Software

Auch SAP will Stellen abbauen

Die Walldorfer SAP will bis zu 3000 Stellen streichen und das Portfolio straffen: Die Beteiligung an Qualtrics steht auf dem Prüfstand. Die Zahlen für das Geschäftsjahr 2022 fallen für die Walldorfer zufriedenstellend aus.

Auch SAP will Stellen abbauen

sar Frankfurt

Die Walldorfer SAP wird Teil der wachsenden Gruppe an Softwarekonzernen, die in eine Restrukturierung gehen. In Bereiche außerhalb des Kerngeschäfts sollen bis zu 3000 Stellen wegfallen, davon rund 200 in Deutschland. Das teilten CEO Christian Klein und CFO Luka Mucic am frühen Donnerstagmorgen bei Vorstellung der Ergebnisse für das Geschäftsjahr 2022 mit.

Mit dem Umbau will SAP sich stärker auf strategische Wachstumsbereiche konzentrieren und dafür ein „gezieltes Restrukturierungsprogramm in ausgewählten Bereichen des Unternehmens“ aufsetzen. Dadurch sollen die operativen Modelle und das Vermarktungskonzept an die „beschleunigte Transformation zu einem Cloudunternehmen“ angepasst werden. Der Stellenabbau wird voraussichtlich etwa 2,5% der Mitarbeiter betreffen. Der Großteil der damit verbundenen Restrukturierungskosten in Höhe von 250 bis 300 Mill. Euro soll im ersten Quartal 2023 erfasst werden. Dies wird das Betriebsergebnis (IFRS) beeinflussen. Für das laufende Jahr soll mit der Restrukturierung „ein moderater Kostenvorteil“ einhergehen, von 2024 an rechnet SAP dann mit jährlichen Kosteneinsparungen von 300 bis 350 Mill. Euro, die für Investitionen genutzt werden sollen. Die erwarteten Kosteneinsparungen und Reinvestitionen spiegeln sich dem Konzern zufolge bereits vollständig im finanziellen Ausblick und den Zielsetzungen wider.

Qualtrics auf dem Prüfstand

An anderer Stelle vollzieht SAP eine strategische Kehrtwende: Mit Blick auf die Portfoliostraffung prüfen die Walldorfer nun einen Verkauf ihrer Beteiligung an Qualtrics. Die 8 Mrd. Dollar schwere Übernahme wurde Ende 2018 verkündet, bereits 2021 brachte SAP die Tochter an die Börse. Auf unverwässerter Basis hält SAP zurzeit noch 71% an Qualtrics, unter Berücksichtigung von Verwässerungseffekten durch aktienbasierte Vergütungsprogramme sinkt der Anteil auf 61%. SAP sondiert den Komplettverkauf seiner Anteile, ein Teilausstieg ist nicht geplant. Ein möglicher Exit böte SAP die Möglichkeit, sich stärker auf ihr grundlegendes Wachstum in der Cloud und die Profitabilität zu konzentrieren, hieß es zur Begründung. Qualtrics könne ihre Position im Bereich Experience Management ausbauen. Seit der Übernahme hat Qualtrics den Umsatz SAP zufolge um das 3,5-fache auf etwa 1,5 Mrd. Dollar erhöht. Gelingt ein Verkauf, möchte SAP Vertriebs- und Technologiepartner bleiben. Morgan Stanley begleitet die Marktsondierung als Finanzberater.

Russland-Rückzug belastet

Geschäftlich lief 2022 für die Walldorfer mit einem währungsbereinigt um 5% gestiegenen Gesamtumsatz von 30,87 Mrd. Euro und einem gegenüber dem Vorjahr konstanten Betriebsergebnis (IFRS) von 4,67 Mrd. Euro zufriedenstellend. Das um Sondereffekte bereinigte Betriebsergebnis sank währungsbereinigt zwar im Gesamtjahr noch um 7% auf gut 8 Mrd. Euro. Dies lag SAP zufolge am Rückzug aus den Märkten Russland und Belarus, einem geringeren Beitrag der Softwarelizenzerlöse sowie höheren Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie Vertrieb und Marketing.

Allerdings sieht SAP die Talsohle beim Betriebsergebnis durchschritten. Im vierten Quartal legte das um Sondereffekt bereinigte Betriebsergebnis währungsbereinigt bereits wieder um 2% zu, diese Entwicklung soll sich 2023 fortsetzen. Zu der höheren Profitabilität im vierten Quartal habe auch „ein diszipliniertes Ausgabenmanagement“ beigetragen, hinzu kam ein Veräußerungserlös über 175 Mill. Euro in Verbindung mit dem Verkauf des Litmos-Geschäfts. Damit übertraf SAP auf Jahressicht auch die im Oktober auf 7,9 Mrd. Euro abgesenkte Prognose bei dieser Kennziffer. Der freie Cashflow, für den ein Wert von „rund 4,5 Mrd. Euro“ angepeilt war, erreichte gut 4,3 Mrd. Euro.

Wendepunkt bei Cloud

Bei der Transformation hin zu einem Fokus auf Cloud-Erlösen sieht der Konzern sich an einem Wendepunkt: Zum Jahresende stieg der Current Cloud Backlog, der das künftige Geschäft avisiert, auf mehr als 12 Mrd. Euro, ein Plus von 27% (währungsbereinigt 24%). Dabei hatten der Verkauf des Litmos-Geschäfts und die Einstellung unserer Geschäftsaktivitäten in Russland und Belarus einen negativen Effekt von etwa 1,5 Prozentpunkten. Besonders dynamisch legte der Current Cloud Backlog bei SAP S/4 Hana Cloud zu, der auf Jahressicht währungsbereinigt um 82% auf knapp 3,2 Mrd. Euro kletterte. Während das Cloud-Geschäft weiter zulegt, nahmen die Softwarelizenzerlöse erwartungsgemäß weiter ab. Sie sanken im Gesamtjahr währungsbereinigt um 39% auf gut 2 Mrd. Euro.

Trotz geringerer Softwarelizenzerlöse stiegen die Cloud- und Softwareerlöse auf Jahressicht währungsbereinigt insgesamt um 4% auf 26,5 Mrd. Euro.

Erst am gestrigen Mittwoch hat SAP einen weiteren Großauftrag an Land gezogen: Der Autobauer BMW will die Lösung „Rise  with SAP“ sowie weitere Cloud-Lösungen der Walldorfer nutzen, um den Umstieg auf SAP S/4 Hana und die strategische Ausrichtung auf die Cloud zu forcieren. Beide Konzerne wollen im Rahmen einer „Platin-Partnerschaft“ zudem einen gemeinsamen Ansatz für durchgängige digitale Prozesse in der Automobilindustrie entwickeln.

Ausblick wird aktualisiert

Für 2023 erwartet SAP, dass die Clouderlöse währungsbereinigt in einer Spanne zwischen 15,3 Mrd. und 15,7 Mrd. liegen werden (2022: 12,56 Mrd. Euro). Die Cloud- und Softwareerlöse sollen zwischen 28,2 Mrd. und 28,7 Mrd. Euro landen (2022: 26,52 Mrd. Euro). Für das um Sondereffekte bereinigte Betriebsergebnis wird währungsbereinigt eine Spanne zwischen 8,8 Mrd. und 9,1 Mrd. Euro angepeilt (2022: 8,03 Mrd. Euro), der Free Cashflow soll auf 5 Mrd. Euro steigen.

Die mittelfristigen Zielsetzungen wollen die Walldorfer voraussichtlich im ersten Halbjahr 2023 aktualisieren.

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