Börsennotierung als Hemmschuh
Spectris-Übernahme
Börsennotierung als Hemmschuh
von Andreas Hippin
Vermutlich haben die wenigsten Leser schon einmal von Spectris gehört. Das ist nicht weiter schlimm. Es handelt sich um eine solide FTSE-250-Gesellschaft, die in den vergangenen Jahren keine großen Schlagzeilen gemacht hat. Umso erstaunlicher ist, dass die Anteilseigner des Messtechnik-Experten nun für ihre Aktien nahezu den doppelten Börsenwert ausgezahlt bekommen.
Vorangegangen ist ein Elefantenringen zwischen zwei Kaufinteressenten, den US-Finanzinvestoren Advent und KKR, bei dem letzterer den Sieg davontrug. Dem Spectris-Board dürfte klar gewesen sein, dass das Unternehmen im Falle eines Verbleibs an der Börse nicht in der Lage sein würde, den Anlegern eine derartige Rendite zu liefern. Der Kurs stand seit Anfang vergangenen Jahres wegen schwacher Geschäfte, der Zollpolitik des US-Präsidenten Donald Trump und der steigenden Verschuldung unter Druck.
Steile Rendite
Nun könnte man glauben, dass Private-Equity-Gesellschaften unter so großem Anlagedruck stehen, dass sie überhöhte Preise für Übernahmeziele zahlen. Davon kann in diesem Fall aber nicht die Rede sein. Nach Rechnung der UBS kann KKR zu diesem Preis eine Rendite (IRR) von 35% erzielen. Selbst im Negativszenario käme der Käufer immer noch auf 20%.
Das wirft die Frage auf, warum der Kurs der an der London Stock Exchange notierten Gesellschaft diesem Potenzial nicht Rechnung trägt. Es ist zudem nicht der erste Fall dieser Art. Die Aktionäre des Chipdesigners Alphawave IP durften sich über eine Übernahmeprämie in vergleichbarer Höhe freuen.
Viele Pflichten, wenig Vorteile
Die Börsennotierung erweist sich für solche Unternehmen zunehmend als Hemmschuh. Sie können ihre Aktien wegen der niedrigen Bewertungen nicht als Übernahmewährung nutzen. Der Fokus der Anleger auf Quartalsberichte und ihre allgemeine Risikoaversion lassen langfristige Überlegungen in den Hintergrund treten. Hinzu kommen umfassende Offenlegungs- und Berichterstattungspflichten. Kein Wunder, dass sich viele mit Freuden vom Kurszettel streichen lassen. Kein Wunder auch, dass in London immer weniger den Sprung aufs Parkett wagen.