Brüssel weist Rom bei BPM-Übernahme in die Schranken
Brüssel weist Rom in die Schranken
EU sieht derzeit keinen Grund zu strengen Auflagen für Unicredit bei BPM-Übernahme
bl Mailand
Die EU-Kommission hat erhebliche Zweifel daran, dass Italiens Regierung der HVB-Mutter Unicredit im Rahmen der Golden-Power-Regelungen rechtmäßig strenge Bedingungen für die Übernahme der Bank BPM auferlegt. Die Begründung Roms, die nationale Sicherheit Italiens schützen zu müssen, kann die EU-Wettbewerbshüter nicht überzeugen. Entsprechende Zweifel seien in einem Brief an Rom geäußert worden.
Brüssel weist darauf hin, dass noch nie eine Regierung eine nationale Bankenfusion mit dem Hinweis auf die nationale Sicherheit verhindern wollte. Im Übrigen stelle Rom für andere Übernahmevorhaben, etwa der Offerte der Monte dei Paschi für die Mediobanca, keine vergleichbaren Bedingungen. Italien hat nun 20 Tage Zeit, auf den Brief aus Brüssel zu antworten.
De facto unattraktiv
Ähnlich wie zuvor die EU-Kartellbehörden und die Europäische Zentralbank (EZB) hat zwar auch Italiens Regierung keine Einwände gegen das Übernahmevorhaben. Doch die von Rom verlangten Bedingungen, darunter ein bestimmtes Niveau der Kreditvergabe, eine Nicht-Reduzierung des Levels italienischer Staatsanleihen sowie die Forderung, sich bis Januar vollständig aus Russland zurückzuziehen, machen das Vorhaben für Unicredit de facto unattraktiv.
Die Bank wehrt sich dagegen. Kürzlich hat ein Gericht in der Region Latium ihr teilweise Recht gegeben. EU-Wettbewerbskommissarin Teresa Ribera hat in ihrem Brief an die Regierung Italiens deutlich gemacht, dass sie in einer Übernahme der BPM durch Unicredit keine schwerwiegende Bedrohung der öffentlichen Sicherheit erkennen kann, so ein Sprecher der EU-Kommission. Nach Auffassung der EU-Kommission hätte Italiens Regierung das entsprechende Dekret im Vorfeld Brüssel zur Überprüfung vorlegen sollen. Das Dekret sei im Übrigen „möglicherweise mit anderen Bestimmungen des EU-Rechts unvereinbar, einschließlich der Bestimmungen zum freien Kapitalverkehr und zur Aufsicht der EZB“. Nach Ansicht der EU-Kommission ist allein die EZB befugt, von Unicredit einen eventuellen Rückzug aus Russland zu verlangen.
Die Zeit drängt
Die Position der EU-Kommission ist sehr deutlich, auch wenn die endgültige Beurteilung erst nach der Antwort Rom erfolgen wird. Die Zeit drängt. Denn die Unicredit-Offerte für die BPM endet am 23. Juli. Bisher haben nur wenige BPM-Aktionäre von der Unicredit-Offerte Gebrauch gemacht. Angesichts des stark gestiegenen BPM-Aktienkurses wäre das für sie ein Minusgeschäft.
Rom hält Vorgehen für „legitim“
Die HVB-Mutter soll für die nächsten Tage eine Verwaltungsratssitzung planen. Das Angebot könnte zurückgezogen werden, weil es ohne eine substanzielle Aufstockung und mit den Einschränkungen kaum Erfolgschancen hat. CEO Andrea Orcel ist jedoch für Überraschungen gut.
Wirtschafts- und Finanzminister Giancarlo Giorgetti hält Roms Vorgehen für „legitim“. Der verlangte Rückzug der Unicredit aus Russland diene der „nationalen Sicherheit“. Die Begründung ist überraschend, denn seine Partei, die Lega, gilt als sehr russlandfreundlich.