M&A

Telekombranche kämpft mit lausigen Renditen

In der europäischen Telekombranche dreht sich das M&A-Rad mit neuem Schwung. Scharfer Wettbewerb und hoher Investitionsdruck befördern die Suche nach Synergien. Private Equity hat die Netze ins Visier genommen.

Telekombranche kämpft mit lausigen Renditen

Von Heidi Rohde, Frankfurt

Mehr als 100 Mobilfunknetze gibt es in Europa, Mobilfunknetzbetreiber in zahlreichen Ländern mehr als drei. Der scharfe Wettbewerb lässt aus Sicht der Telekomfirmen kaum Preisspielräume, die ein Umsatz- und Ergebniswachstum bringen würden, damit die hohen Investitionen in den Ausbau der Netze gestemmt werden können. Die Rendite auf das eingesetzte Kapital ist nicht nur bei den spanischen Anbietern negativ. Auch in Großbritannien und Italien gibt es vielfach nur geringe Wertbeiträge. Indes rennt die Branche bei den Brüsseler Wettbewerbsbehörden bisher nur allzu oft gegen Wände, wenn es um die Fusion von Mobilfunkfirmen innerhalb eines Marktes geht.

So hat die EU-Wettbewerbsbehörde die geplante Fusion der britischen Mobilfunkaktivitäten von Telefónica und Hutchison Whampoa untersagt und erneut Widerspruch eingelegt gegen eine gerichtliche Freigabe der Transaktion. Mit einer Entscheidung des EU-Gerichts ist erst in einigen Monaten zu rechnen. Der nun angekündigte 20-Mrd.-Euro-Deal von Orange und Másmóvil gilt daher als erster großer Testfall für die Wettbewerbsbehörden seit Beginn der Pandemie. Orange muss gleichwohl mit einem 12 bis 18 Monate dauernden Genehmigungsprozess und gegebenenfalls schmerzhaften Auflagen rechnen.

Die harte Haltung der EU hat im Hinblick auf eine Konsolidierung der Branche über einige Jahre Stillstand ausgelöst, der erst in jüngster Zeit wieder aufgebrochen wurde. Neuen Schwung in das festgefahrene M&A-Rad bringen dabei vor allem Finanzinvestoren. Private Equity hatte dem europäischen Telekomsektor aufgrund des geringen Wachstums und fehlender lukrativer Exit-Perspektiven vor Jahren den Rücken gekehrt. Doch da hat sich der Wind gedreht. Die großen im Telekomgeschäft erfahrenen Gesellschaften wittern neue Chancen.

So ist die niederländische KPN, die mit jahrelangem Umsatz- und Ergebnisverfall gekämpft hat, nach einem scharfen Kurseinbruch im Krisenjahr 2020 ins Visier von EQT geraten, die den gesamten Konzern für rund 11 Mrd. Euro übernehmen wollte. Bisher scheitert die Attacke am Widerstand des niederländischen Staates. KPN kommt aktuell auf eine Marktkapitalisierung von 12,2 Mrd. Euro. Auch Telecom Italia (TIM) sieht sich mit einer Offerte für eine Komplettübernahme durch KKR konfrontiert. Der Finanzinvestor, der unter anderem auch an der Telefónica-Glasfasersparte Telxius sowie an der Másmóvil Holding Co beteiligt ist, hat im November ein unverbindliches Angebot über rund 11 Mrd. Euro bzw 33 Mrd. Euro inklusive Schulden für TIM vorgelegt.

Auch hier geht nichts ohne die Zustimmung der italienischen Regierung. Offiziell hatte KKR noch keine Möglichkeit, die Bücher zu prüfen. Allerdings hat TIM im Zuge der Bilanz für 2021 eine mehr als 7 Mrd. Euro schwere Abschreibung offenbart. Die Aktie fiel daraufhin auf ein Tief von 0,22 Euro, die Offerte von KKR belief sich auf 0,62 Euro. Gestern beflügelte Deal-Fantasie den Kurs, der um 7,6% in die Höhe schoss. Der italienische Telekommarkt ist durch den Einstieg der französischen Iliad vor einigen Jahren schwer durchgeschüttelt worden. Ähnlich wie zuvor in Frankreich hat die preisaggressive Marke Free die etablierten Anbieter, vor allem TIM und Vodafone Italia, unter Druck gesetzt. Anfang Februar bündelte Iliad die Kräfte mit dem Finanzinvestor Apax und bot dem britischen Mobilfunkriesen 11 Mrd. Euro für die kompletten italienischen Aktivitäten. Das Angebot wurde von Vodafone allerdings abgelehnt.

Milliardenofferte von Ardian

Die Briten halten ein Drittel an der börsennotierten Tower-Gesellschaft Inwit. An dieser ist auch die Daphne-Holding zu einem Drittel beteiligt, die wiederum zu 51% von TIM und zu 49% vom Finanzinvestor Ardian kontrolliert wird. Dieser hat just eine bindende Offerte über 1,3 Mrd. Euro für das 51-Prozent-Paket von TIM vorgelegt. Damit wäre allein Vodafones Anteil an Inwit rund 2,6 Mrd. Euro wert.

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