Märkte am Mittag

Schwache US-Märkte ziehen den Dax erneut ins Minus

Für den deutschen Leitindex geht es bis zum Mittag erneut bergab. Von Gerüchten über eine bevorstehende Fusion beflügelt sticht unter den Einzelwerten Qiagen positiv heraus.

Schwache US-Märkte ziehen den Dax erneut ins Minus

Schwache Vorgaben aus Übersee haben den Dax am Dienstag erneut ausgebremst. Bis zum Mittag verlor der deutsche Leitindex 1,19% auf 12.126,77 Punkte, womit er wieder an seine Verluste nach dem starken Monatsauftakt anknüpfte. Für den MDax der mittelgroßen Unternehmen ging es zuletzt um 1,54% auf 22.129,06 Punkte bergab und der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 sank um mehr als 1%.

„Wenngleich statistisch betrachtet nun die Herbstrally begonnen hat, kann wahrhaftig noch nicht von einem goldenen Oktober gesprochen werden. Eine nachhaltige Erholung will im Augenblick nicht gelingen – Gegenbewegungen scheinen vielmehr zum Ausstieg als zum Einstieg genutzt zu werden“, schreibt Analyst Christian Henke vom Broker IG. Auch mit Blick auf die am Donnerstag anstehenden US-Inflationsdaten „bleiben die Marktteilnehmer dem Treiben auf dem Börsenparkett fern“.

„Solange die konjunkturellen Aussichten so düster und die politischen Risiken so hoch sind, traut sich kaum jemand an Aktien ran“, sagt auch Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. „Die günstigen Bewertungen reichen den meisten im Moment als Kaufargument nicht aus.“

Laut Marktbeobachter Michael Hewson vom Broker CMC Markets tun sich die Anleger nach einer zuletzt schwankungsreichen Phase derzeit schwer mit der Richtungsfindung. Vor dem am Mittwoch anstehenden Protokoll der jüngsten Sitzung der US-Notenbank Fed und den am Donnerstag fälligen US-Inflationszahlen dürfte die Stimmung seiner Meinung nach angespannt bleiben, da die Märkte einen weiteren Zinsschritt der Fed um 75 Basispunkte im November befürchten.

Bereits zu Wochenbeginn hatten die schwachen US-Aktienmärkte den Dax seiner vorherigen Erholungsgewinne beraubt. Vor allem an der Technologiebörse Nasdaq war es deutlich bergab gegangen: Der Auswahlindex Nasdaq 100 war angesichts schwacher Chipwerte auf den tiefsten Stand seit rund zwei Jahren abgerutscht. Sie litten Hewson zufolge darunter, dass die US-Regierung weitere Beschränkungen für Chinas Zugang zu amerikanischer Halbleitertechnologie angekündigt habe. „Diese Abwärtsbewegung scheint sich in einer Schwäche der asiatischen Märkte niedergeschlagen zu haben.“

Fusionsgerüchte treiben Qiagen

Im Dax stachen Qiagen und Symrise mit deutlichen Kursausschlägen heraus. Die Titel des Labordienstleisters Qiagen eroberten dank eines Kurssprungs von über 6% die Indexspitze, nachdem das „Wall Street Journal“unter Berufung auf Insider über schon seit einiger Zeit laufende Fusionsgespräche mit dem US-Konkurrenten Bio-Rad Laboratories berichtet hatte. Vortags hatten die Qiagen-Aktien noch unter einer Abstufung durch die Investmentbank Oddo BHF gelitten. Um Qiagen kursieren schon länger Spekulationen über eine Partnerschaft.

Dagegen war der Aromen- und Duftstoffeherstellers Symrise mit fast 5% Minus einer der größten Verlierer im deutschen Leitindex. Die Aktien wurden von schwachen Givaudan-Umsatzzahlen in Mitleidenschaft gezogen.

Ansonsten bewegten vor allem Analystenkommentare die Kurse. Heidelberg Materials verloren gut 2%, nachdem die US-Bank JPMorgan die Papiere auf „Negative Catalyst Watch“ gesetzt hatte. Analystin Elodie Rall rechnet mit einem Rückgang des operativen Quartalsergebnisses (Ebitda) auf vergleichbarer Basis. Es werde für den Baustoffekonzern schwierig, die Jahresziele zu erreichen.

Im MDax zählte der Gabelstaplerhersteller Kion mit einem Kursplus von 1,8% zu den Favoriten der Anleger, nachdem die US-Investmentbank Bank of America die Papiere hochgestuft hatte und sie nun zum Kauf empfiehlt. Analyst George Featherstone sieht nach dem Kursrutsch der vergangenen Wochen auf ein Rekordtief nun eine gute Anlagechance. Er geht davon aus, dass Kion eine Kapitalerhöhung umgehen kann, und sieht mittelfristig fundamental alles im Reinen.

Dagegen büßten die zu Wochenbeginn starken Anteilsscheine des Chemiekonzerns Evonik 3% ein. Während die US-Bank Morgan Stanley ihre Kaufempfehlung strich, bekräftigte Analystin Georgina Fraser von Goldman Sachs ihr Verkaufsvotum – trotz des Ergebnispotenzials für die Branche durch den Expertenvorschlag für eine deutsche Gaspreisbremse. Als deren größte Profiteure sieht Fraser allerdings die Dax-Branchenkollegen BASF und Covestro. Diese zollten indes mit deutlichen Abschlägen ebenfalls ihrer guten Vortagsentwicklung Tribut.

Im Nebenwerte-Index SDax setzte Instone mit einem Kursrutsch von knapp 14% auf ein erneutes Rekordtief seine Talfahrt fort und belegte den letzten Platz. Die britische Investmentbank Barclays nahm die Beobachtung des Projektentwicklers für Wohnimmobilien mit dem Anlagevotum „Underweight“ auf, womit sie der Aktie in den kommenden zwölf Monaten im Vergleich zur Branche eine unterdurchschnittliche Kursentwicklung prognostiziert.

Die Aktien von Vitesco legten eine Berg- und Talfahrt hin und verloren zuletzt über 4%, nachdem der Antriebsspezialist sich zum geplanten Wachstum mit Elektroautokomponenten geäußert hatte. Dass das seit September 2021 börsennotierte Unternehmen für das abgeschlossene Geschäftsjahr 2023 die erste Dividende zahlen will, überzeugte die Anleger ebenfalls nicht.

Die Anteilsscheine von About You verbilligten sich um mehr als dreieinhalb Prozent. Der Online-Modehändler legte endgültige Zahlen für das zweite Geschäftsquartal vor und will angesichts der flauen Verbraucherstimmung und der unerwartet schwachen Ergebnisse nun mit Kostensenkungen gegensteuern.

Beim Windturbinenhersteller Nordex ließ ein Auftrag aus Polen die Anleger kalt: Die Aktien verloren 1,3 Prozent.

Not-Anleihekäufe der BoE

Erneute Finanzspritzen der Bank von England (BoE) schickten am Dienstag das Pfund Sterling auf Talfahrt. Es verlor bis zu 0,5% auf 1,0996 Dollar. Zur Beruhigung der Finanzmärkte kündigte die Zentralbank den Kauf von inflationsgeschützten Anleihen an. Zum Wochenauftakt hatte ein erneuter Ausverkauf bei britischen Anleihen die Finanzmärkte weltweit in Aufruhr versetzt. Dies trieb die Rendite der zehnjährigen Gilts wieder in Richtung ihres 14-Jahres-Hochs von 4,582% von Ende September.