Lufthansa schnell zurück am Kapitalmarkt

Die Folgen der Coronavirus-Pandemie haben der Luftfahrtbranche schwer zugesetzt. Die Lufthansa musste wie andere große Fluggesellschaften zeitweise um ihr Überleben bangen.

Lufthansa schnell zurück am Kapitalmarkt

Von Lisa Schmelzer, Frankfurt

Es war eine arge Hängepartie im Frühjahr des vergangenen Jahres. Wochenlang ging es hin und her, obwohl es eigentlich schnell gehen musste. Denn die Lufthansa verbrannte Stunde für Stunde 1 Mill. Euro und die Liquiditätsreserven, die zu Beginn der Coronavirus-Pandemie nicht allzu üppig waren, schmolzen dahin. Doch die Verantwortlichen des deutschen Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) wollten ihr Investment mit einer Beteiligung an der Lufthansa absichern, die Österreicher drangen auf Garantien für die Beschäftigten und die EU-Kommission in Brüssel drohte mit aus Sicht der Lufthansa harschen Auflagen. „Das, was wir in den Verhandlungen erreichen konnten, war angesichts der Situation sehr beschränkt“, gab Lufthansa-Aufsichtsratschef Karl-Ludwig Kley zu Protokoll.

Sofort an die Arbeit

Die Bundesregierung und die Deutsche Lufthansa einigten sich schließlich Anfang Juni 2020 auf ein umfangreiches Rettungspaket, das die Zufuhr von Eigenkapital und eigenkapitalähnlichen Einlagen von bis zu 6 Mrd. Euro sowie besicherte Kredite von 3 Mrd. Euro vorsah. Nachdem das Stabilisierungspaket von März bis Juni 2020 verhandelt worden war, habe man sich anschließend „sofort“ mit den Refinanzierungsoptionen beschäftigt, sagt Wilken Bormann, Executive Vice President Group Finance der Lufthansa Group. Die schließlich im November platzierte Wandelanleihe sei „sauber durch das Corporate Finance Team vorbereitet worden, um dann anschließend den richtigen Zeitpunkt zu nutzen“. Der sei nach Meinung der Lufthansa-Verantwortlichen gekommen gewesen, als Anfang November erste positive Nachrichten zu Impfstoffen gegen das Coronavirus aufkamen – „da haben wir den Knopf gedrückt“. Die Lufthansa lancierte eine Wandelanleihe, die dem Unternehmen mit einem Erlös von 600 Mill. Euro mehr einbrachte als die ursprünglich geplanten 400 bis 500 Mill. Euro und das zu einem günstigeren Kupon (2%) als zunächst erwartet (nicht mehr als 3%). Auch bei der Anleihe über 1 Mrd. Euro, die Ende November folgte, seien die Konditionen besser gewesen als zunächst geplant, so Bormann. Die Wandelanleihe sei mehr als 6-fach, die Anleihe 4-fach überzeichnet gewesen. Die schnelle und erfolgreiche Rückkehr an den Kapitalmarkt beeindruckte auch die Jury des Corporate Finance Award der Börsen-Zeitung, die Lufthansa in der Kategorie Debt auszeichnete.

Auch 2021 ist Lufthansa bereits am Kapitalmarkt aktiv gewesen. Anfang Februar wurde eine Anleihe mit einem Gesamtvolumen von 1,6 Mrd. Euro begeben. Die erste Tranche mit einer Laufzeit bis zum 11. Februar 2025 hat ein Volumen von 750 Mill. Euro und wird mit 2,875% pro Jahr verzinst. Die zweite Tranche mit einer Laufzeit bis zum 11. Februar 2028 hat ein Volumen von 850 Mill. Euro und ist mit einem Kupon von 3,75% versehen.

Schnelles Handeln bei der Refinanzierung ist auch deshalb angeraten, weil die Gelder vom Staat Jahr für Jahr teurer werden. Die Verzinsung ist gestaffelt und beträgt 4% für die Jahre 2020 und 2021. In den folgenden Jahren steigt sie bis auf 9,5% im Jahr 2027 an.

Konzernchef Carsten Spohr betont stets, man verschulde sich lieber am Kapitalmarkt als bei den deutschen Steuerzahlern. Zuletzt hatte er angekündigt, die Rettungsmittel „hoffentlich noch vor der Bundestagswahl“ am 26. September zurückzahlen zu können. „Da sind wir dran“, so Spohr. Nach den zuletzt veröffentlichten Zahlen hat Lufthansa von der Bundesregierung bisher 2,3 Mrd. Euro in Anspruch genommen und davon den KfW-Kredit über 1 Mrd. Euro zurückgezahlt. Von den übrigen Staaten wurden 1,2 Mrd. Euro gezogen.

Mitte Juni läutete der MDax-Konzern die Vorbereitungen zu einer Kapitalerhöhung ein, mit der die Hilfe beglichen werden könnte. Diese soll dem Vernehmen nach ein Volumen von rund 3 Mrd. Euro haben. Sobald die stille Einlage des Staates über 1 Mrd. Euro getilgt ist, kann der WSF das Aktienpaket von 20%, das im Zuge der Rettungsmaßnahme erworben worden war, verkaufen. Der vereinbarte Mindestveräußerungspreis entspricht dem Nennwert je Aktie von 2,56 Euro plus einer jährlichen Verzinsung von 12%.

Der Staat hat bisher mit dem Engagement bei der Lufthansa ein gutes Geschäft gemacht. Eingestiegen wurde zum Nennwert von 2,56 Euro je Aktie, der Aktienkurs liegt derzeit bei knapp 10 Euro und dürfte sich angesichts des wieder anziehenden Geschäfts weiter erholen. Einen Stand von rund 10 Euro hatte die Aktie auch im April dieses Jahres, damals verwies die Lufthansa darauf, dass der Staat mit seinem Investment aktuell einen Buchgewinn von über 1 Mrd. Euro gemacht habe.

Steigt der Staat wieder aus, wäre die Airline auch die Auflagen los, die sie im Gegenzug für staatliche Hilfe einhalten muss: das Verbot, Dividende an Aktionäre zu zahlen, oder Zinsen an Anleihebesitzer oder Bonuszahlungen an Führungskräfte. Kürzlich musste Lufthansa die Zinszahlungen für eine Hybridanleihe auf Eis legen – in deren vertraglichen Bestimmungen wird die Möglichkeit einer Aussetzung der Zinsen ausdrücklich eingeräumt, daher wertet die EU-Kommission die Zahlungen als „freiwillig“ und damit als Verstoß gegen die mit der Staatshilfe verbundenen Auflagen. Für die Kombination aus Krediten und stillen Einlagen bei der staatlichen Finanzspritze hatte man sich laut Jutta Dönges, der Geschäftsführerin der Deutschen Finanzagentur und damit für die Verwaltung des insgesamt 600 Mrd. Euro schweren WSF verantwortlich, im vergangenen Jahr entschieden, weil bei der Lufthansa ein großer Liquiditätsbedarf zu decken war. „In manchen Fällen wäre die Zufuhr von Fremdkapital als eine eher kurzfristige Liquiditätsmaßnahme ausreichend. In anderen Situationen entstehen Verluste, die sich langsam, aber sicher ins Eigenkapital hineinfressen. Das war hier der Fall und hat uns dazu bewogen, mit einem starken Eigenkapitalinstrument in die Stabilisierung zu gehen“, erläuterte Dönges in einem Interview der Börsen-Zeitung (vgl. BZ vom 28.7.2020). Die Gabe von „reinem Eigenkapital“ sei nicht in Frage gekommen.

Riesenloch

„Als wir mit den Stabilisierungsüberlegungen anfingen, lag die Marktkapitalisierung bei 4 Mrd. Euro, und das Loch, das es zu stopfen galt, bei 9 Mrd. Euro. Da kommen Sie mit einer Kapitalerhöhung natürlich nicht besonders weit. Deswegen war die stille Beteiligung das Mittel der Wahl.“ Wenn der WSF aber so viel Kapital bereitstelle, müsse man sicherstellen, dass dieses Kapital geschützt sei, etwa gegen die Möglichkeit von Übernahmen. Man habe deshalb die Möglichkeit, die Beteiligung aufzustocken, um Schutz vor Übernahmen zu gewähren, „aber auch im Falle von Kapitalerhöhungen mitziehen zu können“. Letzteres könnte demnächst – dem Vernehmen nach soll die geplante Kapitalerhöhung im Juli umgesetzt werden – virulent werden.

Bisher erschienen:

Curevac (26.5.)

Ceconomy (18.6.)

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Deutsche Börse (4.6.)

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