Autoindustrie

VDA lässt alle Wachstums­hoffnungen fahren

Der Automobilbranchenverband VDA gibt nach dem extrem schwachen Start 2022 die Hoffnung auf einen weltweit wachsenden Automarkt in diesem Jahr auf und mahnt engere internationale Handelsbeziehungen an.

VDA lässt alle Wachstums­hoffnungen fahren

scd Frankfurt

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hat „in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen“ seine Absatzprognosen für den Weltmarkt sowie die Märkte China, USA und Europa deutlich ge­senkt. Weltweit rechnet der VDA 2022 nun statt mit einem 1-prozentigen Wachstum mit einem Rückgang der Auslieferungen um 1% auf 70,2 Millionen Fahrzeuge. Damit bliebe der Markt um 13% hinter den Auslieferungszahlen des Vor-Corona-Jahres 2019 zurück. In Europa (EU27 + EFTA + Großbritannien) werden angesichts der Lieferschwierigkeiten nun statt 3% Wachstum unveränderte Auslieferungen von 11,8 Millionen Pkw in Aussicht gestellt. Für den deutschen Markt werde die Prognose von +5 auf +3% bzw. 2,7 Millionen Pkw reduziert. Zuletzt hatte der Verband seinen Marktausblick im April gesenkt.

Der VDA geht bei der neuen Schätzung weiterhin von einer starken zweiten Jahreshälfte aus. In Deutschland liegen die Auslieferungen nach fünf Monaten bereits um gut 10% unter Vorjahr. Europaweit liegt das Minus sogar bei knapp 14%. Die Auftragslage sei weiter sehr gut, der Auftragsbestand in Deutschland befinde sich gar auf einem Allzeithoch, erklärt der VDA den Optimismus für die kommenden Monate.

Allerdings hielten die angebotsseitigen Schwierigkeiten an: Laut ifo Institut berichteten 89,5% der Unternehmen in der Automobilindustrie im Mai von Knappheiten bei Vorprodukten. Neben den angebotsseitigen Herausforderungen kommt zunehmend auch auf der Nachfrageseite Gegenwind. Steigende Preise und die Zinswende in den USA und Europa erschwerten den Verbrauchern die Finanzierung des Neuwagenkaufs. Hinzu kämen regional spezifische Herausforderungen: In Europa habe der russische Angriffskrieg in der Ukraine für zusätzliche Knappheiten entlang der Wertschöpfungsketten gesorgt. In China brachten neuerliche Corona-Lockdowns den Markt in einigen Regionen zum Stillstand. Über die – aufgrund der Teilschließung des Hafens in Schanghai – beeinträchtigte Logistik seien auch internationale Lieferketten davon betroffen.

Für China geht der VDA für das Gesamtjahr von einem Rückgang von 2% auf 20,7 Millionen Autos aus. Bislang war ein Plus von 2% erwartet worden. In den USA, wo ebenfalls ein Plus von 2% prognostiziert worden war, wird nun ein Rückgang um 1% auf 14,7 Millionen Fahrzeuge erwartet. VDA-Präsidentin Hildegard Müller mahnte an, die richtigen Lehren aus der Krise zu ziehen. Deutschlands Abhängigkeiten zeigten sich aktuell nicht nur bei Öl und Gas. „Wir müssen unsere Abhängigkeiten reduzieren und dabei auf Diversifikation setzen. Aktuell passiert in puncto Energie- und Rohstoffpartnerschaften noch deutlich zu wenig, andere Staaten sind ­weiter.“

Müller warnte davor, in einen Abgesang auf die Globalisierung einzustimmen. Gerade der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands ge­gen die Ukraine zeige, dass Deutschland und die EU ihre Zusammenarbeit mit anderen Ländern intensivieren müssen. „Unvollendete Handels- und Investitionsabkommen – TTIP, CETA, Mercosur – dürfen und können wir uns nicht länger erlauben, wenn wir international wettbewerbsfähig bleiben wollen. Wir brauchen eine mutige Handelspolitik“, forderte sie. Dabei gehe es auch um die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Europa.

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