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Mytheresa zufrieden mit US-Listing

Nach der Rückzahlung von Schulden will der Online-Luxusmodehändler Mytheresa mit den verbleibenden Einnahmen aus dem Börsengang das Wachstum vor allem in den USA und in China anschieben.

Mytheresa zufrieden mit US-Listing

Von Helmut Kipp, Frankfurt

Nach der Rückzahlung von Schulden will der Luxusmodeverkäufer My­theresa mit den verbleibenden Einnahmen aus dem Börsengang das Wachstum anschieben. In den beiden großen Luxusmärkten der Welt, USA und China, sieht sich das Unternehmen aus München noch unterrepräsentiert. Zufrieden zeigt sich der Online-Händler mit der Entscheidung, in New York und nicht in der Heimat in Deutschland an die Börse zu gehen. Die globale Ausrichtung des Geschäfts und das Wachstumspotenzial des US-Marktes hätten für eine Notierung in den USA gesprochen, sagt Finanzvorstand Martin Beer im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Zudem sei die New York Stock Exchange ein hochliquider Markt. Die Analysten, die Mytheresa begleiten, seien sehr aktiv.

Die Börse bewertet das Unternehmen, das im Geschäftsjahr 2020/21 zwischen 600 Mill. und 605 Mill. Euro Umsatz anstrebt, mit stolzen 2,2 Mrd. Euro. Schon während des IPOs im Januar war die Bewertung nach oben geschossen, denn der Ausgabepreis von 26 Dollar lag weit über der ursprünglichen Preisspanne von 16 bis 18 Dollar. „Abgesehen von einer kurzen Ausnahme ist der Kurs nie unter Ausgabepreis gefallen“, betont Beer. „Das zeigt die Stabilität auf der Investorenseite, aber auch unsere gute operative Performance.“

Im Streubesitz befinden sich 20% des Aktienkapitals. An der Börse werden Hinterlegungsaktien (ADS) der niederländischen Muttergesellschaft MYT Netherlands gehandelt. Bei den neuen Anteilseignern handele es sich um langfristig orientierte Value- und Growth-Investoren vor allem aus den USA, aber auch aus Asien und Europa, sagt Beer. Ein Zweitlisting in Deutschland sei derzeit nicht geplant. Dazu müsste seiner Meinung nach auch der Streubesitz größer sein. Mytheresa gehörte seit 2014 zur US-Nobelkaufhauskette Neiman Marcus, die aber im vergangenen Jahr in die Insolvenz rutschte. Seither kontrollieren Finanzinvestoren das Unternehmen.

„Die Entscheidung für New York war keine gegen Frankfurt oder Amsterdam“, versichert der Manager, der 2019 zu Mytheresa kam. Das Unternehmen liefere in 133 Länder, gut 80% des Umsatzes würden außerhalb Deutschlands erzielt. „Um dieser internationalen Ausrichtung Rechnung zu tragen, ist New York ein gutes Signal.“ Hinzu komme, dass die USA für Mytheresa ein strategischer Wachstumsmarkt sei. Das Listing steigere die Markenbekanntheit in den Vereinigten Staaten, was zum Umsatzsprung in den USA von 76% im vergangenen Quartal beigetragen habe.

Über ihren Onlineshop vertreibt Mytheresa Designermodemarken wie Gucci, Saint Laurent, Prada, Burberry und Valentino. Das Unternehmen agiert als klassischer Händler, kauft und verkauft also auf eigene Rechnung. Hauptwettbewerber sind andere Multi-Brand-Onlineshops wie Net-A-Porter, die zur Richemont-Gruppe gehört, und Matches. Die Pandemie wirkt sich zwiespältig aus: Einerseits profitiert Mytheresa wie der gesamte Internethandel von der beschleunigten Nachfrageverlagerung auf Online-Kanäle, andererseits gab es kaum Events und Empfänge, was den Absatz dämpft.

Berater für Top-Kundinnen

Mit dem IPO-Mittelzufluss von netto 283 Mill. Euro habe Mythe­resa Gesellschafterdarlehen über 172 Mill. Euro getilgt und den unterjährigen Working-Capital-Kredit zurückgefahren. So verbleibe ein Cash-Polster von rund 60 Mill. Euro. „Das ist eine sehr gute Ausgangsposition für das geplante starke Wachstum“, sagt Beer. „Mytheresa ist schuldenfrei und kann diese Expansion aus eigener Kapitalkraft und dem Cash-flow finanzieren.“ Geplant ist, in den Wachstumsmärkten vor Ort operative Ressourcen zu platzieren, um Marketing, PR und Events auszubauen. Zudem wird die Anzahl der Personal Shopper deutlich ausgebaut, die sich intensiv um Top-Kunden kümmern. Auf 3% der Kunden entfallen nämlich 30% des gesamten Umsatzes. „Diese Top-Kundinnen kaufen im Schnitt 15- bis 20-mal pro Jahr und machen mehr als 20000 Euro Jahresumsatz mit uns. Das rechtfertigt dann eine persönliche Betreuung“, argumentiert Beer.

Ausschüttungen an die Aktionäre seien kein Thema, stellt der CFO klar. „Wir haben beim Börsengang angekündigt, keine Dividende zu zahlen. Die Investoren wollen, dass wir uns auf das Wachstum konzentrieren.“ Für die nächsten fünf Jahre plant Mytheresa mit 22 bis 25% Umsatzausweitung jährlich und einer bereinigten Ebitda-Marge von 7 bis 9%. In den vergangenen fünf Geschäftsjahren sei das Unternehmen im Schnitt um 25% gewachsen und stets profitabel gewesen. „Das zeigt die Stabilität des Geschäftsmodells“, sagt der frühere McKinsey-Berater. Für das laufende Geschäftsjahr, das am 30. Juni endet, peilt das Management eine bereinigte Ebitda-Marge von 9,1 bis 9,8% an. Die Ausgaben für Marketing will Beer bei etwa 13% des Umsatzes halten. Allerdings soll sich die Zusammensetzung etwas verändern – weniger Performance- und Online-Marketing (Kostenanteil bisher 85%) und mehr PR-Events und Aktionen zur Steigerung der Markenbekanntheit gerade in den Wachstumsmärkten USA und China.

Ende März hatte Mytheresa 621000 aktive Kunden. Wichtigste Abnehmer sind beruflich erfolgreiche Frauen, etwa Selbständige oder Top-Anwältinnen. „Also reiche Frauen, nicht Frauen reicher Männer“, betont Beer. Neben Damenmode verkauft Mytheresa Kinder- und seit Januar 2020 auch exklusive Männermode. Der Männeranteil liege bereits bei 9 bis 10%. Den durchschnittlichen Warenkorb beziffert der CFO auf 600 Euro je Bestellung. Nach zwölf Monaten seien 80% der Ware einer Saison abverkauft, nach 21 Monaten 95%. Das sei eine hohe Quote, die zurückgeschickte Ware einschließe. Zur Höhe der Retourenquote macht das Unternehmen aber keine Angaben.

Verschickt werden die Bestellungen aus dem zentralen Logistikzen­trum bei München. Die Auslieferung übernehmen Partner wie DHL, UPS oder Fedex. „Bestellungen, die bis 16.30 Uhr ankommen, werden in ganz Europa am nächsten Tag ausgeliefert. In zwei Tagen sind die Pakete in den USA, in drei bis vier Tagen in Asien“, sagt Beer. 60% des Umsatzes entfallen auf Europa, 12% steuern die USA bei.