Anleihen

Geldpolitik setzt den weiteren Kurs der Märkte

Wenn die Fed die Bedenken zerstreuen kann, dass sie eine einseitig auf Inflationsbekämpfung ausgerichtete geldpolitische Linie verfolgt, dürften die Renditen von US-Treasuries und Bunds steigen.

Geldpolitik setzt den weiteren Kurs der Märkte

Die Omikron-Schlagzeilen sorgen zwar weiterhin für Nervosität an den Kapitalmärkten. Mit Blick auf das näher rückende Jahresende sind es aber dennoch EZB und Fed, die den Schlusspunkt hinter ein volatiles Quartal setzen werden. Wir rechnen damit, dass die Notenbanken den Boden bereiten, damit im ersten Quartal positivere Makrodaten und von hohen Niveaus rückläufige Inflationsraten für ein besseres Risikosentiment an den Märkten und für steigende Bondrenditen sorgen.

Denn letztlich treibt die Investoren rund um den Globus aktuell eines um: die Furcht, dass die Notenbanken billigend in Kauf nehmen könnten, dass bei ihren Versuchen, die galoppierende Inflation einzudämmen, die coronagebeutelte Konjunktur Schaden nimmt. An der deutlich verflachten US-Zinsstrukturkurve ist dies bereits gut abzulesen.

Also werden die anstehenden geldpolitischen Signale auch den weiteren Kurs der Aktien- und Rentenmärkte zum Jahresende und darüber hinaus setzen.

Zügigeres Tempo

Dabei ist weitgehend klar, dass Fed-seitig wohl diejenigen Töne überwiegen dürften, die auf ein zügigeres Tapering und baldige Zinsanhebungen hindeuten. Ein Ende der Anleihekäufe spätestens im April und mindestens zwei Zinsschritte 2022 müsste das Kommuniqué des FOMC aber wohl schon beinhalten, damit die Märkte sich in ihrem derzeit eingepreisten Kurs bestätigt sehen dürfen.

Für die EZB ist die Ausgangslage gänzlich anders. Selbst wenn sich die Omikron-Sorgen kaum in den Projektionen der EZB-Volkswirte spiegeln dürften und die Inflationsprognosen aufgrund der zuletzt hohen Preissteigerungsraten für 2021 und 2022 deutlich angehoben werden müssen, erscheint es nur logisch, dass die EZB den Fokus auf die bestehenden Abwärtsrisiken für die Wirtschaft legt. Dass das PEPP-Kaufvolumen vollständig ausgeschöpft wird – und falls notwendig auch über den März hinaus erhöhte Anleihekäufe umgesetzt werden –, ist vermutlich das Mindeste, was die Marktteilnehmer als Guidance erwarten. Eine Anhebung des APP-Volumens zur Vermeidung abrupt reduzierter monatlicher Käufe und weiterhin günstige Finanzierung für Banken mittels langfristiger Tender dürfte ebenfalls niemanden überraschen.

In jedem Fall sollen die Finanzierungsbedingungen in der Eurozone für das Gesamtjahr 2022 günstig bleiben. Während die Fed also den Markterwartungen an eine restriktivere Geldpolitik hinterherspringen kann, und damit auch in ihrem geldpolitischen Arsenal wieder Reserven anlegt, muss die EZB ihr Pulver weiter verschießen, um die Erwartungen zu erfüllen. Damit wird der Grundstein gelegt, dass die Fed 2022 – durch eine im Vergleich zu den Markterwartungen langsamere Straffung der Geldpolitik – die Wirtschaft und die Kapitalmärkte stützen kann. Insbesondere die noch vorhandenen Reserven am US-Arbeitsmarkt sprechen dafür, dass die Fed letztlich weniger Zinsschritte umsetzen wird, als es die Märkte für die kommenden 18 Monate einpreisen. Nach aktuellem Stand sind in der US-Wirtschaft gut vier Millionen Beschäftigte weniger zu verzeichnen als Ende 2019. Auch die im Vergleich zu Ende 2019 gesunkene Beteiligungsrate suggeriert, dass etwa zwei Millionen Menschen bei positiver Arbeitsmarktentwicklung wieder zurück in den Arbeitsmarkt drängen sollten. Das Fed-Ziel der Vollbeschäftigung ist also noch einige Quartale entfernt. Mit rückläufigen Inflationsraten wird dieses geldpolitische Ziel im ersten Quartal für die Fed aber peu à peu an Relevanz gewinnen.

Hohe Messlatte

Auf der anderen Seite verdeutlicht der stark ausgeweitete Bund-Swap-Spread, dass neben den Wachstumssorgen auch die bislang erfolgte und die noch erwartete geldpolitische Verknappung von Bunds sowie saisonal fallende Marktliquidität eine hohe Messlatte legen, die die EZB mit ihren Maßnahmen wird überspringen müssen. Auch wenn wir kurzfristig keine gravierende Richtungsänderung am Rentenmarkt – insbesondere bei Bunds – erwarten, spricht einiges dafür, dass diese extremen Bewertungsniveaus nach dem Jahreswechsel nicht bestehen bleiben sollten. Die Renditen zehnjähriger Bundesanleihen dürften sich vielmehr wieder der Marke von −0,1% nähern, bevor im weiteren Jahresverlauf sogar die Nullmarke fallen könnte.

Trotz aller Maßnahmen: Die Anleihekäufe der EZB werden 2022 sinken und damit weniger verzerrend wirken als noch 2021. Glücklicherweise rechnen wir mit makroökonomischem Rückenwind aus den USA und China, so dass die Unterstützung auch nicht benötigt wird.

Die derzeit extremen Wachstumsrisiken werden sich aber – omikronbedingt – nur langsam auflösen. Dennoch gilt: Indikatoren wie der von der Citibank berechnete Macro Risk Index bewegten sich zuletzt auf Niveaus, wie sie im Frühjahr letzten Jahres zu verzeichnen waren. Auch der CNN Fear & Greed Index ist in den Bereich extremer Angst gefallen. Beides spricht dafür, dass die Marktteilnehmer derzeit zu negativ gestimmt sind und in den kommenden Wochen sich das Risikosentiment wieder aufhellen dürfte. Auch seitens der „traditionellen“ Marktteilnehmer dürfte der Bedarf an sicheren Häfen wie Bundesanleihen also fallen. Und das in einem Umfeld, in dem die französisch-italienische Achse für eine weiterhin stützende fiskalische Ausrichtung der Haushaltsregeln in der Eurozone wirbt – einem Anliegen, dem sich die neue Bundesregierung wohl kaum verschließen wird. Das wichtigste Argument für steigende Renditen bei Bunds liegt aber in den USA. Wenn die Fed – wie von uns erwartet – die Bedenken zerstreuen kann, dass sie eine einseitig auf Inflationsbekämpfung ausgerichtete geldpolitische Linie verfolgt, dann dürften auch die Renditen von länger laufenden US-Treasuries wieder ansteigen und Bunds im Schlepptau mit sich ziehen.

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