CFA 2021 – Kategorie Mid/Small Caps

Spannungs­geladener Super­sportwagen-Deal

Für die Elektrifizierung suchte Porsche eine exklusive Lösung – und fand sie mit Rimac.

Spannungs­geladener Super­sportwagen-Deal

Von Sebastian Schmid, Frankfurt

„Bugatti ist das exklusivste Auto, das es auf dem Markt gibt“, erklärt Porsche-CEO Oliver Blume nicht ohne Stolz. Trotz der in den vergangenen Jahren enorm gestiegenen Immobilienpreise muss man sich hierzulande noch immer genau umsehen, wenn man ein Einfamilienhaus finden will, das mehr kostet als ein Bugatti Chiron „Super Sport“ mit 8-Liter-Motor und 1600 PS. Rund 3,8 Mill. Euro werden als Neupreis genannt. Allerdings ist die streng limitierte Produktion ohnehin ausverkauft, und wer eines der wenigen gebrauchten Modelle erstehen will, muss sogar noch tiefer in die Tasche greifen. Mit anderen Worten: Für einen Chiron kann man gut ein Dutzend 911er erstehen.

Doch wie lässt sich eine Hypercar-Marke elektrifizieren, ohne ihren exklusiven Charakter zu riskieren? Jedenfalls nicht mit standardisierten E-Plattformen, wie sie im Volkswagen-Konzern aufgrund der Volumenfertigung zwangsläufig nötig sind – selbst für Porsche. „Im Zuge der Neuordnung des Konzerns und der Reduzierung der Komplexität entstand der Ansatz, Bugatti aus dem Konzern herauszulösen. Auch weil Bugatti zu einem Volumenhersteller nicht wirklich gut passt“, sagte Blume im In­terview der Börsen-Zeitung im November. Vom Chiron werden insgesamt nur 450 Stück gefertigt, davon 70 bis 80 Stück pro Jahr (siehe Grafik). Die Preise der Autos relativieren sich schnell, wenn man sich vor Augen führt, dass Volkswagen allein für die Entwicklung des aktuellen Modells Chiron einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag investiert hat. Eingespielt werden müssen diese und sämtliche darüber hinausgehenden Kosten von den nur 450 verkauften Fahrzeugen. Die Neuentwicklung einer elektrifizierten Plattform für Bugatti, die noch dazu die extreme Leistungsfähigkeit der Verbrenner-Plattform mitbringt, hätte noch einmal hohe Investitionen erfordert.

Also brauchte es einen Partner, der auch im Supercar-Bereich zu Hause ist, aber in der Elektrifizierung fehlendes Know-how einbringen konnte. Rimac passte da perfekt ins Profil. Auf der Elektro- und Batterieseite stark, gut in prototypischen Lösungen und Kleinserien, wie Blume erklärte, und mit der Fähigkeit, Themen anders zu denken. Auch für Porsche-Finanzvorstand Lutz Meschke war die Kombination der Supersportwagenmarke Bugatti und des Elektro-Hypercar-Start-ups Rimac von Beginn an eine ideale Kombination. „Wenn wir hier nicht alles falsch machen, dann stellen wir hier eine Kombination auf die Beine, die im Hypercar-Segment eigentlich un­schlagbar sein sollte“, bringt er seine Gedanken zu dem Deal auf den Punkt. Den Unternehmensgründer Mate Rimac kennt Meschke bereits seit Mitte des vergangenen Jahrzehnts. Erstmals getroffen haben sich die beiden auf dem Genfer Autosalon 2016. Um zu testen, wie gut das Team von Rimac ist, stellte Porsche den Kroaten wenig später für drei Wochen eine Plug-in-Hybrid-Version des Panamera zur Verfügung, damit diese das Batteriemanagementsystem auf Optimierungsmöglichkeiten abklopfen. „Viele bei Porsche hatten gedacht, in drei Wochen kann man dieses relativ komplexe System gar nicht durchdringen“, so Meschke. Doch Rimac sei drei Wochen später zurückgekommen und hatte tatsächlich bereits einiges an Optimierungspotenzial im Gepäck. 2018 hat Porsche an Rimac dann eine erste Beteiligung in Höhe von 15% gezeichnet. Später wurde der Anteil dann in zwei Schritten auf 24% ausgebaut. Der Joint-Venture-Partner für Bugatti war also alles andere als ein Unbekannter für die Sportwagentochter des VW-Konzerns.

Indirekte Mehrheit

Dennoch gab es wohl einige interne Hürden zu überwinden, so dass der Prozess gut ein Jahr in Anspruch nahm, bevor ein Deal vereinbart werden konnte. Denn die Transaktion, die mit dem Corporate Finance Award für 2021 in der Kategorie Mid/Small Caps ausgezeichnet wird, war jenseits ihrer simplen Logik durchaus komplex. Ursprünglich hatte Volkswagen die Idee, Bugatti aus dem Mehrmarkenkonzern zu lösen, wie Meschke erzählt. Als dann Rimac als möglicher Partner ins Spiel kam, sei auch schnell Porsche in den Gesprächen dabei gewesen. Am Anfang steht natürlich die Frage, was in so ein Joint Venture eingebracht wird. So musste etwa bei Rimac erst einmal das Zulieferergeschäft von dem Hypercar-Geschäft organisatorisch getrennt werden.

Dann musste die Marke Bugatti von Volkswagen in die Hände von Porsche gegeben werden. Im Anschluss brachten die Zuffenhau­sener Bugatti – mit Ausnahme von Bugatti Engineering – komplett in das Joint Venture mit Rimac ein. An dem Gemeinschaftsunternehmen hält Porsche zwar nur 45%, so dass die Kroaten mit 55% die Kontrolle übernehmen und damit auch den neuen Konzern lenken werden. Mit dem eigenen Anteil an Rimac von weiterhin 24% kontrolliert der Sportwagenbauer indirekt allerdings eine Mehrheit an Bugatti-Rimac.

Die Herauslösung von Bugatti aus dem VW-Konzern ist mitnichten das Ende der schwäbisch-kroatischen Partnerschaft. Porsche will ihrerseits von den hochleistungsstarken Technologien in den Bereichen Batterien und Antrieb von Rimac profitieren und sich damit auch künftig abheben von anderen sportlichen E-Auto-Marken. Außerdem hofft der Traditionskonzern sicher auch darauf, dass der Wagemut des 34-jährigen Kroaten Mate Rimac und seines Start-ups ein wenig abstrahlt auf das eigene Haus, das in der Transformation zur E-Mobilität mit zahlreichen jungen und hungrigen Firmen konkurriert. Gerade im Sportwagen- und Premiumsegment wächst die Konkurrenz.

Porsche wiederum will Rimac bei der Industrialisierung, mit Produktions-Know-how und Entwicklungskompetenz unterstützen, wie Meschke ausführt. Das dürfte nicht unbedingt gefragt sein für das erste gemeinsame Fahrzeug, das Rimac und Bugatti in den nächsten Jahren auf die Straße bringen wollen. Auch hier dürfte ganz in Supercar-Tradition eine Kleinserie angepeilt werden. Vielmehr kann Porsche Rimac dabei helfen, ihr Zulieferergeschäft zu skalieren, um dann zunächst Porsche, potenziell aber auch andere Groß­serienhersteller zuverlässig zu beliefern. Eine Verbindung, die noch einiges für die kommenden Jahre verspricht.

Bisher erschienen:

IPO mit nachhaltigem Glanz (4. Mai)

Green Finance wird zur „license to operate“ (29. April)

Die Vorteile der Eigenständigkeit (27. April)

Übernahmekrimi am Wohnungsmarkt (22. April)

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.