Trumps Rachefeldzug setzt US-Banken unter Druck
Im Blickfeld
Trumps Rachefeldzug setzt US-Banken unter Druck
Der US-Präsident sieht sich von Amerikas Geldhäusern ungerecht behandelt. Durch sein Vorgehen gegen „Debanking“ eröffnet er finanzielle Risiken für den Sektor.
Von Alex Wehnert, New York
Ein Konflikt aus der Vergangenheit holt Amerikas führende Geldhäuser ein. Im Jahr 2021 hat US-Präsident Donald Trump das Weiße Haus gerade nach seiner ersten Amtszeit verlassen – und sucht nach eigener Darstellung vergeblich nach einer Bank. J.P. Morgan und Bank of America, so berichtet es der Republikaner jüngst in einem Interview mit dem Wirtschaftssender „CNBC“, hätten ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen. In der Folge habe er an der Wall Street herumtingeln müssen, um neue Konten zu eröffnen. „Die Banken haben mich sehr schlimm diskriminiert, dabei war ich doch sehr gut zu ihnen“, sagte der Präsident, der „so etwas“ nach eigenen Angaben „noch nie erlebt“ hatte.
Neue Vorgabe für Aufseher
Nun, in seiner zweiten Amtszeit, bläst Trump zum Rachefeldzug. Mit einem in der vergangenen Woche Exekutivbeschluss nimmt er das „unrechtmäßige Debanking“ in den Fokus. Demnach dürfen Banken „den Zugang zu Finanzdienstleistungen für gesetzestreue Bürger und Unternehmen nicht aufgrund politischer oder religiöser Überzeugungen beschränken“. Aufsichtsbehörden um die Federal Reserve dürfen bei ihrer Bewertung von Bankbilanzen damit keine separate Kontrolle bestimmter Assets und Verbindlichkeiten nach Reputationsrisiken mehr vornehmen. Die Treasury soll nun eine „umfassende“ Strategie entwickeln, um gegen Debanking vorzugehen.
Trump stellt seine eigenen Beziehungen zu den Banken dabei vereinfacht dar. Diese reichen in die 1980er und 1990er Jahre zurück, als der damalige Immobilienunternehmer große Entwicklungs- und Renovierungsprojekte in Manhattan vorantrieb, Casinos in Atlantic City eröffnete und sich Insidern zufolge als Corporate Raider versuchte.
Seit Jahrzehnten im Clinch
Viele Geldhäuser zogen sich angesichts der viel kritisierten Geschäftspraktiken des späteren Präsidenten zurück – im Jahr 1995 legte er einen Default auf Bankkredite im Volumen von über 3 Mrd. Dollar hin, worauf Gläubiger die Kontrolle über das luxuriöse Plaza Hotel am Südende des Central Park und weitere Immobilien übernahmen. Damit ersparten sie Trump den Gang in die Privatinsolvenz. Sein Rückzug aus dem Geschäft mit Immobilienprojekten, für die große Finanzierungen nötig waren, ist ein weiterer Grund dafür, dass seine Beziehungen zu vielen US-Finanzinstituten einschliefen.
Wenngleich Trumps Kritik am Debanking laut Wegbegleitern stark gefärbt ist, findet er mit dieser Widerhall über das politische Spektrum hinweg. Auch Verfechter von Verbraucherrechten wie die demokratische Senatorin Elizabeth Warren (Massachusetts) kritisieren die Geschäftspraktiken von Geldhäusern, die Kundenkonten ohne ausreichende Ankündigung und ohne Begründung schlössen.

Allein im vergangenen Jahr gingen beim unter Trump entkernten Consumer Financial Protection Bureau (CFPB) über 52.800 Beschwerden zu Giro- und Sparkonten ein, 2017 waren es noch knapp 12.800. Tausende davon beziehen sich laut dem Banking-Ausschuss des US-Senats auf die unrechtmäßige Schließung von Einlagenkonten bzw. massive Probleme bei der Eröffnung solcher Accounts.
Bei der größten Zahl der Beschwerden stehen J.P. Morgan, Bank of America und Wells Fargo im Fokus. Laut dem Senatsausschuss reicht nur ein kleiner Teil der Verbraucher überhaupt Beschwerden beim CFPB ein, möglicherweise seien also Millionen Kunden von Debanking betroffen. Laut der Einlagensicherung FDIC verfügten Ende 2023 rund 96% der US-Haushalte über mindestens ein Giro- oder Sparkonto, damit blieben rund 5,6 Millionen Haushalte von traditionellen Banken oder Sparkassen abgeschnitten.
Hohe Strafen drohen
Tatsächlich besitzen US-Finanzinstitute bisher weiten Spielraum bei der Schließung von Konten, zum Beispiel aufgrund unzureichender Liquidität oder des Verdachts auf kriminelles Verhalten. Solche Schritte zielen häufig auf die Vermeidung von Geldwäsche und Terrorismus-Finanzierung ab und dienen dem Abbau regulatorischer und finanzieller Risiken. Jamie Dimon, Vorstandschef von J.P. Morgan, sprach in einem von seiner Bank gesponserten Podcast bereits im Januar von „enormem Druck“ durch Bundesbehörden. Schlössen die Geldhäuser Konten bei Betrugsverdacht nicht sofort, riskierten sie Strafen im Umfang von mehreren 100 Mill. Dollar. Zugleich sei es ihnen nicht erlaubt, Kunden mitzuteilen, warum sie die Geschäftsbeziehung abbrächen und wann sie Meldung an die Regierung erstatteten – dies müsse sich ändern.
Vorwürfe rund um Sturm aufs Kapitol
Trump macht das Debanking von der regulatorischen und verbraucherrechtlichen Herausforderung nun indes zur Frage der politischen Gesinnung. Bereits im Rahmen des Weltwirtschaftsforums war der Präsident Ende Januar auf Amerikas Geldhäuser losgegangen. „Ich hoffe, Sie fangen an, Ihre Bank für Konservative zu öffnen“, sagte der per Video zugeschaltete Republikaner damals zu Brian Moynihan, CEO von Bank of America. Viele Kunden beschwerten sich, dass das zweitgrößte US-Geldhaus ihnen nicht erlaube, mit ihm Geschäfte zu machen. „Ich weiß nicht, ob die Regulatoren das wegen Biden vorgegeben haben“, fügte Trump mit Seitenhieb auf seinen Amtsvorgänger hinzu. Doch „was Sie tun, ist falsch“, donnerte Trump und warnte auch Dimon.
Zuvor machten konservative Gruppen Bank of America und Citigroup den Vorwurf, Kunden hinsichtlich ihrer politischen oder religiösen Überzeugungen überwacht zu haben. Republikaner im Kongress kritisieren die Häuser, weil sie nach dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 mit dem FBI kooperierten und dabei angeblich private Daten geteilt hätten, um „gewalttätige einheimische Terroristen“ zu identifizieren. Dabei hätten sie auch das Recht auf religiöse und politische Freiheit verletzt, behaupten Kritiker. Bank of America betont, in ihren Interaktionen mit Strafverfolgungsbehörden und dem Finanzministerium immer geltendes Recht befolgt zu haben.
Institute weisen Anschuldigungen zurück
Vorstandschef Moynihan ging beim Weltwirtschaftsforum nicht direkt auf Trumps neue Angriffe ein. „Wir arbeiten für mehr als 70 Millionen Kunden und heißen Konservative willkommen“, teilte Bank of America damals auf Anfrage der Börsen-Zeitung mit. Das Geldhaus müsse umfassende Vorgaben der Regierung und ihrer Regulierungsbehörden befolgen, die manchmal dazu führten, dass es Kundenbeziehungen beende. Doch habe Bank of America noch nie aufgrund von politischen Positionen Konten geschlossen oder Abstand von einer Geschäftsbeziehung genommen. Es gebe kein regulatorisches Rahmenwerk, das dem Finanzinstitut einen Umgang mit konservativen Kunden untersage. „Wir verfügen über keinen politischen Lackmustest“, heißt es in der Stellungnahme.
Ähnlich äußert sich J.P. Morgan. „Wir haben noch nie einen Account aus politischen Gründen geschlossen und würden das auch nie tun, Punkt“, betonte eine Sprecherin gegenüber der Börsen-Zeitung. „Wir befolgen das Gesetz und die Vorgaben unserer Regulatoren und sagen schon seit längerem, dass es Probleme mit dem aktuellen Rahmenwerk gibt, die Washington adressieren muss.“ Die Bank begrüße die Gelegenheit, „mit der neuen Administration und dem Kongress Wege zu erarbeiten, regulatorische Unklarheiten zu beseitigen und zugleich die Fähigkeit unseres Landes aufrechtzuerhalten, gegen Finanzkriminalität vorzugehen.“
Geldhäuser auf schmalem Grat
Der Branchenprimus und seine Konkurrenten müssen also auf einem schmalen Grat wandeln: Einerseits gilt es für sie, den wütenden Präsidenten zu besänftigen – andererseits müssen sie Rückstände bei der Bekämpfung von Geldwäsche aufholen. Morgan Stanley drohen wegen mutmaßlich mangelhafter Risikokontrollen und Know-Your-Customer-Prozesse beispielsweise erneut hohe Geldstrafen. Und auch die operativen Schwierigkeiten für Finanzinstitute nehmen laut Analysten dadurch zu, dass sie es künftig schwerer haben dürften, die Beziehung zu illiquiden Kunden zu kappen. Der seit Jahren schwelende Konflikt mit Trump beschwört also erhebliche neue Risiken herauf.