FTX-Zusammenbruch

Existenzkrise am Kryptomarkt

Die Rettung der in Liquiditätsnöte geratenen Kryptobörse FTX durch die Konkurrentin Binance ist gescheitert. Dem gesamten Digital-Assets-Markt drohen nun verheerende Folgen.

Existenzkrise am Kryptomarkt

Der Rückzieher der Kryptobörse Binance im Übernahmedrama um die in Liquiditätsnöte geratene Konkurrentin FTX droht den Kryptomarkt in eine tiefe Existenzkrise zu stürzen. Hatten die CEOs beider Handelsplattformen am Dienstagabend noch überraschend erklärt, Binance wolle der angeschlagenen Wettbewerberin zur Seite springen, zerschlug sich die Hoffnung auf Rettung bereits am späten Mittwoch wieder. So machten Insiderberichte die Runde, gemäß denen Binance bei ihrer Due Diligence auf eine milliardenschwere Lücke zwischen den Verbindlichkeiten und Assets von FTX gestoßen sei – die Probleme bei der Konkurrenz überstiegen die Hilfsmöglichkeiten des Marktführers, wie die vom chinesisch-kanadischen Geschäftsmann Changpeng Zhao geführte Handelsplattform mitteilte.

Ohne eine Milliardenfinanzspritze muss FTX wohl Insolvenz anmelden – infolge des Zusammenbruchs droht nun ein ausgedehntes Deleveraging an den Kryptomärkten, das die ohnehin unter Druck stehenden Kurse zahlreicher Cyberdevisen noch massiv belasten dürfte. Die US-Großbank J.P. Morgan rechnet beispielsweise mit einem Bitcoin-Absturz auf 13.000 Dollar – am Mittwoch rutschte die führende Digitalwährung erstmals seit November 2020 unter die Marke von 16.000 Dollar. Hintergrund ist die starke Verflechtung von FTX, ihrem Gründer Sam Bankman-Fried und dessen Tradingfirma Alameda Research mit dem Rest des Krypto-Ökosystems.

Wie schnell eine Insolvenzwelle durch den im Vergleich zu anderen Assetklassen kleinen und illiquiden Kryptomarkt rollen kann, hat sich dabei erst im Frühjahr gezeigt. Der Crash des Stablecoins Terra USD, der Anfang Mai jegliche Bindung zum Dollar verlor, zog schnell Zusammenbrüche mehrerer Lending-Plattformen und des Hedgefonds Three Arrows Capital nach sich. Der im Zuge der aktuellen Krise unter Druck stehende Bankman-Fried war damals noch als Retter für in Not geratene Digital-Assets-Dienstleister aktiv – umso größer ist nun der Schock der Investoren darüber, dass auch der mächtige Unternehmer nicht vor der Unberechenbarkeit des Markts für digitale Anlagen sicher ist und nun selbst bei externen Investoren um Hilfe betteln muss.

Durch den Absturz Bankman-Frieds, dessen Vermögen laut Bloomberg zuletzt binnen eines Tages von 14,6 Mrd. Dollar auf weniger als 1 Mrd. Dollar einbrach, verliert die Branche einen Hoffnungsträger. Zugleich reduziert sich die Zahl der bilanzkräftigen Unternehmen im Krypto-Segment, die Konkurrenten mit geringen Reserven und hohem Leverage retten können, weiter. Noch schwerer wiegt die Enttäuschung externer Geldgeber über den FTX-Zusammenbruch. Die Kryptobörse hatte bei vergangenen Finanzierungsrunden Investoren wie Soft Bank, Blackrock oder den US-Hedgefonds Tiger Global angelockt. Die Venture-Gesellschaft Sequoia hat den gesamten Wert ihrer Beteiligungen an FTX.com und FTX.us bereits abgeschrieben. In der Folge ist die Gefahr groß, dass zahlungskräftige Risikokapitalgeber künftig auch vor anderen Krypto-Investitionen zurückschrecken.

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