Jahrespressekonferenz des BVR

Kreditgenossen verdienen zweistelligen Milliardenbetrag

Den Kreditgenossen sind 2023 hohe Zinsüberschüsse und Wertaufholungen bei Wertpapieren zugutegekommen. Sie verdienten vor Steuern mit 10,7 Mrd. Euro fast zweieinhalb Mal so viel wie 2022. Aber auch die Risikovorsorge stieg beachtlich.

Kreditgenossen verdienen zweistelligen Milliardenbetrag

Kreditgenossen verdienen zweistelligen Milliardenbetrag

Vorsteuerergebnis mehr als verdoppelt – Hohe Zinseinnahmen und Wertpapier-Zuschreibungen geben Genossenschaftsbanken Auftrieb – Risikovorsorge steigt

fir Frankfurt

Die Genossenschaftsbanken haben im vergangenen Jahr ihr Vorsteuerergebnis auf 10,7 Mrd. Euro mehr als verdoppelt. Die 697 Institute steigerten den Zinsüberschuss um 15% und den Provisionsüberschuss um gut 4% und profitierten davon, dass sich die hohen Abschreibungen auf Wertpapiere im Eigenbestand, die sich 2022 auf 5,7 Mrd. Euro summiert hatten, nun erwartungsgemäß in Zuschreibungen verkehrten. Insgesamt 1,4 Mrd. Euro an Wertaufholungen verbuchten die Volks-, Raiffeisen-, Sparda- und PSD-Banken, hieß es anlässlich der Jahrespressekonferenz des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) am Mittwoch in Frankfurt.

Genossenschaftsbanken
Vorläufige Kennzahlen nach HGB
in Mill. Euro20232022
Zinsüberschuss20.56817.828
Provisionsüberschuss6.5086.240
Verwaltungsaufwand16.61715.746
Betriebsergebnis vor Bewertung11.6219.441
Bewertungsergebnis-698-4.052
Ergebnis vor Steuern10.6914.538
Zuführung Fonds für allgemeine Bankrisiken3.951117
Jahresüberschuss nach Steuern3.4863.307
Bilanzsumme (Mrd.)1.1751.175
Mitglieder (in Mill. zum 31.12.)17,8317,95

Milliarden für Fonds für allgemeine Bankrisiken

Alles in allem verdienten die Kreditgenossen im vergangenen Jahr – nach dem Dämpfer von 2022 mit 4,5 Mrd. Euro vor Steuern – mit 10,7 Mrd. Euro auch wesentlich mehr als 2021, als 7,7 Mrd. Euro zusammengekommen waren. Von dem 2023 erzielten Vorsteuerergebnis sollen 4 Mrd. Euro dem Fonds für allgemeine Bankrisiken zugeführt werden.

Kosten nehmen zu

Die gegenüber 2022 nahezu verdreifachte Kreditrisikovorsorge sowie die um 5,5% gestiegenen Kosten trüben etwas das Bild. 1,5 Mrd. Euro Risikovorsorge kam zusammen nach rund 580 Mill. Euro im Jahr zuvor. Der Zuwachs sei Ausdruck der schwachen Konjunkturaussichten, des Zinsanstiegs und zunehmender Insolvenzen, hieß es. Damit war die Vorsorge so hoch wie seit 19 Jahren nicht. 2005 habe sie 1,6 Mrd. Euro betragen. "Das liegt im Rahmen dessen, was wir erwartet hatten, gegeben die konjunkturelle Entwicklung", merkte BVR-Vorstandsmitglied Daniel Quinten an.

Mehr Insolvenzen

BVR-Schätzungen zufolge haben Unternehmensinsolvenzen im vergangenen Jahr um mehr als ein Fünftel auf etwa 17.900 zugenommen. Dieser Trend dürfte sich 2024 fortsetzen, so Quinten. Was Gewerbeimmobilien angeht, so gab er "Entwarnung". In der genossenschaftlichen Finanzgruppe entsprächen die entsprechenden Hypothekarkredite in Höhe von 68,4 Mrd. Euro einem Anteil von 8,8% an den gesamten Krediten.

Zinsaufwendungen vervierfacht

Die Kundeneinlagen gingen minimal auf 860 Mrd. Euro zurück. Dabei kam es zu Umschichtungen von Sichteinlagen (−12%) zu höher verzinslichen Termineinlagen und Sparbriefen, wie Vorstandsmitglied Tanja Müller-Ziegler ausführte. Das hatte eine Vervierfachung der Zinsaufwendungen auf 7,2 Mrd. Euro zur Folge. Zugleich legten die Zinserträge um 41,5% auf 27,8 Mrd. Euro zu. 

Wirtschaftliche Stagnation

Vom laufenden Jahr verspricht sich der BVR angesichts erwarteter wirtschaftlicher Stagnation keine großen Sprünge, zumal obendrein mit weiter wachsenden Personal- und Sachkosten zu rechnen sei. Die genossenschaftlichen Institute verfügen nach Ansicht des BVR aber über eine auskömmliche Kapitalbasis, um nötige Investitionen zu stemmen und sich gegen etwaige Risiken zu wappnen, sagte Müller-Ziegler.   

Kritik an Edis und Bürokratie

Kein gutes Haar ließ BVR-Präsidentin Marija Kolak an Bürokratie und Regulierung. Die erneuten Diskussionen in Brüssel über eine europäische Einlagensicherung (Edis) und Vorstöße von EU-Kommission und Europäischem Parlament zur Überarbeitung der Regeln zur Abwicklung von Banken sowie zur Einlagensicherung (CMDI-Review) kritisierte sie mit deutlichen Worten. "Man kann nicht einerseits die bestehenden Schutzsysteme schwächen, um gleichzeitig zu argumentieren, sie bräuchten zusätzlichen Schutz. Das passt nicht zusammen", erklärte Kolak. 

Der BVR steht wie der Deutsche Sparkassen- und Giroverband entsprechenden Brüsseler Überlegungen traditionell kritisch gegenüber. Die beiden Finanzgruppen verfügen über je eigene institutsbezogene Sicherungssysteme, die in ihrem Bestand gefährdete Mitgliedsinstitute auffangen sollen. Sie fürchten um den Bestand dieser Institutssicherungen, sollte sich Brüssel durchsetzen.

"Krise des Staates"

Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands sieht Kolak angesichts bürokratischer Lasten, zu gemächlich fortschreitender Digitalisierung und Mängeln im Bildungssystem in Gefahr. "Die Politik findet bedauerlicherweise nicht die richtigen Antworten", lautete ihr Befund. Deutschland falle immer weiter zurück. "Ich sehe hier eine Krise des Staates, dem es nicht gelingt, in unserem föderalistischen System die nötige Effizienz staatlichen Handelns sicherzustellen."

30 bis 40 Genossenschaftsbanken pro Jahr „wegreguliert“

Ihr Vorstandskollege Quinten beklagte, dass jedes Jahr 30 bis 40 Genossenschaftsbanken „wegreguliert“ würden. Kleinere Institute könnten die Bürokratie- und Regulierungsdichte personell kaum mehr bewältigen und flüchteten in die Fusion.

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