BIP

Privatkonsum bringt Euro-Wirtschaft in Schwung

Dank des kräftigen Privatkonsums hat sich die Euro-Wirtschaft im zweiten Quartal besser geschlagen als zunächst gemeldet. Das Vor-Corona-Niveau ist wieder überschritten. Die Aussichten sind dennoch trübe.

Privatkonsum bringt Euro-Wirtschaft in Schwung

ba Frankfurt

Die Euro-Wirtschaft hat sich im zweiten Quartal etwas besser geschlagen als zunächst gedacht. Schwung brachten vor allem die privaten Konsumausgaben, denn nachdem die Corona-Restriktionen ausgelaufen waren, hatten die Verbraucher ihre Geldbeutel wieder großzügig geöffnet. Angesichts der rekordhohen Inflation, die an der Kaufkraft nagt, und den Sorgen vor den künftigen Energie- und Heizkostenabrechnungen rangiert das Konsumklima derzeit nahe dem Rekordtief – im dritten Quartal dürfte der Verbraucher also als Wachstumsmotor ausfallen. Bei den Unternehmen wiederum wirken sich nicht nur die hohen Energie- und Rohstoffkosten negativ aus, auch wegen der Unsicherheit infolge des Ukraine-Kriegs stehen sie auf der Investitionsbremse. Experten sehen daher die Wirtschaft im gemeinsamen Währungsraum in die Rezession rutschen.

Laut Statistikamt Eurostat hat das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den drei Monaten bis Juni um 0,8 % zum Vorquartal zugelegt. In einer vorherigen Schätzung hatten die Luxemburger Statistiker noch ein Plus von 0,6% ermittelt. Zudem revidierten sie das Wachstum im Startabschnitt von 0,5% auf 0,7% nach oben. Im Vergleich zum zweiten Quartal des Vorjahres hat das BIP um revidiert 4,1 (zuvor: 3,9)% zugelegt nach einem Wachstum von 5,4% zu Jahresbeginn. Basierend auf saisonbereinigten Zahlen lag das BIP-Volumen im Euroraum 1,8% über dem Vorkrisenniveau des vierten Quartals 2019.

Schwunggeber des zweiten Quartals war der Privatkonsum, der einen Wachstumsbeitrag von 0,6 Prozentpunkten lieferte. Die Konsumaus­gaben des Staates brachten 0,1 Prozentpunkte, die Bruttoanlageinvestitionen wiederum sorgten für 0,2 Prozentpunkte Wachstum. Der Bei­trag des Handelsbilanzsaldos war da­gegen negativ mit −0,2 Prozentpunkten, da die Exporte um 1,3% zulegten, während die Importe um 1,8% kletterten (siehe Grafik). Den Beitrag der Vorratsveränderungen nannten die Luxemburger Statistiker „vernachlässigbar“.

Die Entwicklung in den einzelnen Ländern fällt weiter sehr unterschiedlich aus. Unter den größten Euro-Volkswirtschaften weisen die Niederlande mit 2,6% das mit Ab­stand stärkste Wachstum aus, gefolgt von Spanien und Italien mit je +1,1%. Deutschland hält mit +0,1% die rote Laterne. Ge­schrumpft sind hingegen durchweg die baltischen Staaten Estland (−1,3%), Lettland (−1,0%) und Litauen (−0,5%). Diese Staaten leiden nicht nur unter einer besonders hohen Inflation, bei ihnen dürften auch die einst besonders engen wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland negativ wirken.

Die Erwerbstätigkeit liegt derweil ebenfalls wieder über dem Vorkrisenniveau: Laut Eurostat waren im zweiten Quartal 164,1 Millionen Männer und Frauen erwerbstätig, das sind 2,7 Millionen mehr als im vierten Quartal 2019. Im Vergleich zum ersten Quartal legte die Erwerbstätigenzahl um 0,4% zu. Zum Startabschnitt lag das Plus noch bei 0,7%. Die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden stieg im Quartalsvergleich um 0,6%, gegenüber dem entsprechenden Quartal des Vorjahres um 3,7%. In Kombination mit den BIP-Daten ermöglichen die Erwerbstätigkeitsdaten eine Schätzung der Arbeitsproduktivität. Die Wachstumsanalyse im Jahresvergleich zeigt laut Eurostat, dass das Produktivitätswachstum von 2013 bis 2018 um etwa 1% schwankte, bevor die Covid-19-Pandemie im Jahr 2020 für hohe Volatilität sorgte. Im zweiten Quartal stieg die Produktivität um 1,5%.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.