"Die Renditen müssten viel höher sein"

Wellington warnt vor inflationärem Boom

Die Strategen von Wellington Management gehen davon aus, dass die Teuerung hoch bleiben wird. Vor diesem Hintergrund müssten die Anleiherenditen viel höher liegen.

Wellington warnt vor inflationärem Boom

„Die Renditen müssten
viel höher sein“

Wellington Management warnt vor inflationärem Boom

hip London
hip London

Der Makrostratege von Wellington Management geht davon aus, dass die Teuerung hoch bleiben wird. „In den vergangenen 15 Monaten hat es sehr wenig Fortschritte dabei gegeben, die Kernrate auf das Inflationsziel hin zu bewegen“, sagte John Butler bei einer Presseveranstaltung des mitarbeitergeführten US-Assetmanagers in London.

Zum anderen sei „keinerlei Schmerztoleranz" vorhanden, wenn es darum gehe, die Staatsausgaben einzudämmen. Der Markt sei „ziemlich langsam“ dabei, das einzuarbeiten. Die Bewertungen unterstellten, dass von künstlicher Intelligenz getriebenes Wachstum der US-Notenbank die Möglichkeit gebe, die Zinsen auf Null und noch darunter zu senken. Das beruhe in erster Linie auf Hoffnung. „Aus meiner Sicht handelt es sich dabei um das am wenigsten wahrscheinliche Ergebnis“, sagte Butler. Viel wahrscheinlicher sei ein inflationärer Boom, mit Stagflation in einigen Märkten.

Jede Menge Geld vorhanden

Der Bondmarkt strafe das nicht ab, weil die Mehrheit der Marktteilnehmer immer noch eine Eintrübung des US-Arbeitsmarkts befürchteten. „Der Markt glaubt immer noch, dass Inflation ein vorübergehendes Phänomen war“, sagte Butler. Dabei bewege sich das vorhandene Geld im System trotz Quantitative Tightening in der Nähe früherer Rekordstände. Hinzu komme die Lockerung der Fiskalpolitik in Ländern wie den Vereinigten Staaten, Deutschland und China.

„Das ist immer noch ein gutes Szenario für Aktien“, sagte Butler. „Aber der Bondmarkt ist dafür nicht gepreist. Die Renditen müssten viel höher sein.“

„US-Aktien sind unverzichtbar“

Hoffnungen auf große Abflüsse aus US-Assets dürften sich nicht verwirklichen. „US-Aktien sind unverzichtbar“, sagte Natasha Brook-Walters, Head of Wellington Solutions. „Sie verankern Portfolios. Die Realität ist: Es gibt immer noch Investitionen. Es gibt Wachstum. Und es gibt Unterstützung seitens der US-Regierung.“ Wenn Portfoliomanager an einem globalen Index gemessen werden, sei es für sie eine große Entscheidung, die Vereinigten Staaten unterzugewichten.

„Man muss realistisch sein, wenn es darum geht, wie weit sich Leute von ihrer Benchmark wegbewegen werden.“

Doch fließen durchaus Mittel nach Europa, die sonst wohl in den USA gelandet wären. Kunden aus dem Nahen Osten sähen sich europäische Assetklassen an, sagte Susan Chacko, Investment Director bei Wellington. Das werde allerdings kein dominantes Thema für die Märkte.

Hohe technische Nachfrage

Europäische Anleihen hätten zuletzt von Nettozuflüssen profitiert. „Es ist eine sehr aufregende Zeit für Fixed Income“, sagte sie. Fixed Income habe jeden Monat Nettozuflüsse verzeichnet, außer im von der Verunsicherung rund um Donald Trumps „Liberation Day“ geprägten April.

„Wir erwarten, dass das so weitergehen wird“, sagte Chacko. Im Jahr 2023 war die Assetklasse noch von negativen Flows geprägt. Die Spreads für Unternehmensanleihen seien zweifellos eng. Doch die technische Nachfrage sei hoch. Anleger wollten immer noch Corporate Bonds und die Firmenbilanzen seien robust.

Mehr Absicherungsgeschäfte

Es gebe vermehrt Absicherungsgeschäfte für US-Assets, insbesondere von europäischen Investoren, sagte Martin Harvey, Portfoliomanager bei Wellington. „Das ist ein strukturelles FX-Hedgingthema, das gerade erst am Anfang steht.“ Wellington habe sich alles in allem für eine weitere Abwertung der US-Währung positioniert.

„Was Notenbanken betrifft, befinden wir uns an einem interessanten Punkt“, sagte Butler. Die Neuemissionen von Staatsanleihen werden seiner Meinung nach in jedem Jahr das Volumen des vorangegangenen übertreffen. Trump lerne von seinem ehemaligen japanischen Amtskollegen Shinzo Abe. Der habe die Koordination von Fiskal- und Geldpolitik in großem Stil betrieben.

Quantitative Tightening

Wenn man Quantitative Tightening betreibe, trete man als Notenbanker in direkten Wettbewerb mit seinem Boss. „Nicht gewählte Beamte treffen Verteilungsentscheidungen“, konstatierte Butler. Großbritannien sein bei einigen dieser Entwicklungen eine Art Vorreiter. Die Bank of England hält bekanntlich an dem Verkaufsprogramm fest, das den seit der Finanzkrise zur Konjunkturankurbelung zusammengekauften Anleihenberg abschmelzen soll.

„Was die britische Volkswirtschaft braucht, ist das Gegenteil von dem, was der Markt verlangt“, sagte Butler. Sie brauche eine lockere Fiskalpolitik, die Investitionen vorantreibt, und eine straffe Geldpolitik. Aus seiner Sicht wird das schwarze Loch in Rachel Reeves' Haushalt nicht so groß ausfallen wie vielerorts befürchtet. Butler rechnet eher mit 15 Mrd. Pfund als mit 30 Mrd. bis 35 Mrd. Das lasse sich mit der kalten Progression, Glücksspielsteuer und anderen Dingen ausgleichen.