Geldpolitik

Lagarde grenzt EZB klar von Fed-Kurs ab

Die US-Notenbank Fed und andere Zentralbanken weltweit nehmen den Einstieg in den Ausstieg aus der Coronakrisenpolitik in Angriff. Die EZB will davon bislang noch nicht so recht etwas wissen.

Lagarde grenzt EZB klar von Fed-Kurs ab

ms Frankfurt

EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat den Kurs der Europäischen Zentralbank (EZB) klar von jenem der US-Notenbank Fed abgegrenzt. In einem Interview mit CNBC untermauerte sie ih­re Aussage, dass die unlängst be­schlossene Reduzierung des Kauftempos beim Corona-Notfallanleihekaufprogramm PEPP kein Tapering à la Fed darstelle. Zudem führte sie aus, dass die Fed und die EZB „unterschiedliche Programme“ aufgelegt hätten und diese folglich nicht zu vergleichen seien. Auch bekräftigte sie die Einschätzung, dass die aktuell stark steigende Inflation vorübergehend sei, und sie zeigte sich zuversichtlich, dass die Folgen der Krise bei Chinas Großkonzern Evergrande für Europa begrenzt sein dürften.

Die Aussagen kommen wenige Tage nachdem die Fed den Einstieg in den Ausstieg aus der Coronakrisenpolitik avisiert hatte. Konkret wollen die US-Währungshüter wohl noch in diesem Jahr mit der Drosselung ihrer billionenschweren Anleihekäufe (Tapering) beginnen und das bis Mitte 2022 abschließen. Womöglich könnten dann schon 2022 erste Zinserhöhungen anstehen. Nach der Fed hatte diese Woche die norwegische Zentralbank als erste Notenbank eines führenden Industrielandes nach der Hochphase der Pandemie ihren Leitzins erhöht, und auch die Bank of England hatte mit der Aussicht überrascht, dass sie ihren Schlüsselsatz womöglich schon 2021 anhebt.

Die geldpolitische Wende weg von der ultralockeren Geldpolitik der Coronakrise nimmt damit weltweit immer mehr Gestalt an. Hintergrund ist die Erholung der Wirtschaft, wenngleich zuletzt die Dynamik auch wegen der weltweiten Lieferengpässe an Schwung verloren hat, und die seit Jahresbeginn unerwartet stark steigende Inflation. Die EZB unternimmt dagegen allenfalls zaghafte Schritte in Richtung Normalisierung. Lagarde sagte nun erneut, dass es bei der jüngsten EZB-Entscheidung um eine „Rekalibrierung“ der Anleihekäufe gegangen sei. Die Fed habe ihre Unterstützung der Wirtschaft in der Krise anders strukturiert und handle etwas anders. Das Ziel der EZB bleibe, für günstige Finanzierungsbedingungen zu sorgen. Nach wie vor ist die verbreitete Erwartung, dass die EZB im Fall eines künftigen Auslaufens von PEPP ihr paralleles Anleihekaufprogramm APP aufstockt.

Inflationsanstieg temporär

Mit Blick auf die stark steigende Inflation verwies sie erneut auf viele vorübergehende Faktoren. Im Euroraum ist die Teuerung im August auf 3,0% geklettert. Der anhaltende Druck auf vorgelagerten Preisstufen schürt aber zunehmend Zweifel, ob dieser Trend wirklich nur vorübergehend ist. In Deutschland hatten sich zuletzt vor allem CDU-Granden auf die hohe Inflation und die EZB eingeschossen. CSU-Chef Markus Söder forderte eine „Inflationsbremse“.

Durch die Krise beim hoch verschuldeten Immobilienkonzern China Evergrande sieht Lagarde keine großen Folgen für das europäische Finanzsystem. Die Probleme seien derzeit auf China zentriert, sagte sie: „Für Europa kann ich sagen, dass das direkte Engagement begrenzt ist.“