Baustoffkonzern

Heidelberg-Cement-Aktionäre rügen Vergütung

Vergütungssystem, Aufsichtsratsstruktur und Nachhaltigkeitsstrategie sind bei Investoren des Baustoffkonzerns Heidelberg Cement auf Kritik gestoßen.

Heidelberg-Cement-Aktionäre rügen Vergütung

hek Frankfurt

– Der Baustoffkonzern Heidelberg Cement ist auf seiner virtuellen Hauptversammlung bei den Regelungen für die Bezahlung der Vorstände auf Widerspruch von Aktionären gestoßen. Die Fondsgesellschaft Deka moniert, dass das Vergütungssystem in mehreren Punkten den Empfehlungen des Corporate Governance Kodex zuwiderlaufe. So würden die variablen Entgeltbeträge der Vorstände nicht überwiegend aktienbasiert gewährt. Es sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung, dass Klimaschutz und Emissionsreduktion im neuen Vergütungssystem Einfluss auf die Bonushöhe hätten, aber er falle etwas zaghaft aus, kritisiert die Deka-Spezialistin für Nachhaltigkeit und Corporate Governance, Cornelia Zimmermann. „Wir erwarten, dass diese Leistungskriterien bis zur nächsten Hauptversammlung deutlich mehr Gewicht bekommen.“

Die Fondsgesellschaften Union Investment und DWS kündigten in ihren Stellungnahmen an, gegen das Vergütungssystem zu stimmen. Janne Werning, Gruppenleiter in der ESG-Abteilung (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) von Union, bringt diverse Einwände vor: Die kurzfristigen Leistungsziele seien nur eingeschränkt nachvollziehbar, im langfristigen Anreizsystem fehlten ESG-Ziele, nur die Kapitalmarktkomponente der langfristigen variablen Vergütung sei aktienbasiert, und die Abfindung werde bei einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot nicht auf die Karenzentschädigung angerechnet. Einige dieser Punkte moniert auch DWS-Vertreter Hendrik Schmidt. So sei für Außenstehende nicht nachvollziehbar, was sich hinter den individuellen Jahreszielen verberge, die immerhin ein Drittel des Jahresbonus ausmachten.

Die Baustoffindustrie und speziell die Zementhersteller seien für 8% der globalen CO2-Emissionen verantwortlich, gibt Schmidt zu Bedenken. Sie trügen somit große Verantwortung in der Bekämpfung des Klimawandels. Ohne Umstellung der Produktpalette und radikale Verringerung der Treibhausgase könne Heidelberg Cement nicht davon ausgehen, den langfristigen Erfolg für seine Eigentümer sicherzustellen, mahnt Schmidt, Senior Research Analyst Corporate Governance bei der DWS. Um die Klimaneutralität rechtzeitig für die 1,5-Grad-Erwärmungsgrenze zu erreichen, müsse Heidelberg Cement einen Zahn zulegen, fordert Deka-Expertin Zimmermann: „Das gesetzte Ziel-Jahr 2050 ist hierfür zu spät.“

Heidelberg-Cement-CEO Dominik von Achten hingegen verwies auf die beschleunigte Verringerung der CO2-Emissionen des Konzerns und betonte, die Reduktionsziele seien weltweit im Vergütungssystem verankert worden. Bis 2030 sei eine CO2-Reduktion um 30% im Vergleich zu 1990 auf unter 525 kg je Tonne zementhaltigem Material geplant.

Keine Frau im Vorstand

Die DWS spricht sich auch gegen die Entlastung des Aufsichtsrats aus. Das Gremium habe beschlossen, zwei bisherige Kodex-Empfehlungen nicht weiter zu befolgen. Zum einen werde auf den Selbstbehalt in der D&O-Versicherung verzichtet, zum anderen sei keine Regelzugehörigkeitsdauer für Aufsichtsräte mehr vereinbart. Der Deka missfällt die Struktur des Aufsichtsrats. Diese sei nicht mehr zeitgemäß. Zu viele Mitglieder hätten eine zu lange Zugehörigkeitsdauer, und die Familie Merckle, mit 27,7% des Kapitals größter Aktionär von Heidelberg Cement, sei mit zwei Mitgliedern überrepräsentiert. Der Aufsichtsratsvorsitzende Fritz-Jürgen Heckmann sei auch aufgrund seiner langen Zugehörigkeit nicht mehr als unabhängig anzusehen – er gehört dem Gremium seit 2003 an und hat seit Februar 2005 den Vorsitz inne. Ihm werde aufgrund struktureller Defizite im Aufsichtsrat die Entlastung verwehrt, so die Deka. Obwohl der Aufsichtsrat vor einem Jahr beschlossen habe, ein Mindestmaß an Geschlechter-Diversität zu schaffen, gehöre bisher keine einzige Frau dem Vorstand an, moniert Zimmermann.

Union Investment wiederum lehnt die Ermächtigung zum Rückkauf eigener Aktien ab. Die Fondsgesellschaft bezweifelt grundsätzlich, dass solche Programme wertschaffend für Aktionäre sind. Union Investment bevorzuge Dividenden gegenüber Aktienrückkäufen, falls ein Unternehmen keine Investitionsmöglichkeiten finde, bei denen zumindest die Kapitalkosten verdient werden.

Die Aktionäre hatten 309 Fragen eingereicht, weit mehr als im Jahr 2020, als es 120 waren. Auf der letzten Präsenz-Hauptversammlung vor zwei Jahren waren es lediglich 36 Fragen. Die Präsenz lag bei 77,5%. Das Vergütungssystem lehnten 7,8% der abgegebenen Stimmen ab, bei der Entlastung Heckmanns gab es 13,7% Neinstimmen.