Kryptobörse

FTX stellt Insolvenzantrag in den USA

Die Kryptobörse FTX hat in den USA Gläubigerschutz nach Chapter 11 beantragt. Auch ihre Lizenz für den Betrieb in Europa will der zuständige Regulator nun wohl zurückziehen.

FTX stellt Insolvenzantrag in den USA

xaw Frankfurt

Die von Marktteilnehmern befürchtete Zahlungsunfähigkeit der Kryptobörse FTX ist Realität. Die Handelsplattform hat in den Vereinigten Staaten Gläubigerschutz nach Kapitel 11 des US-Insolvenzrechts beantragt, wie das Unternehmen am Freitag mitteilte. Betroffen sind mehr als 130 mit der Handelsplattform verbundene Geschäftseinheiten. FTX-Gründer Sam Bankman-Fried trat von seinem Chefposten zurück. Angeblich will Zypern nun auch die Lizenz, mit der FTX.com in der Europäischen Union operieren durfte, suspendieren. Die zyprische Wertpapieraufsicht habe den Europa-Ableger von FTX bereits am Mittwoch aufgefordert, den Betrieb einzustellen, teilte eine Sprecherin der Behörde mit.

Die Kryptobörse und der einst als Wunderkind gefeierte 30 Jahre alte Bankman-Fried gerieten in den vergangenen Tagen massiv unter Druck. Am Donnerstagabend gab die Wertpapieraufsicht der Bahamas – auf dem Archipel ist das internationale Geschäft von FTX ansässig – bekannt, Vermögenswerte des Unternehmens eingefroren und einen Insolvenzverwalter mit der Abwicklung beauftragt zu haben. So ermittelt die US-Börsenaufsicht SEC derzeit, inwieweit der Unternehmer für die Liquiditätsnöte verantwortlich war. Auch Ermittlungen gegen den US-Ableger von FTX und Bankman-Frieds Trading-Firma Alameda Research laufen bereits.

Bankman-Fried gab laut Insidern in einem Investorencall zu, dass Alameda Schulden in Höhe von 10 Mrd. Dollar bei FTX habe und die Handelsplattform auch Kundengelder aufgewandt habe, um ihre Schwesterfirma zu stützen. Alameda kündigte bereits am Donnerstag an, den Betrieb einzustellen. Für FTX befand sich Bankman-Fried zuletzt noch in Verhandlungen über Finanzspritzen.

Die Hoffnung auf eine Übernahme durch die Konkurrentin Binancezerschlug sich dagegen bereits am Mittwoch, nachdem eine massive Lücke zwischen Assets und Verbindlichkeiten von FTX offenbar geworden war. Das Bilanzloch soll sich auf bis zu 8 Mrd. Dollar belaufen – eine Summe, die laut Binance-Chef Changpeng Zhao auch die Hilfsmöglichkeiten der Marktführerin unter den Kryptobörsen überstieg.

Die Krise nahm ihren Lauf, nachdem Anfang November Berichte über Solvenzprobleme bei Alameda die Runde machten. Darauf kam es bei FTX zu einem Nutzerexodus – zu Beginn der alten Börsenwoche musste die Plattform binnen 72 Stunden 6 Mrd. Dollar an Abhebungen verkraften, worauf sie die Abhebungsfunktion deaktivierte. Der hauseigene Token FTT brach ein, seine Marktkapitalisierung sackte bei hektischer Trading-Aktivität binnen weniger Tage von über 3 Mrd. Dollar auf 300 Mill. Dollar ab.

Kapitalspritze für Broker

Weil Bankman-Fried, Alameda und FTX in der Vergangenheit wiederholt als Liquiditätsprovider für in Not geratene Digital-Assets-Firmen auftraten, kamen schnell Sorgen vor den Ansteckungseffekten einer Pleite auf. Die Lending-Plattform BlockFi, der FTX noch im Juni mit einer Kreditfazilität beigesprungen war, stellte die Auszahlungen ein. Mehrere Dienstleister, darunter der Broker Genesis, vermeldeten, großvolumige Mittel auf FTX angelegt zu haben und nicht auf diese zugreifen zu können. Genesis erhält von ihrer Muttergesellschaft Digital Currency Group nun eine Kapitalspritze von 140 Mill. Dollar. Derweil setzte sich zum Wochenschluss angesichts der Verstrickungen im Kryptosegment die Talfahrt populärer Cyberdevisen wie Bitcoin fort.

Marktteilnehmer dürften die weiteren Schritte im Konkursverfahren von FTX nun gespannt beobachten. Bei einer Insolvenz nach Chapter 11 kann ein Unternehmen den Betrieb fortführen, während es einen Rückzahlungsplan für seine Schulden ausarbeitet. Auch kann es neue Kredite aufnehmen, die Vorrang vor alten Forderungen haben.

Bankman-Fried soll zuletzt zudem angekündigt haben, sein Privatvermögen für die Entschädigung von Nutzern und Investoren aufwenden zu wollen. Dies dürfte nun schwierig werden: War der Unternehmer zu Wochenbeginn noch 16 Mrd. Dollar schwer, ist der Wert seiner Assets laut dem Investitionsdienstleister Bloomberg nun nahezu auf null gesunken.