Kryptowährungen

Gemengelage für Ethereum bleibt fragil

Trotz der bereits heftigen Einbußen im Vergleich zum Rekordhoch dominieren bei der Kryptowährung Ethereum weiterhin die Abwärtsrisiken.

Gemengelage für Ethereum bleibt fragil

Von Timo Emden*)

Ein toxischer Cocktail aus geldpolitischen Risiken, dem Kollaps eines Stablecoins und weiteren Kryptodienstleistern in Schwierigkeiten hat Anlegern das Leben in der ersten Jahreshälfte schwergemacht. Auf Sicht der vergangenen sechs Monate büßten die nach Marktgröße bedeutendsten und gleichzeitig bekanntesten Kryptoassets Bitcoin (BTC) und Ether (ETH) über 42% ihres Wertes ein. Von ihren jeweiligen Rekordhochs vom November 2021 bei 69000 beziehungsweise 4800 US-Dollar haben sich beide Kryptoanlagen um über 70% entfernt.

Furcht vor Zinserhöhungen

Die Furcht vor raschen Zinsschritten durch die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) im Kampf gegen die grassierende Inflation ist als zentraler Belastungsfaktor für Kryptoassets hervorzuheben. Die gesamte Bewertung aller Krypto­anlagen beläuft sich mittlerweile auf unter 1 Bill. US-Dollar. Vor rund acht Monaten war der Ge­samtmarkt noch dreimal so hoch bewertet.

Insbesondere riskante Anlageklassen haben unter der Aussicht auf global steigende Kapitalmarktzinsen zu leiden. Anleger steuern vor diesem Hintergrund tendenziell zinstragende Anlagen wie etwa US-Staatspapiere­ an oder tauschen ihre Investments in Barreserven.

Branche in der Bredouille

Die rückläufigen Preisniveaus brachten zudem eine ganze Branche in die Bredouille. Im Mai sorgte ein sogenannter Stablecoin namens TerraUSD, welcher seine Bindung an den US-Dollar verlor, für Aufsehen. Der Kryptodienstleister Celsius Network hatte vor über einem Monat den Handel ausgesetzt und dabei auf die allgemeinen Marktturbulenzen verwiesen. Mittlerweile hat das Unternehmen Insolvenz angemeldet. Auch weitere Konkurrenten sind angesichts der anhaltenden Marktstimmung in finanzielle Schwierigkeiten geraten.

Kurzfristig im Seitwärtskanal

Widmet man sich dem Währungspaar ETH/USD aus einem charttechnischen Blickwinkel, fällt vor allem die Seitwärtsbewegung zwischen Mitte Juni und Mitte Juli auf. Bis auf einen Dip am 18. Juni rangiert der Kurs primär zwischen 1000 und 1700 Dollar. Der Ausreißer gen Süden repräsentiert zugleich den tiefsten Stand seit Januar 2021.

Eine nachhaltige Erholungstendenz ist jedoch bis heute nicht auszumachen. Die Oszillatoren Mo­mentum und RSI orientierten sich zuletzt zwar gen Norden, finden sich derzeit aber nahe ihrer Mittellinie wieder. Eine präferierte Richtung seitens dieser sogenannten relativen Indikatoren wird also nicht vorgegeben. Dies ist angesichts der mittlerweile seit November 2021 andauernden Abwärtsbewegung auch nicht weiter überraschend.

Umso mehr richtet sich der Fokus auf die obere technische Widerstandszone beziehungsweise Support-Region bei 1700 Dollar respektive 1000 Dollar. Erst bei einem nachhaltigen Bruch der betreffenden Unterstützungs- respektive Widerstandszonen erschließen sich aus charttechnischer Perspektive neue Handelsopportunitäten. Sollte Ether dagegen das Resistance-Level bei 1700 US-Dollar zurückerobern, läge das Kursziel zunächst bei 2000 Dollar. Auf der Unterseite wäre in der Folge eines Bruchs der psychologischen 1000-Dollar-Marke zunächst Abwärtspotenzial bis zum erwähnten 18-Monats-Tief denkbar. Bis auf weiteres scheint es für das nach Marktgröße zweitwichtigste Kryptoasset jedoch kein Entkommen aus dem Seitwärtskanal zu geben.

Abwärtsrisiken überwiegen

Die für langfristig orientierte Anleger bedeutende 200-Tage-Linie ist weiterhin aus den Augen und damit aus dem Sinn. Fast 1000 Dollar-Einheiten fehlen dem Kurs zum aktuellen Zeitpunkt, um besagte Trendlinie zurückerobern zu können. Die Börsenampeln stehen zu­mindest aus weitem Blickwinkel damit weiterhin auf Rot, auch wenn kurzfristig immer wieder Aufwärtsbewegungen denkbar sind. Seit Anfang des Jahres befindet sich der Kurs unterhalb der Linie, mit Ausnahme einer kurzfristigen Rückeroberung im April, welche sich jedoch als klassischer Fehlausbruch entpuppte.

Festzuhalten bleibt, dass Kryptoanleger für eine Trendwende aus fundamentaler nebst technischer Sicht weiterhin viel Geduld mitbringen müssen. Der Verlauf der zukünftigen US-Geldpolitik und die damit verbundenen Rezessionssorgen dürften über Wohl und Wehe von Bitcoin, Ether und Co in den kommenden Monaten entscheiden. Dazu gesellt sich eine eingetrübte charttechnische Konstellation, welche das Zünglein an der Waage für einen weiteren Kurseinbruch darstellen könnte. Fallen psychologische Kursmarken wie etwa die von 1000 Dollar, kann das Abwärtsmomentum in diesem Kontext schnell forciert werden. Auf der Gegenseite könnte die Rückeroberung der 2000-Dollar-Marke auch Schnäppchenjäger auf den Plan rufen, im hochvolatilen Kryptomarkt Fuß zu fassen.

Upgrade als Hoffnungswert

Als Hoffnungsschimmer wird insbesondere die Aussicht auf ein technisches Upgrade der zugrundeliegenden Ethereum-Blockchain verstanden, welche das Netzwerk skalierbarer, sicherer und nachhaltiger gestalten soll.

*) Timo Emden ist Gründer und Marktanalyst von Emden Research.