Beschäftigten. Der Umsatz betrug im vergangenen Jahr knapp 1 Mrd. Euro, das sind etwas weniger als 5% des Konzernumsatzes.

Wie andere direkte Wettbewerber auch hat der Dax-Konzern Investitionen, Werbung und Sponsoring in Russland gestoppt. Die Produktion in allen drei Unternehmensbereichen läuft weiter. Laut Knobel stellt Henkel in Russland Klebstoffe für Bauhandwerk und Heimwerker sowie Körperpflege und Reinigungsmittel her – zum allergrößten Teil für den dortigen Markt. Vorprodukte würden nicht gefertigt.

Konkurrentin Beiersdorf hat nach eigenen Angaben in Russland die Geschäftsaktivitäten der Luxusmarke La Prairie und der Klebstoffmarke Tesa eingestellt und stellt russischen Kunden nur noch Produkte zur elementaren Haut- und Körperpflege zur Verfügung. Procter & Gamble will das Portfolio in Russland „beträchtlich reduzieren“.

Jella Benner-Heinacher, Aktionärsvertreterin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, verwies auf ein mögliches Reputationsproblem, wenn Henkel – anders als andere Konzerne – weiter in Russland aktiv bleibe.

Schreckgespenst Enteignung

Die derzeitige Fortsetzung der Produktion sei angesichts des schwachen Rubel keine Frage des Profits, betonte Knobel. Ein Stopp der russischen Geschäfte könne weitreichende Konsequenzen haben, auch für die Mitarbeiter vor Ort. „In Russland besteht die Gefahr, dass ausländische Unternehmen von der Regierung in Zukunft enteignet werden können. Und ihre lokalen Manager haftbar gemacht werden, wenn sie die Geschäfte einstellen“, sagte Knobel.

Henkel sieht derzeit noch keinen Wertberichtigungsbedarf auf langfristige Vermögensgegenstände. Die Aktiva in Russland belaufen sich laut Finanzvorstand Marco Swoboda auf knapp 2% der Bilanzsumme. Das würde rund 650 Mill. Euro entsprechen. Henkel prüfe jedoch eine potenzielle Erhöhung der Wertberichtigungen auf Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie auf Vorräte. Die in Teilen bestehenden Kreditversicherungen seien gekündigt worden.

Die Prognose 2022 hat Henkel-Chef Knobel mit einem dicken Fragezeichen versehen. Bereits Ende Januar hatte der Konzern den bislang geltenden Ausblick veröffentlicht. „Der Krieg in der Ukraine, die Sanktionen und weiter steigende Preise für Energie und Logistik waren zu diesem Zeitpunkt in diesem Ausmaß nicht abzusehen“, erläuterte Knobel. So seien die möglichen weitreichenden Auswirkungen des Krieges noch nicht berücksichtigt. Henkel will eigentlich organisch in diesem Jahr um 2 bis 4% zulegen. Angesichts der hohen Rohstoffkosten – der Vorstand rechnete bereits im Januar mit einem Preisanstieg in der Größenordnung um 15% – dürfte die bereinigte Ebit-Marge im Jahresvergleich wohl nochmals sinken: 11,5 bis 13,5% lautet die Schätzung. 13,4% waren es 2020. Auf den noch gestiegenen Kostendruck werde der Persil- und Pritt-Hersteller mit weiteren Effizienz- und Preismaßnahmen reagieren, hieß es. CFO Swoboda merkte jedoch auch an, dass Preissteigerungen nicht immer vollständig und sofort weitergereicht werden könnten.

Weitere Portfoliomaßnahmen

Das weitere Augenmerk der Aktionäre auf der Hauptversammlung lag auf der geplanten Zusammenlegung der Wasch- und Reinigungsmittel mit den Kosmetikaktivitäten zum neuen Unternehmensbereich Consumer Brands. Knobel bekräftigte, in diesem Jahr Kosmetikgeschäfte und -marken mit einem Umsatzvolumen von rund 200 Mill. Euro einstellen zu wollen, weil sie den Anforderungen von Henkel an Marge und Zukunftsperspektive nicht mehr genügten. Der Konzernchef ließ durchblicken, dass es dabei nicht bleiben müsse: „Wir erwägen auch weitergehende Anpassungen im künftigen Consumer-Brands-Portfolio.“

Knobel bekräftigte zudem, dass Henkel nach der Zusammenlegung in neue Produktkategorien expandieren könne, die heute weder zur Kosmetik noch zu den Wasch- und Reinigungsmitteln passen würden. Synergien will Henkel in der neuen größeren Einheit der Markenartikel in der Verwaltung, im Vertrieb und im Marketing heben. Konkret ist das alles noch nicht. Weitere Details will Henkel zusammen mit den Zahlen des ersten Quartals am 5. Mai nennen.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.