Medien-Champion

Letzte Chance für das Brautpaar TF1/M6

In einer ersten Stellungnahme hat die französische Wettbewerbsbehörde erhebliche Bedenken gegen die Fusion der beiden größten französischen Privatsendergruppen geäußert.

Letzte Chance für das Brautpaar TF1/M6

wü Paris – Es sei die letzte Chance für die beiden Sendergruppen, die Wettbewerbshüter doch noch zu überzeugen, urteilen französische Medien. Nachdem die Kartell­wächter in einer ersten, vorläufigen Stellungnahme erhebliche Bedenken geltend gemacht hat, geben sie TF1 und M6 jetzt Gelegenheit, ihre Ar­gumente für den vor gut einem Jahr eingefädel­ten Zusammenschluss vor­­zubringen.

Die Anhörung der beiden größten privaten Fernsehgruppen Frankreichs vor dem Kolleg der Wettbewerbsbehörde hat am Montag begonnen und soll Dienstag fortgesetzt werden.

Entscheidung im Oktober

Das Kolleg ist nicht gezwungen, der ersten Stellungnahme der Wettbewerbshüter zu folgen. Sein ab­schließendes Urteil wird Mitte Oktober erwartet. Auch die Regierung könnte sich noch darüber hinwegsetzen, wenn sie der Meinung ist, für das Allgemeinwohl wäre es besser. Das Projekt, aus dem ein Medien-Champion mit einem Umsatz von 3,4 Mrd. Euro entstehen soll, um den Tech-Plattformen aus den USA Paroli zu bieten, spaltet in Frankreich die Gemüter. Denn die fusionierte Sendergruppe käme beim Zuschaueranteil auf 41% und beim TV-Werbemarkt auf einen Marktanteil von 75%. TF1 und M6 plädieren deshalb dafür, zusätzlich zur Fernsehwerbung auch den Werbemarkt im Internet zugrunde zu legen. Dadurch würde sich ihr Marktanteil laut „Le Monde“ auf 42% verringern.

Die in der vorläufigen Stellungnahme vorgeschlagenen Auflagen sind nach Ansicht von TF1-Mutter Bouygues und von M6-Mehrheitsaktionär RTL so hoch, dass sich die Fusion nicht mehr lohnen würde. Sie sollen deshalb im August weitere Konzessionen vorgeschlagen haben, um die geplanten Synergien von 250 bis 350 Mill. Euro durch den Zusammenschluss zu erreichen. So sollen sie laut französischen Medien bereit sein, die Werbeabteilungen von TF1 und M6 nicht zu fusionieren, sondern zunächst für drei Jahre getrennt zu lassen und keine gemeinsamen Angebote zu machen. Laut „Les Echos“ könnten sie weitere Zugeständnisse machen, die Werbeabteilungen noch länger getrennt zu lassen, genau wie die Werbeabteilungen der anderen, kleineren Sender der beiden Gruppen.

Unterschiedliche Positionen

Werbekunden der beiden Sendergruppen sind gegen die Fusion, da sie fürchten, dass dadurch weniger Wettbewerb herrschen wird und die Preise steigen werden. Iliad-Gründer Xavier Niel hat mehrfach vergeblich versucht, vor dem Staatsrat gegen den geplanten Zusammenschluss von TF1 und M6 vorzugehen. Niel sorgt sich, dass die fusionierte Gruppe in Verhandlungen über die Ausstrahlung ihrer Sender über die Box seines Telekomanbieters Free die Muskeln spielen lässt.

Dagegen hat sich die Gesellschaft der Autoren und Komponisten von Bühnenwerken SACD für die Senderfusion ausgesprochen, da sie ihrer Meinung nach eine geeignete Antwort auf das Erstarken von Plattformen wie Netflix und Amazon ist. Die Chefin der öffentlich-rechtlichen französischen Sender France Télévision befürwortet die Heirat von TF1 und M6 ebenfalls.

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