Getränkeriese

Coca-Cola – Preismacht auf dem Prüfstand

Analysten glauben fest daran, dass Coca-Cola Kostensteigerungen an die Verbraucher weiterreichen kann. Die Mehrheit der Investmenthäuser hält die Aktie des Getränkeriesen daher für attraktiv.

Coca-Cola – Preismacht auf dem Prüfstand

Von Detlef Fechtner, Frankfurt

Die Branchengrößen auf dem Markt für alkoholfreie Getränke, allen voran der Erfrischungsgetränkekonzern Coca-Cola und der Brauseproduzent Pepsico, haben in den vergangenen Jahren mit einer soliden Performance ihrer Aktien überzeugt. Zudem wird dem Markt auch künftig ein stetiges Wachstum vorausgesagt. Für risikoscheue Anleger sollten die Getränkeriesen daher zu den Titeln der engeren Auswahl zählen – eigentlich.

Doch die Rahmenbedingungen haben sich verändert. Angesichts der aufziehenden Rezession stellt sich die Frage: Haben die Getränkeproduzenten die Preismacht, um die Kosten an die Kunden weiterzureichen? Immerhin müssen die Konzerne deutlich höhere Produktionskosten schultern – während die Kunden wiederum angesichts der nahenden Rezession jeden Euro oder Dollar zwei Mal umdrehen.

Dass es keine ganz triviale Aufgabe ist, Preiserhöhungen durchzusetzen, hat die Auseinandersetzung von Coca-Cola mit der Zentralhandelsgesellschaft Edeka dokumentiert. Im September erhöhte Coca-Cola die Preise deutlich, Edeka wehrte sich dagegen, Coca-Cola stellte zwischenzeitlich die Belieferung ein. Der Streit beschäftigte sogar die Gerichte, bevor es Ende November zu einer Einigung zwischen den Parteien kam.

Starke Marke

Der Getränkeriese aus Atlanta hat in den Machtproben mit dem Einzelhandel den Vorteil, dass den Handelsketten ein Auslisten der Produkte kaum möglich ist, da Coca-Cola noch immer zu den bekanntesten Marken der Welt zählt. Zwar liegt es zehn Jahre zurück, dass Coca-Cola das global wertvollste Label war. Heute liegt die Marke im globalen Ranking auf Platz sieben – hinter Apple, Microsoft, Amazon und Google und sogar hinter Toyota und Samsung. Aber es gibt nach wie vor keine andere Marke aus der Nahrungsmittelbranche, die nur annähernd mithalten kann – weder McDonald’s noch Budweiser oder Nescafé.

Auch deswegen hält es eine große Zahl von Research-Teams für realistisch, dass die Coca-Cola Company über ausreichend Preismacht verfügt, um den Kostenanstieg zu kompensieren. So kommen von Bloomberg befragte Analysten im Konsens zur Einschätzung, dass es Coca- Cola schaffen wird, im neuen Jahr die operative Marge der vorigen zwölf Monate von 28% zu verteidigen, indem der Konzern höhere Produktionskosten und ein verlangsamtes Mengenwachstum durch höhere Verkaufspreise für seine Produkte sowie durch Einsparungen im Zuge von Produktivitätszuwächsen wettmacht.

Beim jüngsten Investorentag Anfang Dezember hat Vorstandschef James Quincey berichtet, dass die Verbraucher zuletzt die Preisaufschläge relativ gut aufgenommen haben und der Mengenabsatz dadurch kaum beeinträchtig worden ist. Coca-Cola liefert nach eigenen Angaben täglich über 225 weltweite Abfüllpartner 1,9 Milliarden Dosen und Flaschen aus. Das Produktportfolio umfasst mehr als 500 Marken. Mehr als 30% seines Geschäfts macht der Konzern heute mit kohlensäurefreien Getränken.

Das Research-Team von J.P. Morgan ist überzeugt, dass Coca-Cola und seine Abfüllpartner „im Vergleich zu früheren Rezessionen besser gerüstet sind“. Die Analysten der US-Großbank trauen dem Getränkeriesen mehr als anderen Unternehmen zu, trotz konjunkturellem Abschwungs solide Ergebnisse zu liefern. Und auch die Deutsche Bank ist zuversichtlich, dass Coca-Cola höhere Produktionskosten vor allem durch robustes Wachstum kompensieren kann. Für 2023 rechnen die Analysten damit, dass der Gewinn pro Aktie noch etwas höher ausfällt als 2022. Für das zu Ende gegangene Jahr prognostiziert die Bank ein Ergebnis pro Aktie von 2,49 Dollar.

Dass die Analysten optimistisch sind, hat damit zu tun, dass Coca-Cola sie bis zuletzt nicht enttäuscht hat. Im Gegenteil: Ende Oktober übertraf der Konzern mit seinen Zahlen zum dritten Quartal 2022 die Erwartungen der Anleger. Der Gewinn stieg im dritten Jahresviertel auf 2,83 Mrd. Dollar, der Umsatz um 10% auf 11,06 Mrd. Dollar. Für das Gesamtjahr 2022 erwartet die Deutsche Bank ein organisches Wachstum von Coca-Cola in der Größenordnung von 15% – trotz des Stopps des Russland-Geschäfts.

Unisono rechnen Analysten mit einer weiterhin stetig steigenden Dividende. Sie lag 2020 bei 1,64 Dollar und 2021 bei 1,68 Dollar. Für das nun zu Ende gegangene Jahr wird mit einer Ausschüttung von 1,73 bis 1,76 Dollar gerechnet. Nächstes Jahr dürfte diese Kennziffer den Einschätzungen von Investmenthäusern zufolge auf einen Wert nahe 1,80 Dollar steigen.

Auf ein potenzielles Risiko weist J.P. Morgan hin, nämlich auf einen möglichen Rückzug des 58 Jahre alten CEO James Quincey. Er gilt bei vielen Investoren als wesentlicher Faktor für die positive Entwicklung des Konzerns. In den sechs Jahren bei Coca-Cola hat Quincey die Beziehung zu den Abfüllern neu gestaltet, das Produktangebot verbreitert und zu­gleich Sparmaßnahmen eingeleitet. „Sollte James kurzfristig von seiner Position als CEO zurücktreten, würde sich dies unserer Meinung nach negativ auf die Aktie auswirken“, schreiben die Analysten von J.P. Morgan, fügen aber zugleich an: „Angesichts der beeindruckenden Erfolgsbilanz von James in den vergangenen fünf Jahren als CEO und der Tatsache, dass er erst 50 Jahre alt ist, halten wir dies kurz- bis mittelfristig für unwahrscheinlich.“

Mehrheit rät zum Kauf

Beim Investorentag behauptete Quincey, Coca-Cola sei in der Lage, neue Produkte viel schneller an den Markt zu bringen als früher – und vor allem auch Produkte, die nicht funktionierten, wieder vom Markt abzuziehen. Vor gut einem Jahr hat Coca-Cola das am Beispiel von Coke Energy vorgeführt. Der Energiedrink, der Red Bull Konkurrenz machen sollte, wurde nach enttäuschender Akzeptanz sehr zügig wieder vom amerikanischen und kanadischen Markt genommen.

Unterm Strich sind die von Bloomberg befragten Analysten für die Coca-Cola Company positiv gestimmt – obwohl die Aktie mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 25 kein Schnäppchen ist. 71,4% der befragten Analysten raten zum Kauf, 28,6% empfehlen, den Titel zu halten. Verkaufsempfehlungen gibt es in der Bloomberg-Datenbank aktuell nicht. Das Kursziel auf 12-Monats-Perspektive liegt bei den Research-Häusern im Schnitt nahe der Marke von 67 Dollar.

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