Ampel-Finanzen

Lindner verspricht mehr Ausgaben und Stabilität

Der neue Bundesfinanzminister Christian Lindner gibt einen ersten Einblick, wie er künftig das Ressort führen will. Klimaschutz wird auch für den Liberalen groß geschrieben.

Lindner verspricht mehr Ausgaben und Stabilität

wf Berlin

– Als ein „Ermöglichungsministerium“ sieht der angehende Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) den Ort seines künftigen Wirkens. Aufgabe in den nächsten vier Jahren werde es sein, die öffentlichen Vorhaben und die private Transformation für den Klimaschutz „zu ermöglichen“, sagte Lindner vor der Presse. Besonders für die klimafreundliche Mobilität habe sich die Koalition außerordentlich ehrgeizige Ziele gesetzt – etwa bei individueller Mobilität per Auto und bei einer leistungsfähigeren Schiene.

Als erste konkrete Aufgabe nannte Lindner den angekündigten Nachtragshaushalt für 2021, den die Am­pel-Regierung noch in diesem Jahr auf den Weg bringen will. Über weitere inhaltliche Fragen werde danach entschieden. Die Gegenfinanzierung der von der Ampel geplanten höheren Ausgaben – etwa die Ausweitung der Kindergrundsicherung oder die Einführung eines Bürgergelds anstelle von Sozialhilfe – soll Lindner zufolge innerhalb der Schuldenbremse erfolgen, die das Regierungsbündnis von 2023 an wieder einhalten will. Zugleich verzichte die Koalition auf höhere Steuerbelastung und Steuersätze, betonte er. Innerhalb dieser Leitplanken werde die Koalition die vereinbarten Aufgaben finanzieren und zuvor in eine finanzielle Prioritätenfolge bringen.

Auskömmliche Planung

Mit dem Nachtragshaushalt plant die Koalition, nicht benötigte Kreditermächtigungen, die das Parlament für Ausgaben in der Corona-Pandemie gebilligt hatte, für Klimaschutz umzuwidmen. Im Koalitionsvertrag heißt es: „Wir werden im Haushalt 2021 Mittel aus bereits veranschlagten und nicht genutzten Kreditermächtigungen über einen Nachtragshaushalt dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) zweckgebunden für zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen und Maßnahmen zur Transformation der deutschen Wirtschaft zur Verfügung stellen.“ Lindner sagte, es sei zu befürchten, dass durch die Pandemie viele notwendige Maßnahmen für Klimaschutz und Transformation nicht vorgenommen werden konnten. Unter strikter Beachtung der Verfassung wolle die Koalition dafür Kredite nutzen. Schätzungsweise sind rund 100 Mrd. Euro von den insgesamt vom Bundestag gebilligten 240 Mrd. Euro nicht ausgeschöpft. Die für 2022 geplante Neuverschuldung von fast 100 Mrd. Euro bezeichnete Lindner als auskömmlich. Die Planung des designierten Kanzlers und bisherigen Finanzministers, Olaf Scholz (SPD), nannte er vorausschauend. Sie enthalte „Reserven für Unvorhergesehenes“. Die Schuldenbremse wird damit ein drittes Mal in der Corona-Pandemie gerissen. Mit Blick auf die aktuell wieder hohe Inflation versprach Lindner eine stabile Haushaltspolitik.

ZEW analysiert Reformen

In einer Analyse der sozial- und steuerpolischen Reformpläne der Ampel kommt das Wirtschaftsforschungsinstitut ZEW zu dem Schluss, dass die ungleiche Einkommensverteilung vor allem durch die geplante Mindestlohnerhöhung auf 12 Euro und die neue Kindergrundsicherung reduziert wird. „Für die verteilungspolitische Bilanz der Ampel wird es jedoch darauf ankommen, wie die Ko­alition auf eine mögliche Streichung des Solidaritätszuschlags re­agiert“, sagte ZEW-Ökonom Sebasti­an Siegloch. Das Bundesverfassungsgericht entscheidet dazu 2022. Der Wegfall des Soli würde den Bund rund 8 Mrd. Euro im Jahr kosten. Für die Kindergrundsicherung hat das ZEW drei diskutierte Modelle simuliert. Einbezogen werden zudem die höheren Einkommensgrenzen für Mi­ni-/Midijobs, der von 801 auf 1000 Euro erhöhte Sparerpauschbetrag so­wie die Vermeidung der Doppelbesteuerung von Renten. Die grüne Kindergrundsicherung würde laut ZEW 9,6 Mrd. Euro kosten. Das DGB-Modell brächte dem Staat Mehreinnahmen von 1,5 Mrd. Euro, das FDP-Kinderchancengeld sogar 7,1 Mrd. Euro. Der Überschuss resultiere vor allem aus Mehreinnahmen durch Einkommensteuer und Soli. Zudem steige das Beitragsvolumen der So­zial­versicherung bei mehr Mindestlohn.

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