Deutsche Bank

Zurück in der Deutungshoheit

Die Deutsche Bank weist einen historisch hohen Quartalsgewinn aus. Noch bemerkenswerter ist jedoch, dass es ihr wieder gelingt, die Erwartungen des Marktes zu steuern.

Zurück in der Deutungshoheit

Für eine geglückte Restrukturierung braucht es mehr als betriebswirtschaftliche Fähigkeiten, insbesondere wenn man wie die Deutsche Bank seit der Finanzkrise nicht bloß als Marktführer, sondern auch durch die sich auftürmenden Rechtsrisiken im Rampenlicht steht. Es geht auch darum, ein Narrativ zu schaffen, mit dem sich Kunden, Mitarbeiter und Investoren identifizieren können.

Darüber waren sich offensichtlich auch Konzernchef Christian Sewing und der inzwischen zum Stellvertreter aufgestiegene Finanzvorstand James von Moltke klar, als sie sich 2019 an­schickten, das nicht bloß wirtschaftlich, sondern auch un­ter Imagegesichtspunkten angeschlagene Institut wieder auf die Erfolgsspur zu führen. Man darf nicht vergessen, dass zu diesem Zeitpunkt verschiedene Versuche ihrer Vorgänger, dem Institut einen Kulturwandel zu verordnen, im Sande verlaufen waren.

Die Disziplin, mit denen sie die Großspurigkeit aus den öffentlichen Auftritten der Deutschen Bank tilgten, beginnt sich jetzt auszuzahlen. Während sich die Anzeichen für einen schweren Dämpfer für die globale Konjunktur mehren, den auch die Notenbanken offenbar nicht verhindern können, ist es der Deutschen Bank wiederum gelungen, die Erwartungen des Marktes zu schlagen.

Das ist weder allein dem insbesondere in den USA steigenden Zinsniveau geschuldet, das vor allem der Unternehmensbank Mehreinnahmen beschert hat, noch dem Umstand, dass die vier Kernsparten offenbar sehr konsequent darin sind, ihr Restrukturierungsprogramm umzusetzen. Es hat auch damit zu tun, wie weit – oder eben nicht weit – sich das Top-Management im Vorfeld aus dem Fenster gehängt hat. Statt den Investoren angesichts der steigenden Zinsen zwischen den Zeilen das Blaue vom Himmel zu versprechen, hat sich von Moltke mit einer an Sturheit grenzenden Beharrlichkeit da­rauf be­schränkt, die Prognosen für 2022 zu bekräftigen. Diese Art des vorsichtigen Erwartungsmanagements ist auch bei US-Banken üblich.

Das wirkt nicht nur sympathischer als der Großsprech früherer Jahre, sondern ist auch intelligent. Schließlich sind Investoren auch nur Menschen und werden dementsprechend lieber positiv überrascht als enttäuscht. Die neue Bescheidenheit im Dialog mit den Investoren ist dabei keineswegs nur für den Aktienkurs der Deutschen Bank von Vorteil. Die jüngsten Rating-Heraufstufungen deuten darauf hin, dass dies auch bei den Fremdkapitalgebern gut ankommt.

Und auch mit Blick auf das in der Ära Ackermann schwer ramponierte Ansehen der Deutschen Bank in Politik und Gesellschaft ist es vorteilhaft. Allmählich streift das letzte verbliebene heimische Institut von internationaler Bedeutung das Image des auf kurzfristige Rendite fixierten Glücksritters ab.

Auch ohne dieses Negativimage früherer Jahre muss sich die Deutsche Bank derzeit vielen unangenehmen Fragen stellen. Neben den Fahrt aufnehmenden Ermittlungen der Kölner Staatsanwaltschaft in Sachen Cum-ex steht noch immer der Greenwashing-Vorwurf gegen ihre Fondstochter DWS im Raum. Gerade vor diesem Hintergrund ist es nicht zu unterschätzen, dass das Top-Management kommunikativ und vom Führungsstil endlich im 21. Jahrhundert angekommen ist.

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