Telekommunikation

KKR will Telecom Italia übernehmen

Die Offerte des Finanzinvestors KKR für Telecom Italia stößt auf ein geteiltes Echo. Während die Regierung den Deal nicht rundweg ablehnt, hält TIM-Großaktionär Vivendi den Preis für unzureichend.

KKR will Telecom Italia übernehmen

bl Mailand – Der Finanzinvestor KKR hat ein nichtbindendes Angebot für Telecom Italia (TIM) eingereicht. Die Amerikaner bieten mit 55,5 Euro-Cent einen Aufschlag von 60% gegenüber dem Schlusskurs von 34,65 Cent am Freitag. Insgesamt sind das 11 Mrd. Euro für das mit Schulden von 35 Mrd. Euro belastete Unternehmen.

Der TIM-Verwaltungsrat teilte mit, es handle sich um ein freundliches Angebot. Die Amerikaner bedingen sich eine vierwöchige Due-Diligence-Phase aus und streben – vorbehaltlich der Zustimmung der Geschäftsführung und der italienischen Regierung – eine Mehrheit von mindestens 51% des Kapitals an, um TIM in einem zweiten Schritt von der Börse zu nehmen.

In Italien kursieren Gerüchte, der Fonds CVC und die Private-Equity-Gesellschaft Advent planten ein Gegenangebot. Der französische TIM-Großaktionär Vivendi, der 23,8% der Anteile kontrolliert, wies die KKR-Offerte als „ungenügend“ zurück, dementierte aber, mit CVC an einem Gegenangebot zu arbeiten. Aus Paris hieß es, man wolle langfristiger Aktionär bleiben und mit der Regierung in Rom kooperieren. Das Thema könnte in dieser Woche Gegenstand von Gesprächen des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron mit Italiens Premierminister Mario Draghi im Rahmen des Abschlusses eines Kooperationsvertrages sein.

CEO Gubitosi unter Druck

Vivendi ist extrem unzufrieden mit TIM-CEO Luigi Gubitosi, der nach zwei Gewinnwarnungen innerhalb von drei Monaten und einem Gewinneinbruch im dritten Quartal massiv unter Druck steht. Ein dramatischer Misserfolg war auch der Deal mit der Streamingplattform Dazn zur Übertragung von Fußballspielen der Serie A: Die Abonnentenzahlen blieben weit hinter den Erwartungen zurück. Es kommt hinzu, dass der französische Konkurrent Illiad auch ins Festnestgeschäft einsteigen will und die Konkurrenzsituation damit verschärft. Vivendi unterstellt Gubitosi, womöglich hinter dem KKR-Vorstoß zu stehen: Der CEO hatte den Einstieg von KKR bei der TIM-Festnetzgesellschaft Fibercorp ausgehandelt.

KKR hält daran 37,5%, TIM 58%. Fibercorp sollte eigentlich mit der zu 60% von der mehrheitlich staatlichen Förderbank Cassa Depositi e Prestiti (CDP) kontrollierten Netzwerkgesellschaft Open Fiber zusammengelegt werden. Doch das Projekt ist ins Stocken geraten – auch weil die EU-Kommission eine monopolistische staatliche Netzwerkgesellschaft ablehnt.

Das Desaster bei TIM spiegelt sich im Börsenkurs wider: Binnen fünf Jahren sackte die Notiz um die Hälfte ab. Eine schlechte Nachricht für das hochverschuldete Unternehmen war zuletzt die Herabstufung des Ratings durch die Agentur Standard & Poor’s von „BB+“ auf „BB“. Am Montag schoss die Aktie um 32,21% auf 45,81 Euro-Cent nach oben.

Die Regierung in Rom könnte eine Übernahme blockieren: Über die mehrheitlich staatliche Förderbank Cassa Depositi e Prestiti (CDP) ist sie mit knapp 10% an TIM beteiligt. Vor allem aber sind die Befugnisse der Regierung, Übernahmen durch ein Veto zu blockieren, in den Jahren 2019 und 2020 massiv ausgeweitet worden. Im April untersagte Draghi der chinesischen Shenzhen Investment Holding die Übernahme von 70% der in der Halbleiterbranche tätigen Lpe SpA aus Mailand.

Strategische Interessen

Rom ist einerseits daran gelegen, ausländische Investoren nicht abzuschrecken und andererseits strategische Interessen zu schützen. TIM gilt wegen des Telekommunikationsnetzes als zentral und hat eine wichtige Rolle in den Plänen für eine digitale Transformation des Landes. Die Regierung begrüßte, dass Investoren Interesse an TIM bekunden. Gleichzeitig hieß es, man verfolge die Entwicklung genau. Entscheidend soll das Votum einer Taskforce sein, die schon in den nächsten Tagen zusammenkommen will. Sie besteht aus Wirtschaftsminister Daniele Franco, Digitalisierungsminister Vittorio Colao, Industrieminister Giancarlo Giorgetti sowie diversen Fachleuten.

TIM gilt als Musterbeispiel für eine verfehlte Privatisierungspolitik. Das Unternehmen hat seit der Privatisierung in den 90er Jahren eine Vielzahl von Eigentümerwechseln erlebt und ging daraus deutlich geschwächt hervor.

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