Internetdienstleister

Lockdowns schieben Geschäft von Meituan an

Beim chinesischen Essenslieferer und Online-Diensteanbieter Meituan stellt sich trotz angeknackster chinesischer Konsumkonjunktur ein überraschend hohes Wachstum im dritten Quartal ein.

Lockdowns schieben Geschäft von Meituan an

nh Schanghai

Der chinesische Internetdienstleister Meituan überrascht mit einer kräftigen Ausweitung der Erlöse im dritten Quartal, die in erster Linie auf neuen Schwung im Geschäft mit Essenslieferungen und Frischwarenzustellung beruhen. Die Konzernumsätze kletterten im Vergleich zur Vorjahresperiode um 28% auf 62,6 Mrd. Yuan (8,7 Mrd. Euro). Damit hebt sich Chinas drittgrößter Internet- und Technologiekonzern positiv von Sektornachbarn wie Alibaba und Tencent ab, die im Zuge des von Corona-Restriktionen stark eingetrübten Konsumklimas ihre gewohnte Wachstumsdynamik fast vollständig eingebüßt haben.

Während der Onlinehandelsriese Alibaba zuletzt im dritten Quartal im Zuge der Konsumzurückhaltung und logistischen Herausforderungen durch immer neue Mobilitätsrestriktionen und Lockdown-Maßnahmen nur noch schleppendes Wachstum aufwies, konnte Meituan von Anpassungsreaktionen der chinesischen Konsumenten auf andauernde Lockdown-Gefahren und Kontaktverfolgungsmechanismen profitieren.

Die Null-Covid-Politik der chinesischen Regierung löst nicht nur Lockdown-Sperren in Wohngebieten aus, die Bewohner zunehmend auf Onlinekanäle für ihren Lebensmittelbedarf angewiesen macht, sondern bedingt auch Zwangsquarantänemaßnahmen für Kontaktpersonen von Corona-Ansteckungsfällen. Da­mit scheuen immer mehr Chinesen den Gang in den Supermarkt oder den Gaststättenbesuch, weil diese von der Corona-App registriert werden und Auslöser für eine Kontaktwarnung sein können, die zu einer Zwangseinweisung in Quarantäne­lager mit horrenden Aufenthalts­bedingungen führt. Bei der Bean­spruchung von Kurierdiensten für Essens- und Lebensmittellieferungen hingegen gehen Transaktionen nicht in das Kontaktverfolgungssystem ein.

Die mit 70% Marktanteil im chinesischen Essensliefergeschäft dominierende Meituan profitiert gleichzeitig auch in ihrem relativ neuen Meituan Select genannten E-Commerce-Geschäft für lokale Frischwarendienste von den wachsenden Risiken für chinesische Verbraucher, sich im physischen Einzelhandel und Gaststättengewerbe zu versorgen. Allerdings ist Meituan mit ihren Ticketbuchungs- und Reisediensten auch in Geschäftssegmenten unterwegs, die unter der Null-Covid-Politik gewaltig leiden.

Durch wachsende Losgrößen­effekte und bessere Auslastung des Kurier- und Logistiknetzes konnte Meituan die Stückkosten in ihren Bestellungsdiensten weiter zurückfahren. Ähnliche Effekte sieht man beim Erzkonkurrenten Eleme, der dem Verbund von Alibaba und dem Zahlungssystembetreiber Alipay (Ant Group) angehört und die Anlaufverluste des Essensliefergeschäfts im Septemberquartal deutlich reduzieren konnte. Neben Kostensenkungseffekten trugen auch Steuererleichterungen dazu bei, dass der Meituan-Konzern nach sieben Verlustquartalen in Folge nun früher als erwartet wieder in die Gewinnzone zurückkehrt. Für die zurückliegende Periode wird ein Nettogewinn von 1,2 Mrd. Yuan ausgewiesen.

An der Börse dürften die am Freitag nach Handelsschluss veröffentlichten Quartalszahlen vor allem aufgrund der über den Analystenerwartungen liegenden Wachstumsdynamik wieder für etwas Rückenwind sorgen. Als Belastung für die Meituan-Aktie erweist sich allerdings die Tatsache, dass der Tencent-Konzern unter dem Druck der chinesischen Tech-Regulierungskampagne seine starke Verflechtung mit anderen chinesischen Internetanbietern aufgeben muss und seine 17-%-Beteiligung an Meituan weitgehend auflösen wird. Dabei will Tencent das Paket in Form einer Sonderdividende an ihre Aktionäre weiterreichen. Tencents größter Einzelaktionär, die südafrikanische Tech-Beteiligungsgesellschaft Napster, wird dabei einen Anteil von knapp 5% an Meituan übertragen bekommen, will diesen jedoch nach jüngsten Aussagen selber wieder abverkaufen.

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