Autoindustrie

Volkswagen bereitet Börsengang von Porsche vor

Es könnte einer der größten IPOs werden: Volkswagen bereitet einen Teilbörsengang seiner hochrentablen Sportwagentochter Porsche vor. Gespräche werden bestätigt. Doch es bestehen Unwägbarkeiten.

Volkswagen bereitet Börsengang von Porsche vor

ste Hamburg

Volkswagen bereitet einen Teilbörsengang des Sportwagenbauers Porsche vor. Man befinde sich in fortgeschrittenen Gesprächen mit der Porsche Automobil Holding (Porsche SE) über einen möglichen Börsengang der hochprofitablen Konzerntochter aus Stuttgart, teilte das Wolfsburger Mehrmarkenunternehmen mit. Mit der Porsche SE, über die die Eigentümerfamilien Porsche und Piech mit einem Anteil von 53,3% die Stimmrechtsmehrheit bei Volkswagen halten, sei eine Eckpunktevereinbarung verhandelt worden, die die Basis für die weiteren Schritte zur Vorbereitung eines möglichen Börsengangs sein solle. Der Abschluss der Vereinbarung benötige noch die Zustimmung von Vorstand und Aufsichtsrat von VW, eine Entscheidung sei noch nicht gefallen.

Gleichwohl fand die Ankündigung, die die Porsche SE in einer separaten Mitteilung bestätigte, großen Anklang bei Investoren. Die Aktien von Porsche SE und Volkswagen zogen in der Spitze um 15,2% bzw. 10,2% an und gingen mit Zugewinnen um 11,3% auf 90,78 Euro bzw. um 7,8% auf 188,70 Euro als größte Tagesgewinner im Dax aus dem Handel. Das Analysehaus Jefferies, das die VW-Aktie mit „Underperform“ und einem Kursziel von 170 Euro einstuft, erklärte, der Schritt dürfte die Barmittel des Konzerns deutlich steigern. Die Auswirkungen auf den Konglomeratsabschlag seien noch unklar. Die Bank RBC bekräftigte ihre „Outperform“-Empfehlung bei einem Kursziel von 310 Euro und erklärte, der offenbare Grund für den Börsenplan sei, dass der VW-Konzern nach dem Bewertungsansatz auf Basis der Einzelteile des Unternehmens nicht fair bewertet werde.

„Krass unterbewertet“

„Bezüglich des Wertes wird nach einem IPO deutlich, wie krass unterbewertet der VW Konzern ist“, sagte Jürgen Pieper, Autoanalyst beim Bankhaus Metzler (s. Interview auf dieser Seite). „Porsche allein dürfte mindestens 80 bis 90 Mrd. Euro wert sein, der ganze Konzern kommt derzeit nur auf kaum mehr als 110 Mrd. Euro.“ Volkswagen und Porsche SE wollten sich zu Einzelheiten des Projekts nicht näher äußern. Offenbar verfolgt VW den Plan eines Teilbörsengangs des Sportwagenbauers, dessen operative Rendite im Geschäftsjahr 2020 – die Jahreszahlen 2021 liegen noch nicht vor – mit 15,4% deutlich über der Umsatzrendite des Konzerns von 4,8% lag.

Spekuliert über einen möglichen Börsengang von Porsche wird schon seit langem. Der Wert der Stuttgarter Ertragsperle, die 2020 mit 26,1 Mrd. Euro für fast 12% des Konzernumsatzes, mit 4,02 Mrd. Euro aber für rund 38% des operativen Konzernergebnisses vor Sondereinflüssen stand, könne besser genutzt werden, um zusätzliche Mittel für die Investitionen in Elektromobilität und Digitalisierung am Kapitalmarkt zu mobilisieren. Für den Fünfjahreszeitraum bis 2026 plant der VW-Konzern mit Investitionen von 89 Mrd. Euro in Zukunftstechnologien. In der Vergangenheit hatten die Wolfsburger betont, den Umstieg aus eigener Kraft zu stemmen. Bei einem Teilbörsengang von Porsche würde VW die Kontrolle über die Konzerntochter behalten – der Barmittelzufluss aus Stuttgart stünde für die Transformation weiterhin zur Verfügung.

Hinweise, dass VW an Börsenplänen für Porsche arbeitet, hatten sich zuletzt verdichtet. Volkswagen-Chef Herbert Diess habe die Eckpunkte der Pläne zu Wochenanfang Vertretern der Kapitalseite und der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat präsentiert, nachdem bereits am Wochenende darüber beraten worden sei, so die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Insider. Eine für Dienstag ins Auge gefasste Aufsichtsratssitzung sei aber abgesagt worden, weil noch viele Fragen offen seien.

Wie von Personen mit Kenntnis der Vorgänge zu erfahren war, könnte ein Porsche-Anteil von 25% an die Börse kommen. Das Aktienkapital der Porsche AG solle zur Hälfte in Vorzugs- und Stammaktien aufgeteilt werden. Die Stammaktien würden VW und Porsche SE halten, die Vorzüge zu einem Viertel in Streubesitz gehen. Vorgesehen ist dem Vernehmen nach, dass VW seinen Eigentümern aus dem Erlös eine Sonderdividende zahlt.

Einige Vorbehalte

Einem Börsengang von Porsche stehen jedoch noch einige Vorbehalte entgegen. Das Börsenumfeld, das sich im Zuge der Ukraine-Krise verschlechtert, müsste passen. Selbst wenn die Gremien zustimmten, stünde die Durchführung der Transaktion weiterhin unter dem Vorbehalt weiterer Prüfungen sowie der allgemeinen Marktentwicklung, erklärte die Porsche SE. Die Holding teilte mit, die Transaktion könnte auch den Erwerb von Porsche-Stammaktien durch die Gesellschaft umfassen. Zu möglichen Finanzierungswegen machten die Stuttgarter, die schuldenfrei sind, keine Angaben. Spekuliert wurde, dass die Eigentümerfamilien auch Anteile an VW abgeben könnten, doch wurden zuletzt auch Zweifel geäußert, dass dieses Element bei der Finanzierung eine Rolle spielen könnte. Verwiesen wurde auf zusätzliche Dividendeneinnahmen durch die profitable Porsche AG, die zu einem etwaigen Schuldenabbau herangezogen werden könnten.

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