Klimaschutz

„Netto null“ macht die Runde

Mit ihren aktuellen Konzepten zur Treibhausgasreduktion werden die Unternehmen aus den G7-Staaten den Pariser Klimazielen noch nicht gerecht. Dennoch ist die Zahl der Firmen mit einem „Netto null“-Emissionsziel stark gestiegen.

„Netto null“ macht die Runde

kro Frankfurt

− Auch ohne regulatorische Anforderung verpflichten sich in Europa laut einer Studie immer mehr börsennotierte Unternehmen zur Netto-Treibhausgasneutralität ab einem bestimmten Zeitpunkt. Bis August dieses Jahres hat sich demnach bereits fast ein Drittel der 1022 größten gelisteten Unternehmen das sogenannte Netto-null-Emissionsziel auf die Fahne geschrieben, wie eine Analyse des Beratungsunternehmens Accenture ergeben hat. Dabei geht es um die Reduktion aller vermeidbaren CO2-Emissionen in der gesamten Wertschöpfungskette so­wie um den Ausgleich von unvermeidbaren Emissionen, zum Beispiel über Aufforstungsprojekte oder die Verwendung von Pflanzenkohle, die ebenfalls CO2 bindet.

Bei den 303 Unternehmen, die sich „netto null“ bislang zum Ziel gesetzt haben, handelt es sich laut der Untersuchung denn auch um die größten Verursacher des klimaschädlichen Gases. Sie sind zusammengerechnet für 67 % der aktuellen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Im Durchschnitt wollen die Unternehmen „netto null“ bis zum Jahr 2043 erreichen. Dabei gebe es bereits klare Anzeichen für Fortschritte, schreiben die Autoren. So hätten in der vergangenen Dekade bereits 9 % der Firmen ihre Emissionen schon zur Hälfte reduziert. Im Durchschnitt lag die Senkungsrate bei 10 %. Demgegenüber seien die Emissionen bei den Unternehmen, die sich noch kein Netto-null-Ziel gesetzt haben, weiter gestiegen.

Trübe Zwischenbilanz

Trotz der bisherigen Fortschritte gibt es laut der Untersuchung bei den allermeisten Firmen noch großen Aufholbedarf, um das jeweils gesteckte Ziel der Netto-Treibhausgasneutralität zu erreichen. Gerade mal 5 % der Firmen − meist aus den Bereichen Finanzdienstleistungen, Immobilien oder Gastgewerbe − seien hier mit einer bisherigen durchschnittlichen Senkungsrate von 7 % oder mehr auf einem guten Weg. Alle anderen müssten ihr Tempo bei der Emissionsreduktion deutlich be­schleunigen. Dies gelte im Besonderen für die Automobilindustrie, für das Baugewerbe und für weitere Bereiche im fertigenden Gewerbe, aber auch für den Dienstleistungssektor. Allein Letzterer müsse seine Anstrengungen in den nächsten zehn Jahren verdoppeln und danach um weitere 50 bis 70 % beschleunigen, um bis 2050 unterm Strich treibhausgasneutral unterwegs zu sein, wie es in der Studie heißt. Bis dahin soll in der gesamten EU Klimaneutralität herrschen, damit die globale Erwärmung gemäß dem Pariser Klimaabkommen auf deutlich unter zwei Grad Celsius und möglichst unter 1,5 Grad Celsius begrenzt werden kann. Laut einer Auswertung der globalen Science Based Targets Initiative (SBTi), einer Allianz aus führenden Umweltschutzorganisationen, kamen im Juni die damals noch 30 Unternehmen im Dax dem Ziel im Vergleich zu anderen Leitindizes der G7-Länder noch am nächsten.

Der nötige Antrieb kommt nicht zuletzt immer häufiger auch von Seiten der Investoren. Bei den europäischen Vertretern der 2000 größten Firmen der Welt sei das Thema „netto null“ zuletzt in jeder zweiten Telefonkonferenz zum Quartalsergebnis diskutiert worden, schreiben die Accenture-Experten. In den USA war das nur bei etwa einem Fünftel der Unternehmen der Fall.

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