Handelsstreit

Zolldreist

US-Präsident Donald Trump verhöhnt die EU und verspottet die ernsthaften Bemühungen der Europäer um eine Lösung im Handelsstreit. Die EU sollte daher jetzt die erste Stufe der Gegenmaßnahmen zünden.

Zolldreist

Handelsstreit

Zolldreist

Von Detlef Fechtner

Die jüngste Ankündigung von US-Präsident Donald Trump im Handelsstreit mit der EU ist nicht einfach nur eine weitere offensive Ansage wie in den zurückliegenden Wochen. Die aktuelle Ankündigung eines Zolls von 30% auf alle Waren hat einen ganz anderen Charakter. Sie ist ein Affront, eine diplomatische Frechheit, eine Verhöhnung der Verhandlungspartner – schlicht tolldreist, oder in diesem speziellen Falle zolldreist. Trump verspottet das ernsthafte Bemühen der Europäer um eine Rahmenvereinbarung, indem er noch vor Ende der von ihm selbst verlängerten Verhandlungsfrist und entgegen allen seinen eigenen Signalen einer Annäherung drakonische Aufschläge ausruft. Auf der Grundlage einer solchen Rahmenvereinbarung hätten beide Seiten in der erforderlichen Detailarbeit die Handelsbeziehungen eigentlich neu justieren können – in beiderseitigem Interesse.

Dass die US-Regierung im Subtext des von Trump veröffentlichten Pamphlets durchscheinen lässt, sich ja vielleicht doch noch zu bewegen, falls die EU endlich ihre Gesetzgebung über Lebensmittelstandards oder digitale Dienste in die Tonne tritt, vervollständigt den Eindruck der völligen Geringschätzung der gesetzgeberischen Souveränität der Europäischen Union. In Anlehnung an Giovanni Trapattoni möchte man ausrufen: Was erlauben Trump?

Streit um Grundpfeiler des Wohlstands

Natürlich ist es extrem schwierig, nun die richtigen diplomatischen Ableitungen zu treffen, schließlich geht es nicht um einen Streit mit dem Nachbarn um überhängende Äste des Birnbaums, sondern um einen Konflikt über Grundpfeiler des Wohlstands der europäischen Volkswirtschaften, nämlich den enorm wichtigen transatlantischen Außenhandel. Eingedenk der erheblichen Wohlstandsrisiken, die damit verbunden sind, war es nachvollziehbar und überzeugend, dass EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen bislang die Anwendung von Gegenmaßnahmen aufgeschoben hat.

Harte Gangart erfolgreicher

Aber der Brief vom Samstag hat die Lage verändert, denn jetzt ist offenbar, dass eine auf Zugeständnisse setzende Verhandlungsführung nicht zum Erfolg führt. Ob eine harte Gangart erfolgreicher sein wird, ist zwar nicht ausgemacht – aber es ist zumindest möglich, dass Trump dann endlich bereit sein könnte, erwachsen mit der EU zu verhandeln, wenn er einige der Schmerzpunkte vorgeführt bekommt, die Europa der US-Wirtschaft durch handelspolitische Instrumente zufügen kann. Deshalb sollte die EU, wie geplant, am Montag die erste Stufe der Gegenmaßnahmen zünden und zügig den zweiten Konter starten, idealerweise in enger Absprache mit Kanadiern und anderen Adressaten von Briefen aus dem Weißen Haus.


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