Nach Berichten über baldige Powell-Entlassung

Schlagzahl im Kampf um Unabhängigkeit der Fed steigt

US-Präsident Donald Trump dementiert zwar Berichte über konkreter werdende Pläne zur Entlassung von Fed-Chef Jerome Powell. Doch die Unabhängigkeit der Notenbank gerät zunehmend in Zweifel.

Schlagzahl im Kampf um Unabhängigkeit der Fed steigt

Schlagzahl im Kampf um Fed-Unabhängigkeit steigt

dpa-afx/Bloomberg/Reuters/xaw Washington/New York

Der Kampf um die Unabhängigkeit der Federal Reserve gewinnt an Dramatik. So haben Berichte, gemäß denen US-Präsident Donald Trump schon bald versuchen könnte, den Notenbankvorsitzenden Jerome Powell zu feuern, am Mittwoch für Unruhe in Finanzkreisen gesorgt. Das „Wall Street Journal“ hatte vermeldet, dass der Republikaner hochrangige Vertreter seiner Partei nach ihrer Meinung zu einem möglichen Rauswurf des obersten US-Währungshütern befragt und bereits einen entsprechenden Brief aufgesetzt habe.

Trump dementiert Berichte

Der gegen einen Korb aus anderen Industrieländerwährungen gewichtete Dollar-Index fiel darauf um 0,3%, nachdem er zuvor an vier Handelstagen in Folge aufgewertet hatte – seit Jahresbeginn gerechnet liegt er noch immer mit 9,2% im Minus. Trump wies die Berichte über einen baldigen Versuch einer Entlassung Powells am Nachmittag US-Ostküstenzeit zurück. „Nein, wir haben nichts vor“, sagte Trump am Mittwoch auf Nachfrage von Reportern. Auf die Frage, ob er eine Entlassung Powells vollständig ausschließe, fügte der Präsident hinzu, dass dies „höchst unwahrscheinlich“ sei, „es sei denn, er muss wegen Betrugs gehen“. Er räumte aber ein, dass er mit republikanischen Abgeordneten über einen Rauswurf gesprochen habe.

Werden keine Freunde mehr: Donald Trump sitzt Jerome Powell (rechts) im Nacken.
Werden keine Freunde mehr: Donald Trump sitzt Jerome Powell (rechts) im Nacken.
picture alliance / ZUMAPRESS.com | Yin Bogu

Trump hatte Powell immer wieder heftig angegriffen und Zinssenkungen verlangt. Er beschimpfte den Notenbankchef am Mittwoch als „Blödmann“, der einen schrecklichen Job mache. Die Amtszeit von Powell endet im Mai 2026. Es gebe viele Leute, die den Posten als Notenbankchef anstrebten, sagte Trump. Er suche aber nur „Niedrigzinsleute“ für den Job. Vertreter der Fed äußerten sich auf Anfrage der Börsen-Zeitung bis Mittwochabend Ostküstenzeit nicht zur neuen Eskalation im Konflikt zwischen dem Weißen Haus und der Notenbank.

Renovierung von Fed-Zentrale als Streitpunkt

Die Vorwürfe, die Trump jetzt Powell macht, beziehen sich auf die Renovierung der Fed-Zentrale in Washington, die wohl deutlich teurer sein wird als ursprünglich geplant. Es sei möglich, dass es Betrug gegeben habe, sagte Trump. Er gehe davon aus, dass bereits gegen Powell ermittelt werde. Der Oberste Gerichtshof in Washington hatte im Mai signalisiert, dass Trump Führungsmitglieder der Fed nicht ohne triftigen Grund entlassen darf.

Allerdings sehen Ökonomen die Unabhängigkeit der Notenbank so stark bedroht wie noch nie. Nun betonen auch Spitzenkräfte der Wall Street, wie wichtig die Autonomie der Fed für funktionsfähige Finanzmärkte sei. Brian Moynihan, CEO von Bank of America, sagte in einem Interview mit „Bloomberg TV“ am Mittwoch, die Notenbank sei „als unabhängig konzipiert worden“ und müsse kontrolliert, aber „außerhalb des Zugriffs der Exekutive und des Kongress stehen“.

Bankchefs pochen auf Fed-Autonomie

Jamie Dimon, Vorstandschef des größten US-Geldhauses J.P. Morgan, bezeichnete die Unabhängigkeit der Fed bereits in einer Analystenschalte zur Zahlenvorlage seines Instituts am Dienstag als „absolut entscheidend“. Sich bei der Notenbank einzumischen, „kann oft nachteilige Konsequenzen haben“, betonte der CEO. Dies gelte nicht nur unter Powell, den Dimon nach eigener Aussage respektiert, sondern auch unter seinem etwaigen Nachfolger.

Will nicht in der Nase bohren: Jamie Dimon, CEO von J.P. Morgan, spricht sich für die Autonomie der Fed aus.
Will nicht in der Nase bohren: Jamie Dimon, CEO von J.P. Morgan, spricht sich für die Autonomie der Fed aus.
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David Solomon, Vorstandschef von Goldman Sachs, betonte in einem Interview mit dem Wirtschaftssender „CNBC“, die Autonomie der Zentralbanken „nicht nur hier in den Vereinigten Staaten, sondern auch rund um den Globus, hat uns unglaublich gute Dienste geleistet“. Es lohne sich zu kämpfen, um diese Unabhängigkeit zu wahren. Analysten fürchten bereits, dass das Tauziehen zwischen Trump und den Verfechtern einer datenorientierten Geldpolitik in einem harten und lang gezogenen Rechtsstreit münden wird.

Notenbanker wollen an Kurs festhalten

Der Präsident der New Yorker Notenbank, John Williams, pochte nach Trumps Angriffen ebenfalls auf die Unabhängigkeit der Notenbank. Eine direkte Stellungnahme zu Berichten, wonach Trump eine Entlassung von Fed-Chef Jerome Powell erwogen habe, lehnte er jedoch ab: „Ich kann das nicht kommentieren“, sagte Williams am Mittwoch vor Journalisten. Williams bekräftigte, eine unabhängige Zentralbank erziele bessere Ergebnisse und die Mitarbeiter der Fed konzentrierten sich unbeirrt auf den Auftrag der Notenbank.

Zudem verwies Williams auf eine Kluft zwischen den Konjunkturerwartungen von Ökonomen und der optimistischeren Sicht der Finanzmärkte. Mit Blick auf die Haltung der Märkte sagte er: „Die Finanzierungsbedingungen insgesamt stützen das Wachstum.“ Der derzeitige geldpolitische Kurs werde dazu beitragen, die Inflation zu senken und den Arbeitsmarkt leicht abzuschwächen. Der Status des Dollar als wichtigste Reservewährung sei trotz eines jüngsten Wertverlusts unverändert, fügte Williams hinzu.

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